Tz. 96
§ 272 Abs. 4 Satz 1 HGB besagt, dass für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen eine Rücklage zu bilden ist. Weil es allein um den Kapitalschutz der abhängigen Gesellschaft geht, ist in diesem Fall auf §§ 16, 17 AktG zurückzugreifen und nicht auf § 271 Abs. 2 AktG.[289] Nicht notwendig ist der Erwerb von Anteilen an einer Muttergesellschaft; es genügt, dass eine Beherrschungskette vorliegt (z. B. Enkelgesellschaft erwirbt Anteile an Muttergesellschaft). Bei welchem Unternehmen die Rücklage zu bilden ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Die h. M. will allein auf das abhängige Unternehmen Bezug nehmen (vgl. Tz. 90).[290] Jedoch ist durchaus Platz für eine Auslegung dahin, dass beim beherrschenden Unternehmen diese Rücklage zu bilden ist (vgl. Tz. 95). Für einen Ansatz beim abhängigen Unternehmen spricht der Gesetzgeberwille[291] und auch der Ansatz eines niedrigeren Rücklagebetrags, wenn der aktivierte Betrag gemindert wird (§ 272 Abs. 2 Satz 4 Var. 4 HGB). Für die vorliegend vertretene Sichtweise spricht das bereits entwickelte Verständnis des Kapitalschutzsystems (vgl. Tz. 94). Das wird vertieft durch den Gedanken, dass eine ausländische Tochtergesellschaft Anteile an der sie beherrschenden deutschen Gesellschaft erwirbt. Offensichtlich sinkt diese Tochtergesellschaft dadurch im Wert für die deutsche Muttergesellschaft, sodass Letztere und ihre Anteilseigner schützenswert sind. Außerdem wird nur so eine Korrespondenz mit dem zutreffenden Verweis von § 71d Satz 4 AktG auf § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG erreicht.
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen