Überbrückungshilfe: Abgelehnte Fördermonate Schlussabrechnung

Dürfen abgelehnte Fördermonate aus der Überbrückungshilfe-Antragsphase in der Schlussabrechnung erneut geltend gemacht werden? Unternehmen sehen sich mit einer ablehnenden Verwaltungspraxis konfrontiert. Doch können es sich die Bewilligungsstellen so einfach machen – und was sollten Steuerberater den Unternehmen raten?

Schlussabrechnung als zweite Chance?

Unternehmen, die Überbrückungshilfen beantragt haben, mussten im Antragsverfahren gelegentlich Ablehnungen einzelner Fördermonate hinnehmen. Insbesondere bei der Überbrückungshilfe IV waren die Bewilligungsstellen sehr restriktiv und lehnten viele Anträge ab, im Schwerpunkt vor allem für das 2. Quartal 2024. Doch was passiert, wenn sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen doch erfüllt waren? Können diese Monate in der Schlussabrechnung erneut eingereicht werden?

Die Bewilligungsstellen lehnen die Geltendmachung bisher abgelehnter Fördermonate bundesweit regelmäßig ab und fordern pauschal zur Korrektur der Schlussabrechnungen auf. Doch ist diese Ablehnung rechtmäßig?

Der Vertrauensschutz: Ein entscheidendes Argument

Zentral für die Frage ist der Vertrauensschutz. Die offiziellen FAQ zu den Überbrückungshilfen vermittelten Antragstellern über Jahre hinweg den Eindruck, dass die Schlussabrechnung der zentrale Korrekturmechanismus ist. Unternehmen durften darauf vertrauen, dass hier eine abschließende Berechnung der Förderung erfolgt. So verstehen die Bewilligungsstellen die Schlussabrechnung auch – und zwar im Negativen: Denn sie sehen sich berechtigt, alle Antragsvoraussetzungen erneut zu prüfen und das Vorliegen auch nachträglich zu verneinen, mit vielen Rückforderungen.

Doch wieso soll es nur "negative" Korrekturen geben – warum nicht auch "positive" Korrekturen? Denn es gab klare Aussagen der Bewilligungsstellen selbst, dass die endgültige Prüfung erst mit der Schlussabrechnung erfolgt. Nach dieser Argumentation ergebe sich eine nur logische Schlussfolgerung: Wenn ein Fördermonat ursprünglich abgelehnt wurde, kann dieser dennoch in der Schlussabrechnung erneut geprüft werden.

So hat auch das OVG Hamburg jüngst in einer nicht öffentlichen Verfügung in von uns vertretenen Klageverfahren eine einfache Frage gestellt: Wenn die Bewilligungsstellen die bisherigen Zusagen nur als "vorläufig" betrachten, warum sollen dann die bisherigen Ablehnungen "endgültig" sein? Sie müssten auch unter dem Vorbehalt der Schlussabrechnungen stehen.

Bestandskraft der Ablehnung: Ein Hindernis?

Einige Bewilligungsstellen argumentieren, dass eine frühere Ablehnung bestandskräftig geworden sei und daher die Fördermonate nicht mehr in der Schlussabrechnung berücksichtigt werden können. Doch das ist widersprüchlich:

  1. Viele Ablehnungen erfolgten ohne Rechtsbehelfsbelehrung – damit sind sie nicht automatisch bestandskräftig.
  2. Die Schlussabrechnung ist als "Totalvorbehalt" konzipiert – das bedeutet, dass eine endgültige Entscheidung über die Förderhöhe erst mit ihr getroffen wird. Warum dann nicht auch über Ablehnungen? Bestandskraft könnte dann maximal die "Vorläufigkeit" des Antragsverfahrens haben.
  3. Die Logik der Überbrückungshilfen sieht Korrekturen vor – höhere tatsächliche Fixkosten oder stärkere Umsatzeinbrüche können ebenfalls zu Nachzahlungen führen. Warum sollte das für nachträglich anerkannte Monate nicht gelten?

EU-Beihilferecht: Steht es der Berücksichtigung entgegen?

Ein weiteres Argument der Behörden ist das EU-Beihilferecht. Doch wir sind der Ansicht: Es gibt keinen klaren Ausschluss. Die Regelungen des EU-Beihilferechts besagen lediglich, dass Hilfen bis zu einem bestimmten Datum gewährt werden müssen – sie verbieten jedoch keine Korrekturen innerhalb eines bereits gewährten Rahmens.

Jedenfalls dort, wo ein Teil der Fördermonate im Förderprogramm gewährt wurde (etwa Januar bis März 2022 bei der Überbrückungshilfe IV) hat das Unternehmen Hilfen bekommen für den Förderzeitraum unter dem EU-Beihilferahmen. Die "Beihilfefähigkeit" des Unternehmens wurde also unter dem EU-Beihilferahmen festgestellt. Dann ist die Erweiterung auf abgelehnte Monate, etwa April bis Juni 2022, nach unserer Ansicht auch mit dem EU-Beihilferecht vereinbar.

Ungleichbehandlung bei Fixkosten?

Besonders problematisch ist, dass neue Fixkosten in der Schlussabrechnung unter bestimmten Bedingungen im Ausnahmefall anerkannt werden, während ganze Fördermonate ausgeschlossen werden sollen. Dies stellt eine Ungleichbehandlung dar, die verfassungsrechtlich fragwürdig ist. Wenn ein Unternehmen zusätzliche Mietkosten nachträglich geltend machen kann, warum sollte es dann nicht auch einen Fördermonat, der nachweislich förderfähig war, erneut einbringen dürfen?

Unternehmen sollten ihre Rechte nutzen

Es zeigt sich also: Unternehmen haben durchaus Argumente, um abgelehnte Fördermonate in der Schlussabrechnung erneut geltend zu machen. Besonders wichtig ist eine fundierte Begründung und eine klare Dokumentation der förderfähigen Kosten.

Sollten Bewilligungsstellen eine Prüfung verweigern, kann sich ein Widerspruch oder sogar eine Klage lohnen – denn rechtlich gibt es zahlreiche Ansatzpunkte, um eine erneute Prüfung durchzusetzen.

Tipps für Steuerberater

Steuerberater sollten Ihren Mandanten raten, bei Ablehnung der Geltendmachung bereits abgelehnter Fördermonate in der Schlussabrechnung anwaltlichen Beistand in Anspruch zu nehmen und zumindest Widerspruch und Klage in Erwägung zu ziehen.

Gerade bei hohen Fördersummen kann es schon im Schlussabrechnungsverfahren sinnvoll sein, anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen und eine umfassende Stellungnahme einzureichen. Denn prüfende Dritte müssen sich fragen: Wenn sie zu schnell den Mandanten den Eindruck vermitteln, "da kann man nichts machen"; und am Ende die Rechtsprechung zugunsten der Berücksichtigung abgelehnter Fördermonate in der Schlussabrechnung entscheidet – dann werden Mandanten nicht nur verärgert sein. Daher gilt: Bei ablehnender Haltung der Bewilligungsstellen durchaus mit anwaltlichem Beistand (oder jedenfalls den Argumenten dieses Beitrags) dagegenhalten.

Wer als Steuerberater jedenfalls auf die unklare Rechtslage und die oben überblicksmäßig dargestellten Argumente hinweist, hat seinen Mandanten umfassend beraten. Es liegt dann an dem Mandanten, ob er sich gegen die Ablehnung zur Wehr setzen wird. Denn noch ist – wie bei so vielen anderen Themen der Überbrückungshilfen – das letzte Wort in der Rechtsprechung noch nicht gesprochen.

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