Robert Engert, Winfried Simon
Tätigkeitsstätte ist eine von der Wohnung getrennte, ortsfeste betriebliche Einrichtung, die räumlich zusammengefasste Sachmittel umfasst, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (BFH-Urteil vom 11.4.2019, BStBl II S. 551). So stellen auch Baucontainer, die z. B. auf einer Großbaustelle längerfristig fest mit dem Erdreich verbunden sind und in denen sich z. B. Baubüros, Aufenthaltsräume oder Sanitäreinrichtungen befinden, ortsfeste betriebliche Einrichtungen dar.
Eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte liegt auch vor, wenn eine Vielzahl solcher Mittel, die für sich betrachtet selbständige betriebliche Einrichtungen darstellen können, räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten stehen. Demgemäß kommt als eine solche erste Tätigkeitsstätte auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z. B. Werksanlage, Betriebsgelände, Zechengelände, Bahnhof oder Flughafen) in Betracht (BFH-Urteile vom 11.04.2019, BStBl II S. 546 und 551). Der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen scheidet aus, wenn eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte vorhanden ist.
Ein Arbeitnehmer, der auf einem Flughafen an wechselnden Kontrollstellen zur Durchführung von Sicherheitskontrollen eingesetzt wird, hat auf dem Flughafengelände hiernach seine erste (großräumige) erste Tätigkeitsstätte (BFH-Urteil vom 11.4.2019, BStBl II S. 551). Bei einem Lokführer ist das Bahnhofsgelände der Dienststelle als großräumige erste Tätigkeitsstätte anzusehen, wenn er dort zumindest in geringem Umfang arbeitsvertraglich geschuldete, berufsbildbezogene Tätigkeiten ausübt (FG Sachsen-Anhalt vom 26.2.2020, 1 K 629/19, EFG 2020 S. 912 – rkr.). Bei einem Lokführer einer Werksbahn, dessen Tätigkeit sich auf das werkseigene Schienennetz als Verbindung zwischen den betrieblichen Einrichtungen beschränkt, liegt ebenfalls eine großräumige erste Tätigkeitsstätte vor (BFH-Urteil vom 1.10.2020, VI R 36/18, BFH/NV 2021 S. 309). Dies gilt auch dann, wenn die einzelnen betrieblichen Einrichtungen nicht direkt örtlich aneinander angrenzen.
Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe oder Tätigkeitsgebiete ohne ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind keine Tätigkeitsstätten in diesem Sinne, ebenso nicht das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer einen oder mehrere Arbeitsräume anmietet, die der Wohnung des Arbeitnehmers zuzurechnen sind (Rz 4 des BMF-Schreibens vom 25.11.2020, BStBl I S. 1228).
Nicht entscheidend ist, ob an der vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit liegt oder liegen soll. Für die Zuordnung ist lediglich entscheidend, ob der Arbeitnehmer bei einer in die Zukunft gerichteten Prognose nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden soll. Auf den Umfang der Tätigkeit an der vom Arbeitgeber zugewiesenen Tätigkeitsstätte kommt es grds. nicht an. Erforderlich, aber ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören (Rz 9 des o. a. BMF-Schreibens vom 25.11.2020).
BEISPIEL:
Der Vertriebsmitarbeiter V für die Region A soll einmal wöchentlich an den Firmensitz nach B fahren, dem er zugeordnet ist. Dort soll er die anfallenden Bürotätigkeiten erledigen und an Dienstbesprechungen teilnehmen. B ist aufgrund der arbeitsrechtlichen Zuordnung die erste Tätigkeitsstätte des V. Dabei ist unerheblich, dass V überwiegend in der Region A und nicht in B tätig werden soll.