Anfechtungsgrund für Mieter
Ein Anfechtungsgrund liegt hier dann vor, wenn sich der Mieter darüber irrt, ob die Wohnung eine Sozialwohnung ist.
Im Jahr 2022 hat sich das LG Lübeck mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Mieter ein Recht zur Anfechtung des Mietverhältnisses hat, weil der Vermieter nicht über den tatsächlichen Zustand der Wohnung aufgeklärt habe. Nachdem das AG Lübeck der Argumentation des Mieters zunächst noch folgte, kam das LG Lübeck zu dem Ergebnis, dass der Mietvertrag nicht durch Anfechtungsschreiben der Mieter wegen arglistiger Täuschung rückwirkend aufgehoben wurde. Grundsätzlich könne eine arglistige Täuschung zwar nicht nur durch aktives Tun, sondern auch durch ein Unterlassen verwirklicht werden.
Eine Täuschung durch Unterlassen dadurch, dass die Klägerin die Beklagte nicht über den tatsächlichen Zustand der Wohnung aufgeklärt habe, sei aber nicht gegeben. Das Verschweigen von Tatsachen stelle nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsachen eine Aufklärungspflicht bestanden hätte. Hierbei verwies das Gericht auf § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben). Das sei dann der Fall, wenn die andere Vertragspartei, also der Mieter, nach Treu und Glauben und der Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, redlicherweise Aufklärung erwarten durfte. Grundsätzlich sei es Sache jeder Partei, ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Es bestehe daher keine allgemeine Pflicht eines Vermieters, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein könnten. Ungünstige Eigenschaften des Vertragsgegenstands brauchen grundsätzlich nicht ungefragt offengelegt werden. In dem Urteil ging es darum, dass bei einzelnen Einrichtungsmerkmalen der Wohnung, z. B. eine Couch, die keine Decke und Kissen hatte, sich der Mieter getäuscht fühlt.
Im Übrigen wies das Gericht bei der Begründung auch darauf hin, dass man wegen offensichtlicher Mängel, die bei einer Wohnungsbesichtigung jederzeit leicht erkennbar gewesen wären, zu einem späteren Zeitpunkt eine Anfechtung nicht durchführen könne.
Man habe als Mieter die Möglichkeit, vor der Anmietung das Mietobjekt gründlich in Augenschein zu nehmen. Unterlasse aber ein Mieter vor Anmietung einer Wohnung deren Besichtigung, obwohl hierzu Gelegenheit bestanden hätte, so falle dies grundsätzlich in den Risikobereich des Mieters.
Auch vorteilhafte Fotos rechtfertigen keine Anfechtung.
Das Urteil setzte sich auch mit der Frage auseinander, inwieweit entsprechende Aufnahmen von der Wohnung negative Details zeigen müssten.
Dabei ließ das Gericht offen, ob durchaus bei Inseraten durch unrichtige Abbildungen des Zustands bei Fotos eine Täuschungshandlung vorliegen könne, in dem z. B. nur Nahaufnahmen von besonders gepflegten Einrichtungsgegenständen gezeigt würden, Abbildungen von abgewohnten Bereichen jedoch nicht wiedergegeben werden. Grundsätzlich gehe man aber davon aus, dass solche Aufnahmen und Inserate nur dazu dienen würden, einen ersten Eindruck von der Wohnung und ihrer Aufteilung zu geben. Dass dabei eine Wohnung in einem gepflegteren als dem tatsächlichen Zustand erscheine, folge üblicherweise und zwangsläufig schon aus der Art der Aufnahmen.