Prof. Dr. Helmut Weingärtner
Beschwerde der Nachbarn
Der Landkreis Bernkastel-Wittlich hatte einer Mieterin untersagt, im Untergeschoss des Wohnhauses Räumlichkeiten für Yogaunterricht zu nutzen. Die Untersagung erfolgte, weil die Nachbarschaft sich darüber beschwerte, dass der Kraftfahrzeugverkehr und das Parkverhalten durch die Kursteilnehmer nachhaltig beeinträchtigt würden.
Die Behörde begründete das Untersagungsverbot im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Tätigkeit als Yogalehrerin nicht um eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne der einschlägigen rechtlichen Bestimmung (§ 13 BauNVO) handle, sondern um eine gewerbliche Tätigkeit, die der Vorschrift nicht unterfalle und die deshalb in einem reinen Wohngebiet nicht zulässig sei.
Ausübung eines freien Berufs
Das sah das Verwaltungsgericht Trier anders. Der Begriff der freiberuflichen Tätigkeit bedürfe der Auslegung. Hierzu könne die Vorschrift des § 18 EStG herangezogen werden, die unter anderem die selbstständig ausgeübte unterrichtende Tätigkeit als Beispielsfall anführe. Zudem müsse über das für freie Berufe typischermaßen erforderliche Mindestmaß an individueller Qualifikation vorhanden sein. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Die Yogalehrerin übe eine unterrichtende Tätigkeit aus; sie habe die Yoga Vidya Lehrerausbildung absolviert und sei berechtigt, den Titel Yogalehrerin (BYV) zu führen.
Grenzen einer wohnartigen Betätigung sind nicht überschritten
Zudem überschreite die Unterrichtssituation von ihrem Umfang her nicht die Grenzen einer wohnartigen Betätigung. Beschwerden Dritter seien insoweit auch nicht erfolgt. Diese bezögen sich vielmehr auf den von den Kursteilnehmern verursachten Verkehrslärm, deren Parkverhalten und deren Gesprächslautstärke auf der Straße. Das sei jedoch hinzunehmen. Etwas anderes gelte nur, wenn die Störungen ein Maß erreichten, wodurch die Zumutbarkeitsschwelle überschritten würde. Hierfür seien jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte vorhanden. Insoweit bedürfe es weiterer Sachverhaltsaufklärung. In Anbetracht der gravierenden beruflichen und finanziellen Auswirkungen der Nutzungsuntersagung überwiege das Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung der Verfügung.
(VG Trier, Beschluss v. 17.9.2015, 5 L 2377/15.TR)