Arbeitszimmer wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht

BFH-Urteile und Verwaltungsanweisungen haben konkretisiert, wann die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind. Nachfolgend sind alle wichtigen Entwicklungen hinsichtlich des Begriffs „kein anderer Arbeitsplatz steht zur Verfügung“ zusammengefasst.

Begrenzter Abzug, sofern kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht

Befindet sich der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen nicht im häuslichen Arbeitszimmer, kommt ein auf bis zu 1.250,00 EUR begrenzter Abzug der Aufwendungen in Betracht, wenn dem Steuerpflichtigen für die Verrichtung seiner betrieblichen und/oder beruflichen Tätigkeiten „kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“ (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG).

Allgemeinen Umstände, z.B. Lärmbelästigung, Publikumsverkehr, Großraumbüro sind unbeachtlich

Die Frage, ob für die betriebliche oder berufliche Betätigung „kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“, führt ebenfalls häufige zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung. Auch hier lässt sich wieder die Tendenz feststellen, dass an den anderen Arbeitsplatz keine besonders hohen Anforderungen gestellt werden, also zu Lasten des Steuerpflichtigen entschieden wird. Bereits frühzeitig hat der BFH ausgeführt, dass Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr unerheblich sind (BFH, Urteil v. 7.8.2003, VI R 162/00, BStBl. II 2004, S. 83; BFH, Urteil v. 7.8.2003, VI R 17/01, BStBl. II 2004, S. 78). Diese Tendenz hat der BFH in neueren Urteilen zwar grundsätzlich bestätigt, allerdings im Einzelfall durchaus differenziert geurteilt.

„Kein anderer Arbeitsplatz“ wenn Schreibtischarbeitsplatz nicht uneingeschränkt nutzbar

So steht ein anderer Arbeitsplatz nach der Rechtsprechung des BFH dann nicht zur Verfügung, wenn der Arbeitsplatz wegen Gesundheitsgefahr nicht nutzbar ist (BFH, Urteil v. 26.2.2014, VI R 11/12, BStBl. II 2014, S. 674).

Problematisch sind regelmäßig auch solche Fälle, in denen zwar ein Arbeitsplatz grundsätzlich zur Verfügung steht, dieser aber nicht für alle Aufgaben genutzt werden kann. Dies ist vor allem in Zeiten, in denen oftmals nicht mehr für jeden Mitarbeiter ein fester Arbeitsplatz zur Verfügung steht, zunehmend von Bedeutung (sog. Poolarbeitsplätze). In einer Entscheidung des BFH standen 8 Betriebsprüfern nur 3 Arbeitsplätze im Finanzamt für die Vor- und Nacharbeiten zur Verfügung. Der BFH entschied, dass in diesem Fall kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wenn zur Erledigung der Innendienstarbeiten die bestehenden Arbeitsplätze nicht im erforderlichen Umfang genutzt werden können (BFH, Urteil v. 26.2.2014, VI R 37/13, BStBl. II 2014, S. 570).

Ebenfalls kein anderer Arbeitsplatz steht zur Verfügung, wenn bei einem Selbständigen der Arbeitsplatz nicht uneingeschränkt nutzbar ist und deshalb ein nicht unerheblicher Teil der Arbeiten im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet wird (BFH v. 22.2.2017, III R 9/16, BStBl. II 2017, S. 698). Der BFH hatte hier zu entscheiden, wann bei einem Selbstständigen die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers trotz des Bestehens eines Schreibtischarbeitsplatzes in der Praxis in Betracht kommt. Erfreulicher Weise kam der BFH zu der Auffassung, dass nicht jeder nur in den Abendstunden oder an Wochenenden nutzbare Schreibtischarbeitsplatz in einem Praxisraum zwangsläufig als ein „anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung steht. Allerdings sollte bei dieser Entscheidung nicht verkannt werden, dass die Voraussetzungen, unter denen diese Anerkennung möglich ist, recht eng sind, so dass jeder Einzelfall gesondert gewertet werden muss.

 Anhaltspunkte für die Anerkennung können etwa sein

·         die Beschaffenheit des Arbeitszimmers,

·         insbesondere aber die Rahmenbedingungen der Nutzung des Arbeitsplatzes in der Praxis bzw. dem Büro..

Zur Nutzung von Poolarbeitsplätzen und Telearbeitsplätzen zu Hause hat sich auch die OFD Niedersachen ausdrücklich geäußert (Verfügung v. 27.3.2017, S 2354 - 118 - St 215; Haufe Index 10850080). Hierbei scheint sich eine vorsichtige Öffnung der Finanzverwaltung für diese „neuen“ Arbeitsformen anzudeuten, die weitere Entwicklung bleibt aber abzuwarten.

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