Nach § 50d Abs. 2 EStG kann der Schuldner der Vergütungen den Steuerabzug vom Kapitalertrag nach Maßgabe von § 43b EStG oder den Bestimmungen eines DBA unterlassen oder nach einem niedrigeren Steuersatz vornehmen, wenn das BZSt dem Vergütungsgläubiger bescheinigt, dass die Voraussetzungen für die Unterlassung eines Steuerabzugs vorliegen (sog. Freistellung im Steuerabzugsverfahren). Im Rahmen des Freistellungsverfahrens überprüft das BZSt ebenfalls, ob eine Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG gegeben ist.
Sofern nach den Bestimmungen eines DBA ein niedrigerer Steuersatz (bspw. 5 %) angewendet wird, ist der Solidaritätszuschlag nicht zusätzlich zu erheben (§ 5 SolZG).
Der Freistellungsantrag ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in Papierform bei dem zuständigen BZSt einzureichen. Eine Freistellungsbescheinigung kann nur einer im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft erteilt werden, die zu mindestens 10 % unmittelbar an einer unbeschränkt steuerpflichtigen ausschüttenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist (§ 50d Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 EStG). Die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung an eine natürliche Person ist nicht möglich.
Wichtig
Natürliche Personen können keine Entlastung von deutscher Kapitalertragsteuer im Wege des Freistellungsverfahrens beantragen. Ihnen steht lediglich das Erstattungsverfahren zur Verfügung.
Das Antragsformular (deutsche, englische sowie französische Sprachfassung) ist auf der Homepage des BZSt unter der Rubrik "Steuern International – Kapitalertragsteuerentlastung – Formulare" zu finden. Für Anträge auf (Teil-)Freistellung von deutscher Abzugsteuer auf Kapitalerträge nach dem deutsch-schweizerischen DBA sowie dem DBA mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland sind länderspezifische Formulare vorhanden.
Antragsteller i. R. d. Freistellungsverfahrens ist grundsätzlich der Vergütungsgläubiger. Der Antrag kann auch von einem Dritten (insbes. vom Vergütungsschuldner) gestellt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vergütungsgläubiger schriftlich eine entsprechende Vollmacht ausstellt und diese dem BZSt im Original vorgelegt wird.
Nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck sind insbes. Angaben zum Gläubiger sowie zum Schuldner der Kapitalerträge zu machen. Das Antragsformular ist vor diesem Hintergrund vom Antragsteller bzw. seinem Bevollmächtigten eigenhändig zu unterschreiben.
Abschließend muss auf dem einzureichenden Antragsformular in "Abschnitt VI" von der zuständigen ausländischen Steuerbehörde der steuerliche (Wohn-)Sitz (d. h. die Ansässigkeit) des Vergütungsgläubigers bestätigt werden. Bestätigungen auf einem gesonderten Blatt werden regelmäßig nicht anerkannt.
Ist der Gläubiger der Vergütung in den USA ansässig, erfolgt der Nachweis der Ansässigkeit durch eine gesonderte Bescheinigung (Form 6166) der amerikanischen Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS).
Erfahrungsgemäß weigern sich vereinzelt ausländische Behörden, die Antragsformulare der deutschen Finanzverwaltung – wie vorgesehen – zu unterzeichnen und zu stempeln. In Fällen, in denen der Antragsteller glaubhaft macht, dass die zuständige Steuerbehörde des anderen Staates eine Bestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gem. § 50d Abs. 4 Satz 1 EStG) verweigert, ist eine schriftliche Bestätigung der zuständigen Steuerbehörde des anderen Staates als ordnungsgemäß anzuerkennen, sofern sie die Angaben enthält, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck im Hinblick auf § 50d Abs. 4 Satz 1 EStG gefordert werden. Weiterhin ist die Bestätigung in elektronischer Form anzuerkennen, wenn der Antragsteller zusätzlich glaubhaft macht, dass die zuständige Steuerbehörde des anderen Staates derartige Bestätigungen üblicherweise nur in dieser Form erteilt (BMF vom 17.10.2017, BStBl I 2017, 1644).
Praxishinweis
Ansässigkeitsbescheinigung ausländischer Finanzbehörden
Wird dem Antrag auf Erlass einer Freistellungsbescheinigung eine separate Ansässigkeitsbescheinigung der ausländischen Finanzbehörde beigefügt, sollte erläutert werden, dass sämtliche von der Finanzverwaltung geforderten Angaben auch der separaten Ansässigkeitsbescheinigung entnommen werden können. Bei Bedarf ist eine Übersetzung der Ansässigkeitsbescheinigung beizufügen.
Dem Antrag auf Freistellung von deutscher Kapitalertragsteuer ist ein Nachweis über die Höhe und Dauer der unmittelbaren Beteiligung am Nennkapital der Tochtergesellschaft (z. B. in Form einer Gesellschafterliste, notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag über Geschäftsanteile oder Gesellschaftsvertrag) beizufügen.
Der Antrag auf Erlass einer Freistellungsbescheinigung ist an keine Frist gebunden. Da ein Steuerabzug vom Kapitalertrag jedoch ungeachtet eventuell anzuwendender abkommensrechtlicher Begünstigungen in voller Höhe zu erfolgen hat, sofern im Zeitpunkt der Gewinnausschüttung keine vom BZSt erteilte und für diesen Zeitpunkt gültige Freistellungsbescheinigung vorliegt, kann der Antrag nur dann die gewünschte Wirkung entfalten, wenn er rechtzeitig vor der (geplan...