aa) Erstbewertung von Renditeimmobilien

 

Tz. 401

Eine Anlageimmobilie ist im Zugangszeitpunkt mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (IAS 40.20). Dabei ist es unerheblich, ob die Immobilie zum Zugangszeitpunkt bereits in betriebsbereitem Zustand ist oder sich noch im Bau bzw. in der Entwicklung befindet. Die Abgrenzung der aktivierbaren Anschaffungs- oder Herstellungskosten orientiert sich im Allgemeinen an den Vorgaben für Sachanlagen nach IAS 16 (vgl. Tz. 228 ff.)[530] oder Vorräte nach IAS 2 (vgl. Tz. 268 ff.). Entsprechend sind auch nicht explizit in IAS 40 geregelte Sachverhalte, so z. B. die Behandlung von Abbruchverpflichtungen, analog zu IAS 16 zu behandeln,[531] d. h. bei Bildung einer Rückstellung ohne Auswirkung auf die Gesamtergebnisrechnung zu aktivieren (IAS 16.16(c) i. V. m. IAS 37).

 

Tz. 402

Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten umfassen nach IAS 40.21 neben dem Kaufpreis auch direkt zurechenbare Transaktionskosten. Dazu zählen beispielsweise Maklerhonorare, Vermittlungsgebühren, Kosten der Rechtsberatung (auch Notariatskosten) oder Steuern i. Z. mit der Übertragung der Immobilie (z. B. Grunderwerbsteuer).

Zudem sind nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten in den Buchwert der Anlageimmobilie einzubeziehen. Diese sind zu aktivieren, wenn die Immobilie dadurch eine wesentliche Erweiterung oder Verbesserung ihres wirtschaftliche Nutzens erfährt. Bei Anlageimmobilien stellen z. B. die Erzielung höherer Mieteinnahmen, die Verminderung der Betriebskosten oder die Erweiterung der Nutzfläche einen erhöhten wirtschaftlichen Nutzen dar.

 

BEISPIEL

Ein Unternehmen erwirbt ein Bürogebäude, das zur Weitervermietung bestimmt ist. Bevor das Gebäude vermietet wird, sollen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Mit der Sanierung werden jedoch weder umfangreiche Verbesserungen an den Büroräumen vorgenommen, noch wird die Nutzfläche dadurch wesentlich erweitert.

Der Sanierungsaufwand ist als Erhaltungsaufwand in der Periode des Anfalls GuV-wirksam zu erfassen. Eine Aktivierung scheidet in diesem Fall aus.

 

Tz. 403

Erfolgt die Zahlung für eine Anlageimmobilie zeitverzögert, ist der Barwert des Kaufpreises als Anschaffungs- oder Herstellungskosten heranzuziehen. Der Differenzbetrag zwischen dem Barwert und den zu leistenden Gesamtzahlungen ist als Zinsaufwand über das Zahlungsziel zu verteilen (IAS 40.24).

Die Finanzierungskosten einer Anlageimmobilie sind nach den Regelungen des IAS 23 als Transaktionskosten zu aktivieren, wenn die Kriterien eines qualifizierten Vermögenswerts (qualifying asset) erfüllt werden. Dies dürfte insbesondere bei Grundstücken jedoch i. d. R. nicht in Betracht kommen, da diese grundsätzlich in betriebsbereitem Zustand – abgesehen von Parzellierungen oder Erschließungen – angeschafft werden.[532] Wird die Anlageimmobilie in den Folgejahren nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts bewertet (vgl. Tz. 412 ff.), besteht nach IAS 23.4 ein Wahlrecht zur Aktivierung der Finanzierungskosten. Wird das Wahlrecht nicht in Anspruch genommen, sind die Finanzierungskosten GuV-wirksam zu erfassen. Das Aktivierungswahlrecht ist stetig auszuüben.

 

Tz. 404

Die Anschaffungskosten einer Anlageimmobilie sind um etwaige Anschaffungspreisminderungen zu ­kürzen.

Erhält das Unternehmen Zuwendungen der öffentlichen Hand, d. h. werden staatliche Zuschüsse gewährt, ist IAS 20 einschlägig. Nach IAS 20.24 können die Zuwendungen entweder als passivischer Abgrenzungsposten angesetzt und GuV-wirksam über die Nutzungsdauer der Anlageimmobilie verteilt, oder direkt von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Immobilie abgesetzt werden. Durch die verminderte Abschreibung ergibt sich in diesem Fall ein vergleichbarer Ergebniseffekt wie bei der Passivierung des Abgrenzungspostens.

 

Tz. 405

IAS 40.23 definiert zudem bestimmte Kosten, die nicht den Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Anlageimmobilie zuzurechnen sind:

  • Anlaufkosten – es sei denn, diese werden dazu benötigt, die Anlageimmobilie in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen –,
  • anfängliche Betriebsverluste, die vor Erreichung der geplante Belegungsquote anfallen, oder
  • ungewöhnlich hohe Materialabfälle, Personalkosten oder andere Ressourcen, die bei der Erstellung oder Entwicklung der Anlageimmobilie anfallen.
 

Tz. 406

Geleaste Immobilien, die vom Leasingnehmer als Anlageimmobilie klassifiziert und bilanziell erfasst werden, sind gem. IAS 40.25 beim Erstansatz nach den Regelungen des IAS 17.20 zu behandeln (vgl. Tz. 256 ff.). Dies gilt auch, wenn der Leasingnehmer das in Kapitel 5 beschriebene Wahlrecht in Anspruch nimmt (vgl. Kapitel 5 Tz. 165), eine im Rahmen eines Operating-Leasingverhältnisses geleaste Immobilie als Anlageimmobilie zu klassifizieren und zu bilanzieren. Der Wertansatz der Immobilie beim Leasingnehmer entspricht damit ihrem beizulegenden Zeitwert oder dem niedrigeren Barwert der Mindestleasingzahlungen. Zudem hat der Leasingnehmer in gleicher Höhe eine Schuld zu passivieren. In die Mindestleasingzahlungen sind dabei auch geleistete Sonderzahlungen ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge