a) Eigenschadenklausel
Rz. 106
Mit der sog. Eigenschadenklausel (Ziff. A-6.4 AVB-D&O) wird in nahezu allen gängigen Bedingungswerken versucht, den wirtschaftlichen Eigenschaden des versicherten Schädigers im Rahmen des Deckungsschutzes zu begrenzen. Soweit eine mittelbare oder unmittelbare Kapitalbeteiligung der versicherten Personen an der Versicherungsnehmerin bzw. einer vom Versicherungsschutz erfassten Tochtergesellschaft besteht, umfasst der Versicherungsschutz – nach dem Modell (Ziff. A-6.4 AVB-D&O) – bei Ansprüchen der Versicherungsnehmerin bzw. einer vom Versicherungsschutz erfassten Tochtergesellschaft nicht den Teil des Schadensersatzanspruchs, welcher der Quote dieser Kapitalbeteiligung entspricht. Unter Wirksamkeitsgesichtspunkten (Transparenzgebot: § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, § 305c BGB) wurden früher vereinzelt Bedenken gegen diese Klausel erhoben. Jedenfalls für den Gesellschafter-Geschäftsführer würde eine derartige Einschränkung im Versicherungsschutz hinsichtlich der Innenhaftung weitgehend uninteressant, insbesondere dann, wenn unter Umständen nicht einmal Abwehrkosten gewährt würden. Ändern sich die Beteiligungsverhältnisse im Laufe der Zeit, kann fraglich sein, auf welchen Zeitpunkt hinsichtlich der Beteiligungsquote abzustellen ist (den der Pflichtverletzung oder den der Anspruchserhebung). Fehlt in den Bedingungen eine Klarstellung, scheint es zweckmäßig, auf den Zeitpunkt der versicherten Pflichtverletzung abzustellen, um etwaige Manipulationen durch die Versicherungsnehmerin auszuschließen.
b) Umfang der Leistung des Versicherers
aa) Grundlage: Versicherungssumme
Rz. 107
Der Versicherungsschutz wird insbesondere durch die im Versicherungsschein angegebene Versicherungssumme (in Verbindung mit dem vereinbarten Selbstbehalt, dazu sub 2.c), siehe Rdn 111) begrenzt. Die D&O-Versicherung ist eine Schadensversicherung. Die im Versicherungsschein genannte Deckungssumme gilt als Höchstbetrag für jeden Versicherungsfall und für alle während des Versicherungsjahres ("aggregate limits") eingetretenen Versicherungsfälle zusammen (Ziff. A-6.4 Abs. 1 S. 1 AVB-D&O).
bb) Verteilung bei nicht ausreichender Versicherungssumme
Rz. 108
Ein Verteilungsthema entsteht bei der sog. Unternehmenspolice, wenn sich die vereinbarte Versicherungssumme (vgl. Ziff. A-6.4 Abs. 1 AVB-D&O) im Schadenfall als nicht ausreichend erweist. Beispielsweise sei auf den Fall "schwarzer Kassen" bei der Siemens AG verwiesen. Die D&O Verträge enthalten zu dieser Fragestellung i.d.R. keine (klaren) Regelungen. Fehlen derartige Regeln, muss der Versicherer ggfs. Verteilungen vornehmen:
Insoweit bietet sich in der Praxis eine entsprechende Anwendung des § 109 S. 1 VVG (Proportionalitätsprinzip) und damit auch eine quotale Verteilung (weder Kopf- noch Prioritätsprinzip) oder eine Anwendung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an.
Denkbar wäre auch eine Heranziehung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Mehrheit von Gläubigern (vgl. §§ 420 bis 432 BGB), etwa § 428 S. 1 BGB. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Versicherten – immer bezogen auf den Anspruch auf die Deckungssumme – keine Gesamtgläubiger i.S.v. § 428 S. 1 BGB sind, worauf zu Recht auch Armbrüster hinweist.
Armbrüster favorisiert daher das sog. Prioritätsprinzip. Tritt innerhalb einer Versicherungsperiode ein erster Versicherungsfall ein und bietet der Versicherer für diesen Fall Schutz, entsteht dann ein weiterer Versicherungsfall später und ist die verfügbare Summe bereits durch die auf den ersten Versicherungsfall entfallene Versicherungsleistung erschöpft, hat der Versicherer den sog. Erschöpfungseinwand.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherer im Zeitpunkt der Regulierungsleistung von den weiteren Versicherungsfällen noch keine Kenntnis hatte und somit "gutgläubig" die Versicherungssumme ausgeschöpft hat. Auf diese Kenntnis kommt es ganz offensichtlich nach der Ansicht von Armbrüster nicht an, denn er stellt darauf ab, ob die Versichererleistung objektiv geschuldet war. Würde – so Armbrüster – man auf die tatsächliche Regulierung abstellen, so hätte es der Versicherer in der Hand, durch die raschere Leistung auf einen später eingetretenen Versicherungsfall im Ergebnis die Situation der Gesamtgläubigerschaft herbeizuführen, was nicht interessengerecht sei. Sind mehrere Versicherungsfälle in einer Versicherungsperiode gleichzeitig eingetreten, ergäbe die ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages, dass eine unzureichende Versicherungssumme auf alle betroffenen Versicherten zu verteilen ist, und zwar – so Armbrüster – im Zweifel nach Köpfen und nicht in Gestalt einer Quote.
Diese Ausführungen von Armbrüster zur Verteilung nach Köpfen vermögen im Ergebnis nicht zu überzeugen. Er orientiert sich daran, dass der angebliche "mutmaßliche Wille der Beteiligten" dahingehe, eine Aufteilung nach dem Kopfprinzip vorzunehmen. Alleine diese Ausgangsthese ist im Einzelfall betrachtet nicht wirklic...