
Die Neufassung des R 6.3 EStÄR 2012 sieht eine ganze Reihe von Änderungen bei der Erfassung der Herstellkosten vor.
Die Neufassung des R 6.3 EStÄR 2012 sieht eine ganze Reihe von Änderungen bei der Erfassung der Herstellkosten vor.
Die Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes umfassen nach § 255 Abs. 2 HGB
- Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung als auch
- angemessene Teile der notwendigen Materialgemeinkosten und Fertigungsgemeinkosten
- sowie der Wertverzehr von Anlagevermögen, soweit er durch die Herstellung des Wirtschaftgutes veranlasst ist.
Bei der Berechnung der Herstellungskosten konnten angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Wahlrecht). Forschungs- und Vertriebskosten durften schon immer nicht einbezogen werden. Dies galt gemäß dem sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V. mit R 6.3 EStR 2008 auch für die Steuerbilanz. Bisher bestand nach R. 6.3 EStR 2008 für den Ansatz der Kosten der allgemeinen Verwaltung für die Steuerbilanz ein Wahlrecht.
Durch die Änderung des R 6.3 Abs. 1 EStÄR 2012 nimmt das BMF nun
die angemessenen Kosten der allgemeinen Verwaltung,
die angemessenen Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs,
die angemessenen Aufwendungen für freiwillige Leistungen und
die angemessenen Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung
für die steuerliche Gewinnermittlung mit auf. Das heißt, zusätzlich zu dem bisherigen steuerlichen Mindestansatz müssen noch zwingend die Verwaltungskosten einbezogen werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll künftig das handelsrechtliche Wahlrecht zu einem steuerlichen Aktivierungsgebot führen.
Spezifizierung der einzelnen Kostenarten
Im neuen R 6.3 Abs. 3 EStÄR 2012 fallen künftig zu den steuerlichen Herstellungskosten der angemessene Teil
der Kosten der allgemeinen Verwaltung: Aufwendungen für Geschäftsleitung, Einkauf und Wareneingang, Betriebsrat, Personalbüro, Nachrichtenwesen, Ausbildungswesen, Rechnungswesen, Feuerwehr, Werkschutz sowie allgemeine Fürsorge einschließlich Betriebskrankenkasse,
der Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs: Aufwendungen für Kantine, Zuschüsse für Mahlzeiten sowie Freizeitgestaltung der Arbeitnehmer,
der Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen: Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen, wie z. B. Jubiläumsgeschenke, Wohnungs- und andere freiwillige Beihilfen, Weihnachtszuwendungen oder Aufwendungen für die Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer,
der Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung: Beiträge an Direktversicherungen und Pensionsfonds, Zuwendungen an Pensions- und Unterstützungskassen sowie Zuführungen zu Pensionsrückstellungen.
Fremdkapitalzinsen: Status Quo
Hinsichtlich der Fremdkapitalzinsen besteht weiterhin ein Einbeziehungswahlrecht. Sie zählen nach wie vor nur dann steuerlich nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG zu den Herstellungskosten, wenn sie handelsrechtlich ebenfalls aktiviert wurden (R 6.3 Abs. 5 EStÄR 2012).
Vergleich: Gegenüberstellung der alten und neuen Regelung
Zur einfacheren Vergleichbarkeit werden in nachfolgender Tabelle die bisherigen Regelungen den kommenden Neuerungen gegenüber gestellt:
Kostenarten | Ansatz gem. R 6.3 EStR 2008 und § 255 Abs. 2 HGB | Ansatz gem. R 6.3 EStÄR 2012 |
Materialeinzelkosten | Ansatzpflicht | Ansatzpflicht |
Fertigungseinzelkosten | Ansatzpflicht | Ansatzpflicht |
Sondereinzelkosten der Fertigung | Ansatzpflicht | Ansatzpflicht |
Angemessene Teile der Materialgemeinkosten | Ansatzpflicht | Ansatzpflicht |
Angemessene Teile der Fertigungsgemeinkosten | Ansatzpflicht | Ansatzpflicht |
Durch Fertigung veranlasster Wertverzehr des Anlagevermögens | Ansatzpflicht | Ansatzpflicht |
Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs | Wahlrecht | Ansatzpflicht |
Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen | Wahlrecht | Ansatzpflicht |
Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung | Wahlrecht | Ansatzpflicht |
Fremdkapitalzinsen | Wahlrecht | Wahlrecht |
Vertriebskosten | Ansatzverbot | Ansatzverbot |
Forschungskosten | Ansatzverbot | Ansatzverbot |
Keine Rückwirkung der Änderungen
Positiv kann hervorgehoben werden, dass das BMF von seiner ursprünglichen Haltung, die geplanten Änderungen bereits für das Wirtschaftsjahr 2012 anzuwenden, wieder abgerückt ist. Dies hätte für die Unternehmen besonders weitreichende Folgen gehabt, da hier rückwirkend alle hergestellten Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (halbfertige und fertige Erzeugnisse) und teilweise auch des Anlagevermögens neu bewertet hätten werden müssen.
Tipp: Da derzeit nicht abzusehen ist, wann das BMF-Schreiben vom 25.03.2013 ggf. dann wieder aufgehoben wird, sollte nichtsdestotrotz sehr zeitnah bereits eine Anpassung bzw. Implementierung der Kostenrechnung in den Unternehmen eingeplant werden. Dies sollte für Wirtschaftsgüter, die ab dem Jahr 2014 hergestellt werden dann bereits berücksichtigt werden.