Tz. 217

Fraglich ist, ob wegen des Rechts auf Vorwegdividende auch die deutschen Vorzugsaktien als zusammengesetzte Finanzinstrumente zu qualifizieren sind. Eine reine Fremdkapitalqualifikation scheidet von vornherein aus, da der Vorzugsaktionär hinsichtlich seiner Einlage keinen Rückzahlungsanspruch hat, sondern ihm nur ein sog. residuales Interesse auf das nach Bedienung der Verbindlichkeiten verbleibende Vermögen der Gesellschaft zusteht. Es verbleiben damit zwei Alternativen:[422]

  • Wenn die Ausschüttung einer Vorzugsdividende vom Ermessen der Gesellschaft, insbesondere von einem Hauptversammlungsbeschluss abhängig wäre, läge ein reines Eigenkapitalinstrument vor.
  • Wenn die Verpflichtung zur Zahlung der Vorzugsdividende zwar nur bedingt, aber ermessensunabhängig bestünde, insbesondere nur vom Bilanzgewinn (dem nach Dotierung der Rücklagen verbleibenden verteilungsfähigen Jahresergebnis) und nicht von dessen Ausschüttung abhängig wäre, läge ein zusammengesetztes Finanzinstrument vor (IAS 32.25 und IAS 32.AG26). Zum Zeitpunkt der Ausgabe der Aktien wäre eine Aufteilung des Emissionserlöses nach der Restwertmethode in Fremd- und Eigenkapital geboten. Aus dem Barwert der ermessensunabhängigen Vorzugsdividendenerwartung ergäbe sich dann die Fremdkapitalkomponente (IAS 32.28 ff.).[423]
[422] Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 20 Rn. 17.
[423] Ausschlaggebend ist demnach das Gesellschaftsrecht. Zur Eigen- und Fremdkapitalabgrenzung von Vorzugsaktien unter besonderer Bezugnahme auf das Gesellschaftsrecht, dabei speziell auf Satzungsbestimmung und Ergebniserwartung, Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 20 Rn. 17.

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