Robert Engert, Winfried Simon
Zeilen im Formular: 23–24
Bei doppelter Haushaltsführung im Ausland sind die Unterkunftskosten zwar nicht auf einen Höchstbetrag begrenzt, sie werden aber nur soweit sie notwendig und angemessen sind als Werbungskosten berücksichtigt (vgl. R 9.11 Abs. 8 Satz 2 LStR). Die Aufwendungen für die Unterkunft/Zweitwohnung am ausländischen Beschäftigungsort sind in tatsächlicher Höhe nur insoweit notwendig, als sie die ortsübliche Miete für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte mit einer Wohnfläche bis zu 60 m2 nicht überschreiten (Rz 112 des o. a. BMF-Schreibens vom 25.11.2020). Neben den in Zeile 23 anzugebenden tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft/Zweitwohnung im Ausland ist in Zeile 24 zusätzlich die Größe der Zweitwohnung des doppelten Haushalts im Ausland in m2 anzugeben. Im Zweifel kann dem Finanzamt der Miet- oder Kaufvertrag vorgelegt werden, aus dem sich die genaue Wohnungsgröße der Zweitwohnung ergibt.
BEISPIEL 1:
Ein Arbeitnehmer mietet eine Wohnung an seinem ausländischen Beschäftigungsort mit 80 m2 an und entrichtet hierfür eine vereinbarte Miete in Höhe von 1 200 EUR (= 15 EUR pro m2). Die monatlichen Nebenkosten belaufen sich auf 200 EUR. Für eine – nach Lage und Ausstattung – durchschnittliche 60-m2-Wohnung am Beschäftigungsort sind 720 EUR Mietzins (= 12 EUR je m2) zu bezahlen.
Die als Werbungskosten abzugsfähige "notwendige" ortsübliche Miete beträgt 720 EUR. Daneben sind die anteiligen Betriebs-/Nebenkosten der Wohnung zu berücksichtigen. Dabei bestehen keine Bedenken, wenn für Zwecke der Ermittlung der ortsüblichen "Warm"-Miete die tatsächlichen Nebenkosten der angemieteten Wohnung als Schätzungsgrundlage herangezogen werden. Somit wären 150 EUR Nebenkosten (200 EUR : 80 m2 × 60 m2 = 150 EUR) zum Werbungskostenabzug zuzulassen.
Im Beispielsfall sind also insgesamt als Obergrenze Aufwendungen (Warmmiete) in Höhe von 870 EUR (720 EUR + 150 EUR) als notwendige Kosten der Zweitwohnung zu berücksichtigen.
Steht die Zweitwohnung im Ausland im Eigentum des Arbeitnehmers, sind die Aufwendungen in der Höhe als notwendig anzusehen, in der sie der Arbeitnehmer als Mieter für eine nach Größe, Ausstattung und Lage angemessene Wohnung tragen müsste (vgl. R 9.11 Abs. 8 Satz 3 LStR).
BEISPIEL 2:
Der Arbeitnehmer E erwirbt 2024 am ausländischen Beschäftigungsort eine 80 m2 große Eigentumswohnung. Für diese Wohnung fallen im Jahr 2024 folgende Kosten an:
Jahres-AfA |
1 800 EUR |
Schuldzinsen |
500 EUR |
Erhaltungsaufwand |
3 000 EUR |
Betriebskosten |
2 000 EUR |
Gesamt |
7 300 EUR |
Für eine 60-m2-Mietwohnung beträgt die fiktive ortsübliche Durchschnittsmiete am Beschäftigungsort jährlich 4 000 EUR (warm).
Als Werbungskosten kann E nur die fiktiven Mietkosten der 60-m2-Wohnung mit 4 000 EUR abziehen, da die tatsächlichen Kosten diese übersteigen. Daneben kann auch nicht der angefallene Erhaltungsaufwand in Höhe von 3 000 EUR in Abzug gebracht werden.
Die strikte "60-m2-Begrenzung" der Aufwendungen für die Zweitwohnung im Ausland hält das FG Rheinland-Pfalz bei Vorliegen von unvermeidbaren Aufwendungen nicht für anwendbar (Urteil vom 22.6.2021, 3 K 1255/20, EFG 2021 S. 1708). Wird einem Beamten im Ausland (hier: Botschafter) eine Dienstwohnung mit der Verpflichtung, diese zu beziehen, zugewiesen, stellen die hierfür anfallenden Kosten nach Ansicht des FG unabhängig von der Wohnfläche bei Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung notwendige Mehraufwendungen i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG dar. Der BFH hat das v. g. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 22.6.2021 bestätigt und die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen (BFH-Urteil vom 9.8.2023, VI R 20/21, BFH/NV 2024 S. 86). Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland ist nach Auffassung des BFH unabhängig von der Wohnungsgröße im Einzelfall zu prüfen, welche Unterkunftskosten notwendig sind. Bei einer beamtenrechtlich zugewiesenen Dienstwohnung sind die Unterkunftskosten am ausländischen Beschäftigungsort stets in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abzugsfähig. Offen ist, wie die Finanzverwaltung auf das der bestehenden Verwaltungsanweisung (Rz 112 des BMF-Schreibens vom 25.11.2020, BStBl I S. 1228) entgegenstehende BFH-Urteil reagieren wird. In einem ähnlich gelagerten Einzelfall ist beim BFH noch das Revisionsverfahren VI R 21/23 anhängig, dessen Ausgang abzuwarten bleibt. Das FG Berlin-Brandenburg hatte in der Vorinstanz die Kosten einer ca. 200 qm großen Dienstwohnung eines stellvertretenden Botschaftsleiters nur in Höhe von 140 qm für angemessen angesehen und dementsprechend nur anteilig als Werbungskosten anerkannt (Urteil vom 14.6.2023, 1 K 12087/20, JAHR="2024" GEN-INFO="AUTO 4.7.12 2024-11-18">EFG 2024 S. 1567). Einspruchsverfahren in vergleichbaren Fällen ruhen daher vorerst weiter.