Zusammenfassung

 
Kapitel 8 Harre/Lukat Tz. 1–92

A. HGB

I. § 274 HGB

 

Tz. 1

 

§ 274 Latente Steuern 

(1) Bestehen zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerlichen Wertansätzen Differenzen, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen, so ist eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerbelastung als passive latente Steuern (§ 266 Abs. 3 E.) in der Bilanz anzusetzen. Eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerentlastung kann als aktive latente Steuern (§ 266 Abs. 2 D.) in der Bilanz angesetzt werden. Die sich ergebende Steuerbe- und die sich ergebende Steuerentlastung können auch unverrechnet angesetzt werden. Steuerliche Verlustvorträge sind bei der Berechnung aktiver latenter Steuern in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung zu berücksichtigen.

(2) Die Beträge der sich ergebenden Steuerbe- und -entlastung sind mit den unternehmensindividuellen Steuersätzen im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen zu bewerten und nicht abzuzinsen. Die ausgewiesenen Posten sind aufzulösen, sobald die Steuerbe- oder -entlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. Der Aufwand oder Ertrag aus der Veränderung bilanzierter latenter Steuern ist in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert unter dem Posten "Steuern vom Einkommen und vom Ertrag" auszuweisen.

1. Einleitung

a) Überblick

 

Tz. 2

Die Vorschriften über die Bilanzierung latenter Steuern ergänzen die Regelungen für die Erfassung laufender Steueraufwendungen und -erträge nach HGB. Die Konzepte für die Bilanzierung latenter Steuern auf nationaler (§§ 274, 306 HGB) und internationaler Ebene (IAS 12 Income Taxes) entsprechen sich weitestgehend (vgl. Tz. 4). Hierzu haben nicht zuletzt die Reformen des BilMoG in 2009 beigetragen. Fraglich ist jedoch, ob bzw. inwieweit in strittigen Auslegungsfragen der HGB-Bilanzierung auf die Regelungen des IAS 12 zurückgegriffen werden kann.[1] Dies ist aufgrund der beschriebenen Nähe der Regelungen des § 274 HGB und IAS 12 – die auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht wurde – zu bejahen. Deshalb verweist diese Kommentierung zum Teil auf die Ausführungen zu den IFRS.

 

Tz. 3

Steuerlatenzen entstehen aufgrund von temporären Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanzansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden oder Rechnungsabgrenzungsposten. Ziel der Latenzierung ist die zutreffende Erfassung zukünftiger Steuerbe- oder -entlastungen und die Korrespondenz von handelsrechtlichem Ergebnis und ausgewiesenem Steueraufwand/-ertrag, d. h. eine zutreffende Darstellung der Vermögens- und Ertragslage. Zu diesem Zweck sind zusätzlich zu den sich in den Steuerveranlagungen ergebenden laufenden Steuerschulden/-forderungen auch zukünftige Steuerschulden und Steuererstattungen in Form von latenten Steuern zu berücksichtigen.

 

Tz. 4

In der Theorie zur Steuerabgrenzung wird unterschieden zwischen der

  • liability method mit dem bilanzorientierten temporary concept und der
  • deferral method mit dem GuV-orientierten timing concept .

Das dynamische timing concept verfolgt das Ziel, den in der GuV ausgewiesenen Steueraufwand dem Jahresergebnis „anzupassen” und berücksichtigt daher ausschließlich Differenzen, die auf ergebniswirksam erfasste Sachverhalte zurückzuführen sind. Bei diesem Konzept haben latente Steuern den Charakter von Rechnungsabgrenzungsposten.

Das statische temporary concept berücksichtigt Differenzen, die sowohl auf ergebniswirksame als auch ergebnisneutrale Sachverhalte zurückzuführen sind. Die zu bilanzierenden zukünftigen Steuerbe- und -entlastungen stellen Vermögensgegenstände bzw. Schulden dar.

Sowohl die IFRS (seit 1997) als auch das HGB (nach BilMoG) verfolgen ausschließlich das statische temporary concept.

 

Tz. 5

Innerhalb des temporary concept unterscheidet man zwischen

  • temporären Differenzen, d. h. sich im Zeitverlauf steuerwirksam auflösenden Buchwertunterschieden (temporary differences), und
  • permanenten Unterschieden (permanent differences), die sich im Zeitverlauf nicht steuerwirksam auflösen.

Temporary differences entstehen durch Abweichungen zwischen dem handelsrechtlichen Bilanzansatz eines Vermögensgegenstandes, Rechnungsabgrenzungspostens oder einer Schuld und ihren korrespondierenden steuerbilanziellen Werten. Die temporary difference ergibt sich somit aus dem handelsrechtlichen Buchwert abzgl. des Steuerbilanzwerts.

Wenn auch der Gesetzeswortlauf den Begriff der permanent differences nicht kennt, wird dieser in der Praxis häufig verwendet. Solche Differenzen ergeben sich bspw. durch

  • nichtabzugsfähige Betriebsausgaben,
  • Abschreibungen auf Beteiligungen an KapGes (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG),
  • gewerbesteuerliche Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG),
  • steuerfreie Betriebseinnahmen,
  • Dividenden von Tochtergesellschaften, soweit steuerfrei,
  • (steuerfreie) Investitionszulagen.
 

Tz. 6

Auch quasi-permanente Differenzen gehören zu den temporary differences. Hierbei handelt es sich um Differenzen, die sich voraussichtlich erst nach sehr langer Zeit bzw. erst i...

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