Die schon etwas länger zurückliegende Entscheidung des Amtsgerichts Kiel wurde im Rahmen eines Verfahrensmarathons geführt, bei dem die Verfahrensbeiständin die betroffenen drei Kinder über drei Jahren vertrat und in dem der Anwalt eines Elternteils mit schwerem Geschütz gegen die Verfahrensbeiständin vorging. Der Anwalt und die Verfahrensbeiständin waren sich schon in einem anderen familiengerichtlichen Verfahren begegnet, in dem der Anwalt ebenso – damals erfolglos – versuchte zu veranlassen, dass die Verfahrensbeiständin entpflichtet wird. Schon in diesem Verfahren bezeichnete er sie als Hobbypsychologin, deren Tatsachenbehauptungen "der Fantasie entsprungen" seien und erfinde Tatsachen. Sie sei gegenüber dem vertretenen Kind manipulativ und verhalte sich nicht neutral, vertrete ausschließlich die Interessen eines Elternteils. Sie habe lediglich das erste Staatsexamen (was nicht zutrifft, sie ist Volljuristin und außerdem Sozialpädagogin). Diese Behauptungen wurden in diesem Verfahren in der zweiten Instanz vom Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Dies hinderte den Anwalt nicht, im vorliegenden Verfahren gegenüber der in mehreren Schriftsätzen inhaltlich genau die gleichen Behauptungen über die Verfahrensbeiständin zu erheben. Sie wirke kollusiv mit einem Elternteil auf die Kinder ein und lasse sich vor dessen "Karren spannen". Die Vorwürfe gipfelten in der Aussage, die Verfahrensbeiständin leiste durch ihre Vertretung der Kinder "Beihilfe zur Kindesentziehung, die jedenfalls im Fall von K. bereits vollendet ist".
Das Familiengericht sah keine Veranlassung, diese tatsächlich haltlosen Vorwürfe gegenüber dem Verfahrensbeteiligten zurückzuweisen. Die Verfahrensbeiständin sah sich so veranlasst, gegen den Anwalt Strafanzeige u.a. wegen falscher Verdächtigung nach § 164 Abs. 1 StGB zu stellen und in einer Beschwerde gegenüber der Anwaltskammer Beschwerde gegen den Anwalt wegen der Verletzung des "Sachlichkeitsgebots" nach § 43a Abs. 3 S. 1 BRAO zu erheben. Nach dem Offizialdelikt des § 164 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer einen anderen bei einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger wider besseres Wissen der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, eine behördliche Maßnahme gegen ihn herbeizuführen“. Genau dies erfolgte durch den Anwalt, indem er versuchte, die Entbindung der Verfahrensbeiständin mit falschen Behauptungen zu erreichen. Besonders gravierend war dabei die Verdächtigung wegen einer Beihilfe zu einer vollendeten Kindesentziehung. Diesen Vorwurf kann man jedem Verfahrensbeistand machen, der im Rahmen seiner Aufgabe im Interesse des Kindes dafür plädieren muss, dass einem Elternteil entweder das Sorgerecht oder der Umgang entzogen wird.
Die Entscheidung des AG Kiel hat letztlich eine rechtliche Entmündigung von Verfahrensbeiständen zur Folge. In familiengerichtlichen Verfahren ist es nicht unüblich, mit harten Bandagen um die Kinder zu kämpfen. Es geht dabei den Kindeseltern oft nicht um das Kindeswohl, sondern um eigene Interessen, oft darum, durch eine Trennung verursachte seelische Verletzungen zu vergelten. Kinder werden in solchen Verfahren gegen den anderen Partner oft instrumentalisiert und in gewaltige Loyalitätskonflikte zwischen den Kindeseltern getrieben. Es ist dabei Aufgabe des Verfahrensbeistands, den Kindern in diesen Konflikten beizustehen, was natürlich zu einer Gegenwehr eines Elternteils führen kann. Der Verfahrensbeistand muss solche Konflikte ertragen, er muss sie aber nicht unkommentiert hinnehmen. Es ist insofern vorrangig die Pflicht des Familiengerichts, auf die Verfahrensbeteiligten mäßigend einzuwirken. Die Konflikte zwischen den Verfahrensbeteiligten eines familiengerichtlichen Verfahrens können so weit eskalieren, dass die Kommunikationsfähigkeit eines Elternteils mit dem Verfahrensbeistand beeinträchtigt ist. Diese Kommunikationsstörung wurde im konkreten Fall aber gar nicht vom AG festgestellt, diese wurde unterstellt, weil die Verfahrensbeiständin gegen den Anwalt Strafanzeige erstattet hatte. Diese Unterstellung ist wenig plausibel: Organe der Rechtspflege – um solche handelt es sich bei einem Anwalt und einem Verfahrensbeistand – sollten zur vernünftigen Kommunikation in der Lage sein, selbst wenn sie sich gegenseitig eines strafbaren Handelns bezichtigen. Dies muss selbst den "erweiterten Aufgabenbereich" eines Verfahrensbeistands nicht beeinträchtigen; vielmehr kann es dazu beitragen, dass das unsachliche Organ der Rechtspflege zu einer sachlichen Kommunikation zurückkehrt. Selbstverständlich sollte ein Verfahrensbeistand nicht leichtfertig gegen andere Prozessbeteiligte Strafanzeige stellen; sie muss wohl bedacht – auch im Hinblick auf das laufende Verfahren und unter Voranstellung der Interessen des Kindes – sein. Es kann sich aber um ein "letztes Mittel" handeln, um Prozessbeteiligte auf den Boden einer sachlicheren Auseinandersetzung zu bringen, aber auch, um die persönliche Reputation eines Verfahrensbeistands zu verteidig...