Tz. 207

Ebenfalls unter Abs. 2 fallen gem. Abs. 2 Satz 3 sonstige Rentenverpflichtungen, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Sie sind als Verbindlichkeiten auszuweisen, jedoch wie Rückstellungen abzuzinsen. Einzelheiten sind hier umstritten. Überwiegend wird vertreten, dass unter Abs. 2 Satz 3 nur solche Rentenverbindlichkeiten fallen, die Rückstellungscharakter haben, also unsicher sind.[441] Dies ist mit dem Wortlaut der Norm nicht vereinbar, denn Abs. 3 Satz 2 verwendet ausdrücklich den Begriff "Verbindlichkeiten" im Gegensatz zu den in Abs. 2 Satz 1 und 2 genannten "Rückstellungen".[442] Bei wortlautgetreuer Anwendung wäre daher wie folgt zu verfahren:

  • Der Höhe nach unsichere Verpflichtungen

    • Abzinsung grundsätzlich nach Abs. 2 Satz 1 (durchschnittlicher Marktzins der letzten 7 Jahre)
    • im Falle von Altersversorgungsverpflichtungen Abzinsung nach Abs. 2 Satz 2 (pauschale Abzinsung mit durchschnittlichem Marktzins bei unterstellter Restlaufzeit von 15 Jahren)
  • Sichere Rentenverpflichtungen, für die keine Gegenleistung zu erwarten ist

    • Abzinsung nach Abs. 2 Satz 1
    • im Falle von Rentenverpflichtungen für frühere Arbeitnehmer nach Abs. 2 Satz 2
 

Tz. 208

Erwogen wird jedoch eine teleologische Reduktion des Abs. 2 Satz 3.[443] Denn die pauschalierte Abzinsung führe zu fehlerhaften Ergebnissen, wenn für die Rentenverpflichtung ein fester Zinssatz vereinbart sei.

 

BEISPIEL

Ein Einzelkaufmann A hat sein Unternehmen in eine GmbH eingebracht. Die GmbH verpflichtet sich, dem A fortan als Gegenleistung eine jährliche Rente zu zahlen. Die Rentenverpflichtung kann jedoch gekündigt und zum Barwert abgelöst werden, wobei eine Lebenserwartung von 80 Jahren und ein Zinssatz von 6 % gelten soll.

 

Tz. 209

Hier divergiert bei wortlautgetreuer Anwendung die Höhe der Schuld abhängig davon,

  • ob es sich um eine Rente zur Abgeltung früherer Leistungen als Arbeitnehmer handelt (Abzinsung nach Abs. 2 Satz 1),
  • oder ob die Schuld lediglich eine Verrentung des Kaufpreises für das Unternehmen darstellt (Abzinsung nach Abs. 2 Satz 2),
  • ob das Kündigungsrecht ausgeübt wird oder nicht (im Falle der Ausübung 6 %).

Die Anwendungsprobleme reduzieren sich faktisch auf den letzten Punkt. Denn eine Rente für frühere Arbeitnehmer fällt schon deshalb nicht unter Abs. 2 Satz 3, weil solche Versorgungsverpflichtungen auch nach Eintritt der Unverfallbarkeit unter den Rückstellungen auszuweisen sind, da sie auch jetzt der Höhe nach noch nicht feststehen und weiterhin von biometrischen Daten abhängen. Sie sind daher direkt nach Maßgabe des Abs. 2 Satz 2 abzuzinsen, ohne dass es des Umweges über Abs. 2 Satz 3 bedarf.[444] Folgt man der Gegenansicht,[445] ergibt sich über die Verweisung nichts anderes. Andere Rentenverpflichtungen ohne Zinsvereinbarung, etwa wegen Verrentung eines Kaufpreises, sind nach Abs. 2 Satz 1 mit dem durchschnittlichen Zins der letzten sieben Geschäftsjahre zu bewerten.

Der verbleibende Fall einer abweichenden Zinsvereinbarung ist ohne eine teleologische Reduktion zu lösen. Der Gesetzgeber beabsichtigte eine Vereinheitlichung der Abzinsungssätze mit der Schaffung des Abs. 2 Satz 3.[446] Die wenigen verbleibenden Fälle sind daher nach Maßgabe des Abs. 2 Satz 1 wie Rückstellungen abzuzinsen.

[441] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 253 HGB Rn. 119; Schubert, in: BeckBilKo, § 253 HGB Rn. 185.
[442] Ekkenga, in: KK-RechnR, § 253 HGB Rn. 71.
[444] Ekkenga, in: KK-RechnR, § 253 HGB Rn. 86.
[445] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 253 HGB Rn. 119.
[446] BT-Drucks. 16/10067, 55.

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