Dipl.-Betriebsw. Thorsten Hesse, Dipl.-Finanzwirt Thomas Rennar
Gehaltsgespräche mit Mitarbeitenden sind für viele Kanzleiinhaber eine zweischneidige Angelegenheit: Einerseits sollen durch attraktive Gehälter die Leistungen der Mitarbeitenden angemessen vergütet werden, andererseits müssen die Gehälter zur wirtschaftlichen Situation der Kanzlei passen. Mit der richtigen Vorgehensweise gelingt es in den meisten Fällen, Gehaltsgespräche so zu führen, dass Kanzleiinhaber und Mitarbeitende mit dem Ergebnis gleichermaßen zufrieden sind.
Angemessene Gehälter festlegen
Die wichtigsten Einflussfaktoren auf das Gehalt von Mitarbeitenden sind in den meisten Fällen
- die Ausbildung,
- die Berufserfahrung sowie
- individuelle Zusatzqualifikationen und Spezialkenntnisse.
Prüfen Sie zunächst die Höhe der regional üblichen Gehälter, indem Sie Job- und Gehaltsbörsen und Stellenanzeigen im Internet und in Fachzeitschriften auswerten. Geben Sie im Internet als Suchbegriff z. B. "Gehalt Steuerfachwirt" und das dazugehörige Bundesland oder den Standort der Kanzlei ein, um einen Eindruck davon zu erhalten, was regional "üblich" ist. Vielleicht gibt es auch eine aktuelle Gehaltsumfrage des regionalen Steuerberaterverbands, an der Sie sich orientieren können.
Wenn Sie in Ihrer Kanzlei für eine gerechte und transparente Gehaltsstruktur sorgen möchten, können Sie eine individuelle "Gehaltstabelle" erstellen, aus der das Gehalt je nach Ausbildung und Berufserfahrung ersichtlich ist. Zusätzlich können Sie individuelle Zuschläge vorsehen, z. B. für bestimmte Spezialkenntnisse, für jedes Jahr der Kanzleizugehörigkeit oder für die Übernahme bestimmter organisatorischer Aufgaben.
Bei Bedarf können Sie für diese Zuschläge einen Höchstbetrag festlegen, um die Zuschläge betragsmäßig zu begrenzen. Jeder Mitarbeitende weiß dann genau, nach welchen Kriterien das Gehalt festgelegt wird. In diesem Fall werden Mitarbeitende nur dann eine Gehaltserhöhung verlangen, wenn die Erhöhung anhand dieser Kriterien sachlich begründet ist.
Gehaltsgespräche führen
Gehaltsgespräche ergeben sich entweder bei der Einstellung neuer Mitarbeitender, im jährlichen Beurteilungsgespräch oder auf individuellen Wunsch. Überlegen Sie bereits vor dem Gespräch, welches Gehalt Sie höchstens zu zahlen bereit sind. Wenn Sie eine individuelle "Gehaltstabelle" für Ihre Kanzlei erstellt haben, ist das Gehalt anhand der Tabelle meist schnell festgelegt und nur in Sonderfällen noch individuell verhandelbar.
Aber auch ohne eine "Gehaltstabelle" sollte die Höhe des Gehalts stets qualifikations- und leistungsbezogen sein. Gestiegene private Kosten des Mitarbeitenden (Lebensunterhalt, Kinder, Urlaub, Auto) sind sicherlich kein geeignetes Argument für ein höheres Gehalt, denn als Kanzleiinhaber wollen Sie nicht den privaten Lebensstil des Mitarbeitenden bezahlen, sondern ausschließlich den Wert der Arbeitsleistung. Umgekehrt sind aus Sicht des Mitarbeitenden hohe Investitionen, rückläufige Umsätze oder gestiegene Kosten der Kanzlei meist keine überzeugenden Gründe für ein niedriges Gehalt.
Wenn Sie eine angestrebte Gehaltserhöhung ablehnen, müssen Sie damit rechnen, dass der enttäuschte Mitarbeitende zukünftig "Dienst nach Vorschrift" macht oder sogar kündigt. Bei einer Kündigung kostet die Suche nach einem neuen Mitarbeitenden Zeit und Arbeit. Eine "innere Kündigung" des Mitarbeitenden ist oft noch problematischer, weil der Mitarbeitende sich weniger engagiert, seine Arbeitsleistung auf ein Minimum reduziert oder durch unfreundliches Verhalten sogar Mandanten verärgert.
Besprechen Sie daher mit dem Mitarbeitenden, unter welchen Voraussetzungen zukünftig eine Gehaltssteigerung möglich ist, z. B. durch Übernahme zusätzlicher Aufgaben oder durch Fortbildungsmaßnahmen, die die Übernahme anspruchsvollerer Aufgaben ermöglichen. Anschließend können Sie ein erneutes Gehaltsgespräch in der Zukunft anbieten, in dem anhand der genannten Kriterien erneut über das Gehalt gesprochen wird. Auf Erpressungsversuche nach dem Motto "Wenn ich nicht mehr Gehalt bekommen sollte, dann gehe ich!" sollten Sie keinesfalls eingehen.
Bei Bewerbern mit hohen Gehaltsvorstellungen können Sie anbieten, ein zunächst niedrigeres Anfangsgehalt nach der Einarbeitungs- oder Probezeit anhand der erbrachten Arbeitsleistung zu überprüfen und bei guter Leistung anzupassen.
Weisen Sie bei Bedarf anhand Ihrer Recherchen darauf hin, was Mitarbeitende üblicherweise in der Region verdienen. Deutlich überhöhte Gehaltsforderungen zeigen allerdings, dass der Bewerber entweder über die Höhe der branchenüblichen Gehälter nicht informiert ist oder seinen "Marktwert" massiv überschätzt. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob dieser Bewerber ein geeigneter Mitarbeitender für Ihre Kanzlei ist.
Bedeutung des Betriebsklimas
Neben dem Gehalt gibt es meist zahlreiche Faktoren, die für die Zufriedenheit von Mitarbeitenden wichtig sind. Ein angenehmes Arbeitsklima, ein gutes zwischenmenschliches Verhältnis zu Kollegen und Chefs, kollegiale Umgangsformen, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, eine angemessene Arbeitsbelastung o...