Tz. 203

Für Altersversorgungsverpflichtungen gilt zunächst gem. § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB ein abweichender Betrachtungszeitraum für die Ermittlung des Zinssatzes, mit dem sie abzuzinsen sind. Statt 7 Jahre beträgt dieser 10 Jahre, wobei der daraus resultierende Effekt einer Ausschüttungssperre gem. § 253 Abs. 6 HGB unterliegt (zur zeitlichen Anwendbarkeit vgl. Tz. 79). Zudem dürfen Altersversorgungsverpflichtungen gem. § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB mit einem einheitlichen Zinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Im Gegensatz zu sonstigen Rückstellungen bedarf es daher für die Ermittlung des zutreffenden Zinsfußes keiner auf die einzelne Rückstellung bezogene Ermittlung der Restlaufzeit. Dies hat den Zweck, die Rückstellungsbewertung zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Teilweise wird der Regelung auch der Zweck beigemessen, dem Prinzip der Bilanzwahrheit zur Geltung zu verhelfen. Die einheitliche Bewertung folge dem "Gesetz der großen Zahl" und bilde die massenhaft schwebenden Pensionsverpflichtungen in ihrer Gesamtheit im Zweifel zutreffender ab als dies bei rückstellungsspezifischer Ermittlung der Restlaufzeit der Fall wäre.[440]

 

Tz. 204

Betont man diesen zuletzt genannten Aspekt, stellt sich die Frage, ob die Vorschrift tatsächlich ein Wahlrecht gibt, wie es dem Wortlaut nach anzunehmen ist. Der Verwirklichung der Bilanzwahrheit würde ein Wahlrecht abträglich sein. Der Gesetzgeber hat aber auch in der Gesetzesbegründung zum BilMoG davon gesprochen, dass die Anwendung des pauschalen Zinssatzes "erlaubt" werde und sie im Übrigen unter den Vorbehalt gestellt, dass dadurch die Vermögens-, Finanz und Ertragslage nicht verzerrt dargestellt werde. Insofern ist von einem echten Wahlrecht auszugehen.

 

Tz. 205

Der durchschnittliche Zinssatz für die unterstellte Restlaufzeit von 15 Jahren ist auf Grundlage der von der Bundesbank veröffentlichten Abzinsungssätze für Rückstellungen zu ermitteln. Insofern gelten gegenüber anderen Rückstellungen keine Besonderheiten.

 

Tz. 206

Für den Effekt, der aus der Anwendung eines anderen Zinsatzes bei der Abzinsung von Pensionsrückstellungen resultiert, besteht gem. § 253 Abs. 6 HGB eine Ausschüttungssperre. Der gegenüber sonstigen Rückstellungen veränderte Abzinsungszinsatz für Pensionsverpflichtungen soll Unternehmen während der Niedrigzinsperiode eine Erleichterung verschaffen. Denn schon ein Rückgang des Zinssatzes um 0,5 % zieht typischer weise eine Erhöhung der Rückstellung zwischen 7 und 9 Prozent nach sich. Da sich der aus dem sinkenden Kapitalmarktzinssatz resultierende Aufwand durch die Verlängerung des Betrachtungszeitraums nur verschiebt, darf der Ertrag, der aus der Anwendung des Zinsatzes aus einem Betrachtungszeitraum von 10 Jahren statt aus einem Betrachtungszeitraum von 7 Jahren nicht ausgeschüttet werden, außer es stehen entsprechende frei verfügbaren Rücklagen oder Gewinnvorträge zur Verfügung. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie in einer "Schattenrechnung" auch die Rückstellungsdotierung auf Grundlage des siebenjährigen Betrachtungszeitraums berechnen müssen.

[440] Ekkenga, in: KK-RechnR, § 253 HGB Rn. 77; Winnefeld, Bilanz-Hdb., Kapitel E Rn. 1630.

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