cc1) Ansatzpflicht oder -wahlrecht in Abhängigkeit der gewählten Versorgungsart gem. Art. 28 Abs. 1 Satz EGHGB

 

Tz. 189

Eine Ansatzpflicht besteht für Direktzusagen, für deren Erfüllung der Versprechende (in der Regel also der Arbeitgeber) selbst einsteht (unmittelbare Altersversorgungsverpflichtungen). Anders ist es hingegen grds. für mittelbare Altersversorgungsverpflichtungen. Gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB besteht insofern ein Ansatzwahlrecht, obwohl das versprechende Unternehmen auch für mittelbare Altersversorgungsverpflichtungen haftet.[422] Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB formuliert, für mittelbare Pensionsverpflichtungen "braucht eine Rückstellung in keinem Fall gebildet zu werden". Damit ist zunächst geklärt, dass für mittelbare Altersversorgungsverpflichtungen keine Ansatzpflicht besteht. Ob aber in jedem Falle die Möglichkeit eröffnet ist, wegen einer mittelbaren Versorgungszusage eine Rückstellung zu bilden, ist offen. Das Schrifttum spricht sich dagegen aus. Von einer mittelbaren Pensionsverpflichtung im Sinne der Norm könne nur ausgegangen werden, wenn das Erfüllungsrisiko aus der Versorgungszusage nach versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip nicht ausgeglichen sei.[423] Mittelbare Pensionsverpflichtungen i. S. d. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB liegen daher nur vor im Falle

  • der Versorgung über eine Unterstützungskasse,
  • der Versorgung über einen Pensionsfond.

Beide unterliegen nicht der strengen Versicherungsaufsicht und verfügen regelmäßig nicht über ausreichendes Kapital, um die Versorgung durchweg abdecken zu können. In Falle der Versorgung über Direktversicherungen und Pensionskassen ist hingegen das Risiko einer Ausfallhaftung so gering, dass eine mittelbare Verpflichtung, die zur Rückstellungsbildung berechtigt, nicht vorliegt.

[422] Kritisch zur Beibehaltung des Wahlrechts deshalb Heger/Weppler, in HdJ, Kapitel III/7 Rn. 55.
[423] Ekkenga, in: KK-RechnR, § 253 HGB Rn. 81; Heger/Weppler, in: HdJ, Kapitel III/7 Rn. 70.

cc2) Berechnungsgrundlagen

 

Tz. 190

Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen sind wie andere Rückstellungen auch mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zu erwartenden Erfüllungsbetrag anzusetzen. Dementsprechend ist die künftige Preis- und Kostenentwicklung zu berücksichtigen. Übertragen auf Altersversorgungsverpflichtungen bedeutet dies, dass die erforderliche Schätzung insbesondere künftige Lohn-, Gehalts- und Rententrends berücksichtigen muss.[424] Die Berücksichtigung dieser Entwicklungen setzt aber – wie stets bei der Rückstellungsbewertung – voraus, dass hinreichend objektive Anhaltspunkte für die fragliche Entwicklung existieren. Externe singuläre Ereignisse müssen unberücksichtigt bleiben.[425]

 

Tz. 191

Das Gesetz macht keine näheren Vorgaben, wie im Falle von Altersversorgungsverpflichtungen die Höhe der Rückstellung zu ermitteln ist. Praktisch ergeben sich jedoch gewisse Bewertungsparameter, die zu beachten sind:[426]

  • die Höhe der versprochenen Rente (entweder als Festbetrag oder als Prozentsatz des zuletzt erreichten Brutto-Monatsverdienstes)
  • der Diskontierungszinsfuß
  • das Renteneintrittsalter
  • die biometrischen Annahmen wie z. B. das voraussichtliche Sterbealter, die Wahrscheinlichkeit möglicher Invalidität, mögliche Witwen- oder Witweransprüche oder die Erforderlichkeit der Versorgung möglicher Waisen nach dem Todesfall der Leistungsberechtigten
  • Fluktuation der Arbeitnehmer

Die Ermittlung der Rückstellungshöhe bestimmt sich auf Grundlage der vorstehend genannten Kriterien nach versicherungsmathematischen Verfahren.

 

Tz. 192

Zu berücksichtigen sind dabei zum einen Lohn- und Gehaltstrends, soweit die Rentenhöhe als Prozentwert an das gezahlte Entgelt gebunden ist. Das ist zum einen der allgemeine Gehaltstrend, zum anderen die aufgrund der Karriereentwicklung zu erwartende Steigerung.[427] Auch hierbei gilt jedoch, dass objektive Anhaltspunkte vorliegen müssen. Insoweit kommen insbesondere Erfahrungswerte aus der Vergangenheit in Betracht.[428]

 

Tz. 193

Praktisch wird zur Ermittlungen der erforderlichen biometrischen Daten häufig zurückgegriffen auf die Richttafeln von Heubeck. Die ihnen zugrunde liegenden Verfahren entsprechen nach der Rechtsprechung des BFH den Anforderungen, die an die Wertermittlung von Pensionen zu stellen sind.[429] Teilweise kann es erforderlich sein, die auf Grundlage dieser Tafeln ermittelten Werte zu modifizieren. Das gilt insbesondere dann, wenn tatsächliche Umstände darauf hindeuten, dass die Annahmen in den Heubeck-Richttafeln für das konkrete Unternehmen nicht zutreffen. Dies kann beispielsweise darauf beruhen, dass die Scheidungsrate höher ist und daher mit geringeren Ansprüchen auf Witwen- bzw. Witwerrenten zu rechnen ist.[430] In der Regel liegen aber keine validen statistischen Erkenntnisse für einzelne Unternehmen vor, sodass es bei der Anwendung der Heubeck-Tafeln bleiben kann.[431]

 

Tz. 194

Die Ermittlung der Mitarbeiterfluktuation ist wesentlich für die Frage, wie viele Mitarbeiter mit einem unverfallbaren Anspruch auf Altersversorgung aus dem Unternehmen ausscheiden. Die Unverfallbarkeit richtet sich nach §§ 1b, I, 30 f BetrAVG. Das IDW erachtet eine ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge