Zusammenfassung
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Informationstechnologie einer der Hauptantreiber für Veränderungen ist, sei es in der Gesellschaft oder Wirtschaft. Welche Veränderungen jedoch genau auf uns zukommen, ist schwer vorherzusagen. Dies hängt vor allem davon ab, welche innovativen Technologien hinzukommen, neue Nachfragen schaffen bzw. bestehenden Nachfragen begegnen. Dies wiederum führt zu großer Unsicherheit bei allen Akteuren, die auf dem Markt um die Gunst der Kunden kämpfen.
In dem vorliegenden Artikel geht es darum, wie Unternehmen, aber auch öffentliche Verwaltungen in diesen ungewissen und dynamischen Zeiten die Risiken und Chancen, die die neuen Informationstechnologien mitbringen, systematisch bewerten, eine Digitalisierungsstrategie erarbeiten (Teil 1) und umsetzen (Teil 2) können. Denn obwohl digitale Transformation zu einem dominanten und allgegenwärtigen Thema in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geworden ist, gibt es bislang kaum bewährte praxisrelevante Konzepte, wie die digitale Transformation in Organisationen gestaltet und umgesetzt werden kann.
So geht auch das hier vorgestellte Konzept auf die Beobachtung in der Praxis zurück, dass viele Organisationen vor der Herausforderung der Digitalisierung stehen, diese aber kaum systematisch angehen. Es wurde in Anlehnung an die Grundgedanken des "Benefit Management" von Ward und Daniel entwickelt, wo IT-Investitionen im Hinblick auf ihren Nutzen bewertet werden. Zudem baut das hier entwickelte Vorgehen zur Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie auf der Grundannahme auf, dass die meisten Organisationen bereits Investitionen bzw. Projekte für Digitalisierung getätigt haben oder es planen. Daher wird zunächst exemplarisch aufgezeigt, wie operative Digitalisierungsaktivitäten zusammengefasst und strategische Digitalisierungsziele definiert werden können. Anschließend werden die definierten strategischen Digitalisierungsziele mit der Organisationsstrategie verknüpft und bewertet.
1 Digitalisierung als Herausforderung für Organisationen
Die gegenwärtige Situation in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen ist eher durch Aktionismus als durch ein systematisches Vorgehen zur Digitalisierung gekennzeichnet. Viele Unternehmen und öffentliche Einrichtungen antworten auf die Frage, wie sie denn auf die Herausforderung der Digitalisierung reagieren bzw. was sie investieren, sehr unterschiedlich. Hier sind Organisationen anzutreffen, die eine neue Stelle, nämlich die des Chief Digital Officer (CDO), geschaffen haben. Andere arbeiten daran, ihre Geschäftsprozesse (insbesondere die Kundenerlebniskette), Produkte oder Services mit innovativen Informationstechnologien zu optimieren. Andere wiederum suchen aktiv nach Kooperationspartnern oder kaufen "this new capability through acquisitions of small start-ups" oder konzentrieren sich auf die Nutzung von (Kunden-)Daten, um neue bzw. zusätzliche Kundenbedürfnisse zu erkennen.
Beispielsweise statten Groß- oder Mischkonzerne wie General Electric ihre Produkte mit Sensoren aus, damit der Datenfluss und die Kommunikation zwischen z. B. Maschinen gewährleistet sind usw. Das zeigt, dass viele Organisationen bereits aktiv sind und Handlungsfelder bzw. Digitalisierungsmaßnahmen abgeleitet haben und diese umsetzen.
Diese Maßnahmen gehen meist auf die Initiative der IT-Abteilung zurück oder auf Ideen von Geschäftsbereichsleitern (IT vs. Business). Dabei ist aber zu beobachten, dass die Diskussionen von der Technologie getrieben werden, was angesichts der Fülle von neuen Informationstechnologien und der sich daraus ergebenden konkreten Lösungen für bestehende Strukturen, Abläufe oder neue Geschäftsideen nachvollziehbar ist.
In diesem Zusammenhang dominieren folgende Technologien die Diskussion: Nanotechnologie, Big Data, Cloud Computing, Blockchain, Wearables, Internet of Things, Sensorentechnologie, Virtual Reality, künstliche Intelligenz oder Social Media. Es ist davon auszugehen, dass in absehbarer Zukunft weitere innovative Informationstechnologien hinzukommen, die neue Möglichkeiten, aber auch Risiken für Organisationen mit sich bringen. Ein systematisches und praxisrelevantes Vorgehensmodell ist daher mehr denn je nötig, mit dem Organisationen eine Digitalisierungsstrategie entwickeln und eine nachhaltige Organisationsentwicklung sicherstellen können. Nur so können laufende Digitalisierungsinitiativen verknüpft, strategische Digitalisierungsziele zusammengefasst und mit der Organisationsstrategie abgeglichen werden.