Die vorstehend für einen Alleinstehenden entwickelten Überlegungen gelten in gleicher Weise für die vorrangig unterhaltsberechtigten Angehörigen. Auch sie brauchen keine Abstriche ihres gewohnten, Lebensbedarfs hinzunehmen, wie er durch das Familieneinkommen geprägt wird. Dies ist im Grunde unproblematisch bei einem Ehepaar oder einer Familie mit nur einem Einkommensbezieher. Maßstab ist das für den laufenden Lebensbedarf verbrauchte Einkommen. Die aus dem Zusammenleben in einem Paarhaushalt folgenden Einsparungen vergrößern das für andere Konsumausgaben verfügbare Einkommen und ermöglichen damit höhere Ausgaben für den laufenden Lebensunterhalt oder eine höhere Kapitalbildung. Auch beim Zusammenleben mit Kindern ergeben sich keine Unterschiede. Das verfügbare Haushaltseinkommen und seine Verwendung schließt den Unterhalt für alle Familienangehörigen ein, ohne dass es auf eine Differenzierung nach der individuellen Zuordnung oder eine "Haushaltsersparnis" ankäme. Es wäre nur zu fragen, ob vom frei verfügbaren Einkommen ein größerer Anteil verbleiben sollte, um eine Gefährdung der erreichten Lebensstellung sicher zu vermeiden. Insoweit ist ein Blick auf die ähnlichen Regeln beim BAföG aufschlussreich, das für jedes unterhaltsberechtigte Kind einen um 5 % erhöhten Freibetrag vorsieht (§ 25 Abs. 4 BAföG).
Schwieriger wird es erst, wenn mehrere Haushaltsangehörige über ein eigenes Einkommen verfügen. Denn die Unterhaltspflicht ist individuell zu beurteilen, was nicht ohne eine Aufteilung der Einkommen und der individuellen Verpflichtungen möglich ist. Nach Auffassung des BGH begegnet es keinen Bedenken, den Unterhaltsbedarf nach den Sätzen zu veranschlagen, wie sie für den Unterhalt getrenntlebender Familien entwickelt worden sind. Dies mag ein einfach handhabbares Hilfsmittel sein, unbedenklich ist es nicht. Denn diese Rechtsprechung ist auf einen angemessenen Einkommensausgleich zwischen verschiedenen Haushalten angelegt. Der Ausgleich individueller Interessen innerhalb eines intakten Familienverbandes lässt sich damit nicht vergleichen. Für diesen gibt es keine verallgemeinerungsfähigen Erfahrungswerte. Dies gilt insbesondere für den Kindesunterhalt, bei dem die Tabellensätze allenfalls eine Untergrenze bilden können. Als Beleg mögen die bei besseren Einkommensverhältnissen verfolgten Ansprüche auf einen Mehrbedarf für Kinderbetreuung, Schulgeld, den Reit- und Musikunterricht oder Auslandaufenthalte dienen.
Eine besondere Betrachtung bedarf das Kindergeld. Dieses gehört zum Einkommen des bezugsberechtigten Elternteils und geht nach allen üblichen Berechnungen im Haushaltseinkommen auf. Es gibt keine Gründe für eine beim Elternunterhalt abweichende Bewertung, zumal Einkommensverhältnisse zu beurteilen sind, bei denen das Kindergeld ausschließlich als Steuererstattung gezahlt wird. Das § 1612b BGB zugrunde liegende Konzept einer Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsbedarf bezweckt einen Ausgleich zwischen getrenntlebenden Eltern. Eine solche Differenzierung passt nicht zu einem intakten Familienverband mit einer einvernehmlich an die individuellen Ressourcen der Eltern angepassten Haushaltsführung und einer am Familienbedarf ausgerichteten Verwendung des Gesamteinkommens. Wenn der BGH gleichwohl die Leistungsfähigkeit nach einem um das halbe Kindergeld verminderten Tabellensatz beurteilt, weil ein an Stelle des Barunterhalts tretender Naturalunterhalt geleistet werde, legt er im Ergebnis einen um das halbe Kindergeld erhöhten Tabellenbedarf zugrunde, versagt diesen aber den volljährigen Kindern.
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