bb1) Transaktionen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente

 

Tz. 250

Die bilanzielle Erfassung der empfangenen Leistung durch Aktivierung eines Vermögenswerts bzw. durch eine direkte Aufwandsbuchung erfordert eine passivseitige Gegenbuchung. Nach IFRS 2.7 ist diese entsprechend der Rechtsposition, in die der Vergütungsempfänger versetzt wird, entweder im Eigen- oder im Fremdkapital vorzunehmen. Bei anteilsbasierten Vergütungstransaktionen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente schlägt sich die vom Unternehmen gewährte Vergütung bilanziell als Zuwachs des Eigenkapitals ­nieder. Bei der Gewährung von Aktien sind bilanziell das Gezeichnete Kapital und die Kapitalrücklagen zu erhöhen. Bei anderen Rechtsformen gelten diese Vorschriften analog für die jeweils relevanten Eigenkapitalpositionen. Bei der Gewährung von Aktienoptionen bleibt das Gezeichnete Kapital demgegenüber zunächst – solange die Optionen noch nicht ausgeübt wurden – unberührt. Der Wert der Optionen wird vollständig in den Kapitalrücklagen eingebucht. Kommt es bei der Vergütung von Arbeitsleistungen zu einer Streckung der Aufwandsbuchung über einen mehrjährigen Erdienungszeitraum, ist das Eigenkapital korrespondierend zu den Aufwandsbuchungen ratierlich zu erhöhen. In dieser Vorgehensweise kommt zum Ausdruck, dass – mangels Aktivierbarkeit des Anspruchs auf Arbeitsleistungen (vgl. Tz. 249) – jeweils nur der bereits erbrachte Teil der Arbeitsleistungen bilanziell erfasst wird.

Nach dem im November 2014 veröffentlichten Entwurf eines Änderungsstandards sollen anteilsbasierte Vergütungstransaktionen auch dann vollständig als Transaktionen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente klassifiziert werden, wenn das Unternehmen nur einen um die an die Steuerbehörden abzuführende Lohnsteuerschuld des Mitarbeiters reduzierten Teil der Anteile tatsächlich an den Vergütungsempfänger transferiert. Die Übernahme der Lohnsteuerschuld ist dabei – ähnlich wie bei einem Wechsel der Erfüllungsform durch das Unternehmen zugunsten einer Barauszahlung (vgl. Tz. 257) – wie ein Rückkauf eigentlich zu gewährender Anteile zu interpretieren.

 

Tz. 251

Die bei einer anteilsbasierten Transaktion mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente vorgenommenen Buchungen sind – der Klassifizierung als Eigenkapitalzugang folgend – grundsätzlich nicht mehr zu verändern. Für Transaktionen, bei denen dem Unternehmen Dienstleistungen zugehen und deren tatsächliche Ausgabe von Bedingungen abhängt, wird in IFRS 2.19–21 eine Abweichung von diesem Grundsatz festgelegt. Hiernach sind Buchungen für Eigenkapitalinstrumente, die verfallen, weil Ausübungsbedingungen, die keine Marktbedingungen sind, nicht erfüllt werden, wieder rückgängig zu machen. Zum Verständnis dieser Regelung ist es notwendig, sich die verschiedenen Arten von Ausübungsbedingungen zu vergegenwärtigen.

Ausübungsbedingungen (vesting conditions) werden in Dienstbedingungen (service condtions) und Erfolgsziele bzw. Leistungsbedingungen (performance conditions) eingeteilt. Letztere können wiederum in kapitalmarktbezogene (market conditions) und nicht kapitalmarktbezogene Leistungsbedingungen unterteilt werden.

 

BEISPIEL

Kapitalmarktbezogene Leistungsbedingungen: Ziel-Aktienkurs oder Ziel-Aktienrendite, die bei der Ausübung erreicht sein müssen; Kursentwicklung eines Vergleichsindex, die bei Ausübung überboten werden muss.

Nicht kapitalmarktbezogene Leistungsbedingungen: Gewinnziele, Vereinbarungen über Handlungsziele wie die Durchführung eines Börsengangs.

Bei dieser Abgrenzung ist zu beachten, dass kapitalmarktbezogene Leistungsbedingungen im englischen Originaltext von IFRS 2.19 eindeutig zu den Ausübungsbedingungen zählen. Die deutsche Übersetzung dieser Textziffer impliziert demgegenüber fälschlicherweise, dass Markt- und Ausübungsbedingungen begrifflich nebeneinander stehen. Die Definition im Anhang der deutschen Übersetzung stellt demgegenüber den Zusammenhang richtig dar. Die Ausführungen in diesem Abschnitt folgen der Einteilung im Originaltext.

Von den Ausübungsbedingungen abzugrenzen sind sog. Nicht-Ausübungsbedingungen. Hierbei handelt es sich um Bedingungen, die nicht in einem direkten Verhältnis zu der zu erbringenden Gegenleistung (mit den Dimensionen "Dienstzeit" und "Leistung") stehen, sondern vielmehr finanzielle Teilnahmevoraussetzung sind. Im deutschen Rechtsraum kann es sich hierbei insbesondere um die Verpflichtung handeln, eine sog. Eigeninvestment zu leisten, um an Aktienoptionsplänen teilnehmen zu dürfen.[455]

 

Tz. 252

Nach IFRS 2.21 sind kapitalmarktbezogene Leistungsbedingungen bei der Ermittlung des Optionswerts zu berücksichtigen. Werden sie nicht erreicht, hat dies keine Konsequenzen für zuvor vorgenommene Buchungen für Transaktionen mit Ausgleich durch Eigenkapitalinstrumente. Für alle anderen Ausübungsbedingungen gilt hingegen, dass die Buchungen zunächst nach IFRS 2.20 auf einer Schätzung der Ausfallquote beruhen sollen und spätere Anpassungen an die tatsächliche Ausfallquote – bis hin zu einer Ausfallquote von 100 % und damit einer vollständigen Umkehrung der Buchung – ...

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