aa) Unbestimmte Nutzungsdauer von immateriellen Vermögenswerten und außerplanmäßige Abschreibung

 

Tz. 437

Eine planmäßige Abschreibung über die Nutzungsdauer bedingt eine Annahme zur Länge der Nutzungsdauer. Bei Vermögenswerten mit einer unbestimmten Nutzungsdauer kann es daher keine planmäßige Abschreibung geben. Unbestimmt sind die Nutzungsdauern solcher Vermögenswerte, bei denen der Zeithorizont der Erwirtschaftung von Erträgen nicht prognostizierbar ist. Die sich logisch ergebende Schlussfolgerung aus der "Unbestimmtheit" der Nutzungsdauer ist die (ausschließliche) Berücksichtigung außerplanmäßiger Abschreibungen (IAS 38.107)).

 

Tz. 438

Bei zeitlichen Nutzungsbeschränkungen darf die für Bilanzierungszwecke festzulegende Nutzungsdauer den Zeitraum der Nutzungsbeschränkungen nicht überschreiten. Eine Ausdehnung des Zeitraums ist nur dann möglich, wenn eine Verlängerung mit lediglich unwesentlichen Kosten verbunden ist (IAS 38.94). Hinweise zur Verlängerung gesetzlicher bzw. vertraglicher Nutzungsrechte können zusätzlich aus Erfahrungen der Vergangenheit abgeleitet werden. Müssen zusätzlich Dritte zustimmen, ist ebenfalls eine Einschätzung über deren Zustimmungsverhalten vorzunehmen (IAS 38.96).

 

Tz. 439

Neben rechtlichen oder gesetzlichen Gesichtspunkten müssen auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zur Beurteilung herangezogen werden, d. h. sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer geringer ist als die rechtliche Nutzungsdauer, ist erstere anzusetzen (IAS 38.95). Die vertragliche unbeschränkte Nutzungsdauer muss von der wirtschaftlich sinnvollen unterschieden werden.

 

BEISPIEL

Stadt X erteilt Taxilizenzen mit unbestimmter Nutzungsdauer. Aufgrund der allgemeinen technologischen Entwicklung nimmt die Verbreitung von Smartphones immer stärker zu. Eine Firma entwickelt die Mitfahrservice App "Hop IN", mittels derer sich Privatpersonen problemlos und kurzfristig zur Mitfahrt verabreden können. Die Anzahl der Benutzer von "Hop IN" steigt stetig. Die effektive wirtschaftliche Nutzungsdauer einer Taxilizenz erscheint daher, bei der derzeit hohen Anzahl von Lizenzen, begrenzt. Zudem ist von einem außerplanmäßigen Abschreibungsbedarf hinsichtlich der Taxilizenz auszugehen.

 

Tz. 440

Als Folge der Einschätzung einer Nutzungsdauer als unbestimmt ist der entsprechende immaterielle Vermögenswert mindestens jährlich einem Wertminderungstest zu unterziehen (IAS 38.108) sowie die Nutzungsdauereinschätzung zu überprüfen (IAS 38.109). Eine Änderung der Nutzungsdauereinschätzung ist i. S. v. IAS 8 prospektiv vorzunehmen, d. h. ab dem Anpassungszeitpunkt ist auf Grundlage des verbleibenden Abschreibungsbetrags die zukünftige Abschreibung neu zu berechnen.

 

Tz. 441

 

BEISPIEL

Unternehmen X erwirbt im Zuge einer business combination ein Patent zu 1 Mio. EUR. Die Cashflow-Prognose beläuft sich auf 10 Jahre, wobei das Unternehmen Y das Patent nach 5 Jahren zu einem Preis von 75 % des (jetzigen) fair value erwerben möchte. X erwägt den Verkauf an Y. Die Abschreibung (50.000 EUR) erfolgt über fünf Jahre unter Beachtung des Restwerts (750.000 EUR). X überprüft zu jedem Bilanzstichtag den Restwert. Bei einer Änderung des Patentwerts sowie einer korrespondierenden Änderung des Restwerts zu einem späteren Zeitpunkt sind die Abschreibungen prospektiv anzupassen.

 

Tz. 442

 

BEISPIEL

Unternehmen X erwirbt eine Marke, welche zeitlich unbestimmt genutzt werden kann. Aufgrund zunehmenden Wettbewerbs durch Konkurrenten nimmt die Profitabilität der Marke ab. Zweifelsfrei werden sich jedoch weiterhin, wenn auch geringere Cashflows erwirtschaften lassen. Die verminderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stellt einen impairment-Indikator dar.

 

Tz. 443

 

BEISPIEL

Das Management des Unternehmens X beschließt die Nutzung der Marke Z innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu beenden, da diese Marke vermehrt ein älteres Publikum anspricht und sich der Konzern einem jüngeren Publikum zuwenden möchte. Ab dem Zeitpunkt der Entscheidung die Marke nicht mehr zu nutzen, wird diese bis zum Ende der Lebensdauer abgeschrieben. Vor Beginn der planmäßigen Abschreibung führt X einen impairment-Test durch, da die Aufgabe der Marke einen Wertminderungsindikator darstellt.

bb) Wertminderungstest für Sachanlagevermögen und immaterielle Vermögenswerte (inkl. goodwill)

 

Tz. 444

Die einschlägigen Standards für Vermögenswerte (z. B. für Sachanlagevermögen oder immaterielle Vermögenswerte) befassen sich mit der Erst- sowie der planmäßigen Folgebewertung. Bezüglich der außerplanmäßigen Abschreibung handeln die IFRS arbeitsteilig. Die Vorgaben für außerplanmäßige Abschreibungen verteilen sich auf verschiedene Standards (IAS 39, IAS 2, IAS 36). Das Sachanlagevermögen unterwirft sich in dieser Frage vollumfänglich IAS 36 (impairment of assets).[560] Vermögenswerte als Speicher von Nutzenpotenzialen und somit auch als Indikator für zukünftige Ertragsaussichten müssen regel- bzw. unregelmäßig auf ihre Werthaltigkeit, d. h. ihr Potenzial, überprüft werden. Bestätigt das Leistungspotenzial des Vermögenswerts nicht dessen Buchwert, wird eine Wertkorrektur des Buchwerts (außerplanmäßige Abschreibung) erforderlich (IAS 36.1). Die Wertminderung stellt ein Korrektiv für die gestörte Prognosefunktion de...

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