Zusammenfassung
Für bestimmte Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften bestehen Offenlegungspflichten, auch Publizitätspflichten genannt. Die gesetzlichen Vertreter dieser Gesellschaften sind verpflichtet, die Jahresabschlüsse mit den Anhängen zur Veröffentlichung einzureichen.
Durch diese Regelung haben interessierte Personen wie Geschäftspartner, Banken, Angestellte oder Anteilseigner die Möglichkeit, sich über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu informieren.
Gesetzliche Regelungen zu den Offenlegungspflichten finden sich insbesondere in den §§ 325 ff. HGB; § 161 AktG; § 266 HGB.
1 Offenlegungspflicht im Handels- und Steuerrecht
1.1 Handelsrecht: Offenlegung
Nach handelsrechtlichen Vorschriften (HGB) sind bestimmte Kaufleute verpflichtet, ihre Unternehmenswerte und -ergebnisse in einem elektronischen Register zu veröffentlichen.[1]
Unterlagen sind dem Unternehmensregister zu übermitteln
Ab dem Geschäftsjahr 2022 sind die Rechnungslegungsunterlagen und Unternehmensberichte dem Unternehmensregister (nicht mehr dem Bundesanzeiger) zu übermitteln. Das Unternehmensregister wird beim Bundesanzeiger Verlag geführt. Hier werden dann – wie bisher – die Abschlüsse auf Vollzähligkeit und Fristeinhaltung geprüft[2]
Zur Vereinheitlichung soll dies auch für das Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister gelten.
1.2 Steuerrecht: Offenlegung
Ausgangspunkt für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns ist der Betriebsvermögensvergleich.[1] Bei Kaufleuten ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das sich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ergibt.[2] Soweit keine gesonderte Steuerbilanz aufgestellt wird, ist Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung die Handelsbilanz unter Beachtung der vorgeschriebenen steuerlichen Anpassungen.[3]
Das Steuerrecht kennt keine Offenlegungspflicht bzw. Publizitätspflicht der Steuerbilanzen. Für eine derartige Pflicht müsste § 30 der Abgabenordnung (Steuergeheimnis) geändert werden. Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen müssen nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz (Taxonomie) elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden.[4]
2 Zusammenhang zwischen Offenlegung und Haftungsbeschränkung
Sinn und Zweck der Publizität/Offenlegung bzw. Veröffentlichung der Unternehmensrechnungslegung ist es, alle Interessierten (Geschäftspartner, Gläubiger, Gesellschafter, Arbeitnehmer, Anteilseigner) in die Lage zu versetzen, sich einen Überblick über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu verschaffen. Das ist insbesondere bei Kapitalgesellschaften erforderlich. Diese haften den Gläubigern gegenüber grundsätzlich nur mit dem Gesellschaftsvermögen.
Die Pflicht zur Offenlegung ist hier die Kehrseite der Haftungsbeschränkung und liegt im gesamtwirtschaftlichen Interesse. Eine Pflicht zur Offenlegung ergibt sich nicht nur aus der Größenklasse, sondern auch aus dem Geschäftsgegenstand (z. B. bei Banken und Versicherungsunternehmen).
3 Befreiung von der Offenlegung für kleine Unternehmen
Kleine Unternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, werden vom Bilanzierungsaufwand entlastet. Einzelkaufleute, die nur einen kleinen Geschäftsbetrieb unterhalten, sind von der handelsrechtlichen Buchführungs-, Inventur- und Bilanzierungspflicht befreit. Dieser Unternehmerkreis muss lediglich eine Einnahmen-Überschussrechnung erstellen.[1]
Einzelkaufleute, deren nachfolgende Umsätze und Gewinne an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht überschreiten, sind von der Verpflichtung zur Buchführung, Inventur und Bilanzierung nach den handelsrechtlichen Vorschriften befreit.
Umsatz | Gewinn |
600.000 EUR | 60.000 EUR |
Tab. 1: Grenzen der Buchführungspflicht
Im Wachstumschancengesetz war vorgesehen, diese Werte zu erhöhen auf 800.000 EUR Umsatz und 80.000 EUR Gewinn.[2]
Ob diese Grenzen ab 2024 oder eventuell rückwirkend erhöht werden, muss durch ein neues Gesetzgebungsverfahren bestimmt werden.
4 Kapitalgesellschaften werden in Größenklassen eingeteilt
4.1 Größenklassen für Kapitalgesellschaften werden angehoben
Aufgrund der stark gestiegenen Inflation in 2021 und 2022 hat die Europäische Union neue Schwellenwerte für die Bestimmung der Größenklasse von Kapitalgesellschaften veröffentlicht.
Anhebung der Größenklassen muss in nationales Recht umgesetzt werden
Eine Umsetzung in den Mitgliedstaaten muss bis zum 24.12.2024 erfolgen. In Deutschland erfolgte sie bisher noch nicht.
Die neuen Größenkriterien gelten für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2024 beginnen. Zudem haben die EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die neuen Größenkriterien auch schon rückwirkend für das Jahr 2023 anzuwenden. Ob der deutsche Gesetzgeber von diesem Wahlrecht Gebrauch macht, steht noch nicht fest.
4.2 Einstufung als Kleinstkapitalgesellschaften
Schwellenwerte für Kleinstkapitalgesellschaften[1] | Aktuell | Vorgesehen |
---|---|---|
Bilanzsumme | 350.000 EUR | 450.000 EUR |
Umsatzerlöse in den 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag | 700.000 EUR | 900.000 EUR |
beschäftigte Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt | 10 | 10 |
Tab. 2: Schwellenwerte für Kleinstkapitalgesellschaften
Kleinstkapital...
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