cc1) Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen

 

Tz. 102

Die Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen richtet sich nach § 247 Abs. 2 HGB. Sie ist für die Folgebewertung von Vermögensgegenständen relevant, weil für das Anlagevermögen § 253 Abs. 3 HGB gilt, für das Umlaufvermögen hingegen § 253 Abs. 4 HGB. § 247 Abs. 2 HGB bestimmt, dass Anlagevermögen solche Vermögensgegenstände sind, die dauerhaft dem Geschäftsbetrieb des Kaufmanns zu dienen bestimmt sind. Liegt diese Zweckbestimmung nicht vor, sind sie dem Umlaufvermögen zuzurechnen. Maßgeblich für den Beurteilungszeitpunkt ist der jeweilige Bilanzstichtag.[248] Indiz für die Einordnung als Anlagevermögen die Möglichkeit, einen Vermögensgegenstand mehrfach nutzen, ihn also gebrauchen zu können. Güter, die zum Verbrauch bestimmt sind, werden regelmäßig dem Umlaufvermögen zuzuordnen sein (näher dazu vgl. Kapitel 6).

cc2) Direkte und indirekte Abschreibungen

 

Tz. 103

Abschreibungen sind grds. in direkter Form vorzunehmen, d. h. durch Wertberichtigung des konkreten Vermögensgegenstandes auf der Aktivseite. Das ist für Kapital- und ihnen gleichgestellte Gesellschaften nach § 286 Abs. 2 HGB zwingend vorgesehen. Teilweise wird für andere Kaufleute auch ein Wahlrecht zum Ansatz entsprechender Passivposten anerkannt.[249] Dem Geist des BilMoG entspricht es indessen eher, ein solches Wahlrecht in der Darstellung nicht zuzulassen, da der Gesetzgeber seither Wahlrechte reduzieren möchte.[250]

[249] ADS, § 523 HGB Rn. 353; Kleindiek, in: GroßKo-HGB, § 253 HGB Rn. 79.
[250] Wie hier Ekkenga, in: KK-RechnR, § 253 HGB Rn. 87.

cc3) Gegenstand der Abschreibung

 

Tz. 104

Objekt der Abschreibung ist jeder einzelne Vermögensgegenstand (zur Abgrenzung einzelner Vermögensgegenstände vgl. Kapitel 5 Tz. 30 ff.). Planmäßig abzuschreiben sind nur Vermögensgegenstände, die abnutzbar sind. Das sind bspw. Häuser, nicht aber Grundstücke, die folglich nur außerplanmäßigen Abschreibungen unterliegen. Der derivativ erworbene Geschäfts- oder Firmenwert gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand (vgl. § 246 Abs. 1. Satz 4 HGB) und ist daher ebenfalls abzuschreiben. Zum Ansatz vgl. Kapitel 5 Tz. 39 ff.

cc4) Komponentenansatz

 

Tz. 105

Diskutiert wird aber, ob auch einzelne Komponenten eines Vermögensgegenstandes abgeschrieben werden können. Das betrifft in erster Linie zusammengesetzte Güter wie Gebäude und Anlagen, die einen einheitlichen Vermögensgegenstand bilden, dessen einzelne Teile aber unterschiedlich lang nutzbar sind. Das IDW hält eine komponentenweise Abschreibung für möglich (Wahlrecht), wenn physisch trennbare Teile eines Vermögensgegenstandes ausgetauscht werden, die im Verhältnis zum ganzen Vermögensgegenstand wesentlich sind. Dieser Vorgang sei erfolgsneutral, weil die Ersatzkomponenten als nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten einzubuchen seien.[251] Grund für die Anwendung des Komponentenansatzes ist, dass im Zuge des BilMoG das Wahlrecht zur Bildung von Aufwandsrückstellungen gem. § 249 Abs. 1 Satz 3 HGB a. F. aufgehoben wurde. Eine Periodisierung dieser Innenverpflichtungen ist seither nicht mehr möglich.

 

Tz. 106

Entgegen vielfach vertretener Auffassung[252] ist dieser Komponentenansatz in der vom IDW vorgeschlagenen Form abzulehnen. Anders als oft behauptet,[253] wollte der Gesetzgeber mit der Aufhebung des § 249 Abs. 1 Satz 3 HGB a. F. nicht nur eine Annäherung an die IFRS erreichen, sondern Wahlrechte insgesamt verringern, dem Eigenkapitalcharakter von Aufwandsrückstellungen Rechnung tragen und die erforderlichen Aufwendungen periodengerecht erfassen.[254] Die Problematik wurde noch während des Gesetzgebungsverfahrens in der Literatur diskutiert, vom Gesetzgeber aber letztlich nicht nachvollzogen.[255] Zutreffend erscheint es daher, nur im Abschreibungsplan für den Vermögensgegenstand die unterschiedliche Nutzungsdauer der Komponenten angemessen zu berücksichtigen. Das kaufmännische Ermessen beim Abschreibungsplan lässt dies teilweise zu.[256] Darauf läuft, soweit es um Abschreibungen geht, auch der Vorschlag des IDW hinaus. Es geht jedoch nicht an, im Gegenzug Anschaffungs- oder Herstellungskosten unabhängig davon zu aktivieren, ob die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen.[257] Regelmäßig werden diese nicht erfüllt sein.[258] Denn die Abschreibung führt nicht zum vollständigen Verzehr des Vermögensgegenstandes (dazu § 255 HGB, vgl. Tz. 678 ff.), sondern eben nur der einzelnen Komponenten. Allein das Interesse an aufwandsglättender Periodisierung rechtfertigt die Gegenansicht nicht.

 

BEISPIEL

Eine Fertigungseinheit mit Anschaffungskosten von 100 besteht aus fünf Komponenten mit dem Wert von jeweils 20. Komponent 1 muss, anders als die übrigen, bereits nach 5 anstelle von 10 Jahren ausgetauscht werden. Dabei wird das Unternehmen 25 aufwenden müssen. Zur Vereinfachung ist davon auszugehen, dass der Anschaffungsvorgang am 01.01. stattgefunden hat; es handelt sich um Werte per 31.12.

Komponentenansatz (nach IDW-Vorgabe):

 
Jahr Wert K 1 Abschreibung K1 Wert K 2–4 Abschreibung K 2–4 Buchwert VG Abschreibung VG gesamt
1 16 4 72 8 88 12
2 12 4 64 8 7...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge