Tz. 61

Vermögenswerte und Schulden sind nach den am Bilanzstichtag bestehenden Ver­häl­t­nissen zu bewerten. Wert­be­einflussende Ereignisse nach dem Bilanzstichtag sind nicht zu be­rücksichtigen. Das folgt aus IAS 10, der zwischen wertaufhellenden (adjusting events) und wert­begründenden Ereignissen (non-adjusting events) differenziert (im Einzelnen vgl. Kapitel 4 und vgl. Kapitel 19). Wertaufhellende Tatsachen über die Verhältnisse am Bilanzstichtag sind bei der Bewer­tung zu berücksichtigen. Bezogen auf den Anhang enthält IAS 10.21 eine Durchbrechung des Stichtagsprinzips. Die Wertverhältnisse erst nach dem Bilanzstichtag beeinflussende Tat­sa­chen sind im Anhang darzustellen, wenn sie für die Abschlussadressaten auch nach dem Abschlussstichtag wesentlich und relevant sind. Regelbeispiele dafür enthält IAS 10.22.

 

Tz. 62

IAS 10.3 grenzt wertaufhellende und wertbegründende Ereignisse voneinander ab und umgrenzt den Wertaufhellungszeitraum. Bei der Bewertung sind nach dem Abschlussstichtag bis zur Genehmigung der Veröffentlichung des Abschlusses eintretende Ereignisse zu berücksichtigen, die substanzielle Hinweise auf die Wert­verhältnisse liefern, die am Abschlussstichtag bestanden haben.

IAS 10.4–.6 konkretisiert und modifiziert das Ende des Wertaufhellungszeitraums. In den Fällen in denen den Eigentümern der Abschluss zur Genehmigung vorzulegen ist, endet der Wertauf­hel­lungs­zeitraum mit der Genehmigung des Abschlusses zur Vorlage an die Eigentümer. IAS 10.6 regelt das Ende des Wertaufhellungszeitraums für zweigliedrige Leitungsstrukturen (Vorstand/Geschäfts­führung und Aufsichtsrat). Danach endet der Wertaufhellungszeitraum mit der Genehmigung des Abschluss zur Vorlage an den Aufsichtrat. Bei eingliedrigen Leitungsorgangen endet der Wertauf­hellungszeit­raum mit dem Beschluss des Verwaltungsrats. Bei der GmbH und den Personenhandels­gesell­schaften, bei denen nach Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführer den Abschluss erstellen und die Gesellschafterversammlung den Abschluss feststellt, endet der Wertaufhellungs­zeit­raum nach IAS 10.5 mit der Genehmigung des Abschluss zur Vorlage an die Gesellschafter durch die Geschäftsführer.[167]

 

Tz. 63

 

BEISPIEL 1

Zweigliedrige Leitungsstruktur, SE, AG, KGaA, eG, VVaG und GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat

 
Bilanzstichtag 31.12.X0
Erstellung des Abschlusses durch den Vorstand 15.02.X1
Abschluss der Prüfungshandlungen des Abschlussprüfers 15.03.X1
Genehmigung des Abschlusses zur Vorlage an den Aufsichtsrat 20.03.X1
Testat des Abschlussprüfers 21.03.X1
Genehmigung des Abschluss durch den Aufsichtsrat 25.03.X1
Der Wertaufhellungszeitraum endet nach IAS 10.6 am 20.03.X1  
 

BEISPIEL 2

Eingliedrige Leitungsstruktur, SE

 
Bilanzstichtag 31.12.X0
Erstellung des Abschlusses durch den geschäftsführenden Direktor 15.02.X1
Abschluss der Prüfungshandlungen des Abschlussprüfers 15.03.X1
Genehmigung des Abschluss zur Vorlage an den Verwaltungsrat 20.03.X1
Testat des Abschlussprüfers 21.03.X1
Genehmigung des Abschlusses durch den Verwaltungsrat 25.03.X1
Der Wertaufhellungszeitraum endet nach IAS 10.5 am 25.03.X1  
 

BEISPIEL 3

Feststellung des Abschlusses durch die Gesellschafterversammlung, GmbH und Personen­handelsgesellschaften ohne fakultativen Aufsichtsrat

 
Bilanzstichtag 31.12.X0
Erstellung des Abschlusses durch die Geschäftsführer 15.02.X1
Abschluss der Prüfungshandlungen des Abschlussprüfers 15.03.X1
Genehmigung des Abschluss zur Vorlage an die Gesellschafterversammlung 20.03.X1
Testat des Abschlussprüfers 21.03.X1
Genehmigung des Abschlusses durch die Gesellschafter 25.03.X1
Der Wertaufhellungszeitraum endet nach IAS 10.5 am 25.03.X1  
 

Tz. 64

IAS 10.8 wiederholt die Berücksichtigungspflicht werterhellender Erreignisse. IAS 10.9 regelt materiell und durch Beweisregeln die Berücksichtigung der Beilegung von Rechts­streitigkeiten, der Insolvenz eines Vertragspartners und die Verwertung von Erkenntnissen bei der Abschlusserstellung für die Wertermittlung zum Bilanzstichtag.

 

Tz. 65

 

BEISPIEL 1

Beendigung eines Vermögensrechtsstreits

Nach IAS 10.9(a) ist eine Gerichtsentscheidung oder ein Gerichtsvergleich bezogen auf Verbind­lichkeiten als werterhellendes Ereignis zu berücksichtigen. IAS 10.9(a) regelt nicht den umgekehrten Fall einer im Wertaufhellungszeitraum bestätigten zuvor der Höhe nach zweifelhaften Forderung des Unternehmens. Weil das Vorsichtsprinzip nach IFRS als Sorgfaltsprinzip zu verstehen ist, das keine unterschiedliche Behandlung ungünstiger und günstiger werterhellender Ergeignisse erlaubt, ist aber auch die Beendigung eines gerichtlichen Verfahrens im Wertaufhellungszeitraum mit der Entschei­dung über das Bestehen einer Forderung des Unternehmers als werterhellendes Ereignis für den Bilanzstichtag zu berücksichtigen.[168]

 

BEISPIEL 2

Insolvenz eines Vertragspartners und Eingänge auf Forderungen

Nach IAS 10.9(b)(i) muss die Einleitung eines Insolvenzverfahrens nach dem Bilanzstichtag zwin­gend als werterhellenden Ereignis bei der Wertermittlung zum Bilanzsticht...

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