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§ 2 Unerlaubte Handlungen / VII. Verfassungsrechtliche Bedenken

Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
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Rz. 591

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach ausgesprochen, dass durch die Auferlegung finanzieller Verpflichtungen in erheblichem Maße die Grundbedingungen freier Entfaltung und Entwicklung und damit nicht nur einzelne Ausformungen allgemeiner Handlungsfreiheit, sondern die engere persönliche Lebenssphäre junger Menschen betroffen würde.[1730] Eine Grundrechtsverletzung kommt danach erst in Betracht, wenn dem Minderjährigen kein Raum bleibt, sein weiteres Leben ohne unzumutbare Belastungen zu gestalten, die er nicht zu verantworten hat.[1731] In dem Urteil vom 12.10.2010[1732] hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit den Maßstäben für die Beurteilung einer Aufsichtspflichtverletzung anklingen lassen, dass bei der Beurteilung von Sachverhalten, bei denen Kinder an einem Schadensereignis beteiligt sind, tatrichterliche Zurückhaltung angebracht sein kann.

 

Rz. 592

Mit den verfassungsrechtlichen Problemen bei finanziellen Belastungen von Minderjährigen hat sich ausführlich der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin befasst.[1733] Er meint, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Minderjährigen die Gerichte verpflichtet, eine Begrenzung der Minderjährigenhaftung zu prüfen: Das Zivilrecht lasse den Gerichten Raum, dem Minderjährigenschutz den Umständen des Einzelfalles Rechnung tragend Wirkung zu verleihen. Härten, die sich aus dem Grundsatz der Totalreparation ergäben, könnten durch Rückgriff auf § 242 BGB abgemildert werden. Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes böte das Tatbestandsmerkmal der "billigen" Entschädigung die Möglichkeit, die Situation des Schädigers, insbesondere das geringe Verschulden eines Kindes, seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das Fehlen einer Haftpflichtversicherung zu berücksichtigen. Hierbei sei zu bedenken, dass Minderjährige aus eigener Initiative nicht in der Lage sind, durch Abschluss einer Haftpflichtversicherung gegen finanzielle Belastungen vorzusorgen, die aus fahrlässigem Verhalten, insbesondere aus einem Augenblicksversagen, herrührten. Auch § 828 BGB und die an dem Alter eines Kindes orientierte Bestimmung des zur Feststellung eines Verschuldens anzulegenden Sorgfaltsmaßstabes (sog. Gruppenfahrlässigkeit) trügen dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Kindes im Rechtsverkehr Rechnung. Im Prozessrecht finde der Gedanke des Minderjährigenschutzes insbesondere in den §§ 51, 52, 455 ZPO seinen Ausdruck.

 

Rz. 593

Auch andere Gerichte haben Gedanken des Minderjährigenschutzes erwogen.[1734] Zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es wegen Unzulässigkeit der Vorlagen bzw. anderweiter Erledigung nicht gekommen. Das LG Bremen hat die Regressklage des Versicherers wegen Rechtsmissbrauchs als zur Zeit unbegründet abgewiesen, weil der Geltendmachung von gem. § 67 VVG a.F. auf den Sachversicherer übergegangenen Schadensersatzansprüchen gegen minderjährige einkommens- und vermögenslose Schädiger bei fahrlässiger Verursachung von Großschäden (hier: mehr als 500.000 DM) der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenstehe.[1735] Zur Problematik sei auch auf Looschelders, Verfassungsrechtliche Grenzen der deliktischen Haftung – Minderjähriger Grundsatz der Totalreparation und Übermaßverbot[1736] verwiesen.

 

Rz. 594

In der Praxis der Fallbearbeitung wird der verfassungsrechtliche Hintergrund im Regelfall nicht verbalisiert. Die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs Berlin zeigen jedoch zutreffend auf, dass sich jeder Fallbearbeiter, jedenfalls der Richter, der Problematik bewusst sein muss. Die Verantwortlichkeit von Minderjährigen ist, insbesondere wenn erhebliche Belastungen durch Schadensersatzverpflichtungen drohen, die nicht durch eine Versicherung oder ein sonstiges Ausgleichssystem abgemindert werden, sorgfältig zu prüfen. Gerade in diesen Fällen ist es nicht sachgerecht, die Frage nach der Einsichtsfähigkeit und der gruppenspezifischen Steuerungsfähigkeit ohne sachverständige Begleitung quasi aus dem Bauch heraus auf Grund einer manchmal doch eher fragwürdigen "Lebenserfahrung" zu beantworten.

[1730] BVerfGE 72, 155, 171.
[1731] BVerfGE 72, 155, 171 ff.; BVerfG, Beschl. v. 20.5.1987 – 1 BvR 1340/86, VRS 80, 81; BVerfG, Beschl. v. 13.8.1998 – 1 BvL 25/96, VersR 1998, 1289.
[1732] 1 BvL 14/09, BVerfGE 127, 263 Rn 66.
[1733] BerlVerfGH, Beschl. v. 14.12.2009 – 31/09, NJW-RR 2010, 1141.
[1734] OLG Celle, Vorlagebeschl. v. 26.5.1989, 4 U 53/88, VersR 1989, 709: § 828 Abs. 2 BGB a.F. sei jedenfalls dann verfassungswidrig, wenn seitens des Kindes oder des Jugendlichen nur leichte Fahrlässigkeit vorliege, die uneingeschränkte Haftung des Kindes oder des Jugendlichen zu einer wirtschaftlichen Existenzvernichtung führen würde, während das Opfer von dritter Seite, z.B. durch eine Versicherung befriedigt werde; LG Dessau, Vorlagebeschl. v. 25.9.1996 – (6) 8 O 853/96, VersR 1997, 242: Dem Bundesverfassungsgericht werde die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 828 Abs. 2 BGB a.F. auch in den Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar sei, in denen die un...

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