aa) Unterscheidung zwischen Leasingnehmer und -geber

 

Tz. 256

Für Zwecke der bilanziellen Zurechnung bei Leasinggeschäften wird zwischen einem finance und einem operating lease unterschieden. Als Bilanzierungsfolge werden finance leases wie Vermögenswertkäufe behandelt und damit, inklusive der korrespondierenden Verbindlichkeit, in der Bilanz des Leasingnehmers ausgewiesen (IAS 17.20 ff.). Im Unterschied dazu unterbleibt der bilanzielle Ausweis beim operating lease. Die Darstellung begrenzt sich auf den periodisch anfallenden Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung (IAS 17.33).

 

Tz. 257

Die Differenzierung beruht im Wesentlichen auf der Verteilung der Chancen und Risiken des Leasingobjekts zwischen den Leasingparteien.[467] Je größer die Risikoabsorption, betreffend das Leasingobjekt, beim Leasingnehmer liegt, desto eher muss dieser den Vermögenswert bilanzieren. Zur Zurechnung hält IAS 17 eine Reihe von Kriterien bereit, die sich im Kern genau mit der Risikoverteilung, im Prinzip mit der Übernahme des Amortisationsrisikos, beschäftigen (zur Darstellung im Detail vgl. Kapitel 5 Tz. 290).

[467] Weller/Schubert, PiR 2012, S. 386 (386).

bb) Bewertung beim Leasingnehmer

 

Tz. 258

Zu Beginn des Leasingverhältnisses (at inception) kategorisieren die Leasingparteien das Leasingverhältnis als finance oder operating lease. Bei einem finance lease bilanziert der Leasingnehmer den Vermögenswert. Mit Beginn des Nutzungsverhältnisses wird dieser Vermögenswert und eine Leasingverbindlichkeit eingebucht. Deren Höhe bestimmt sich anhand des niedrigeren Werts aus Barwert der Mindestleasingzahlungen und fair value des Vermögenswerts (IAS 17.20), somit definiert der fair value eine Bewertungsobergrenze.

 

Tz. 259

Die Folgebewertung konzentriert sich auf

  • einen Vermögenswert sowie
  • eine Leasingverbindlichkeit.

Die Folgebewertung des Vermögenswerts orientiert sich an den Vorschriften von IAS 16, d. h. die Bewertung kann sowohl anhand der Neubewertungsmethode als auch anhand der fortgeführten Anschaffungskosten (vgl. Tz. 237) erfolgen. Bei Verwendung der fortgeführten Anschaffungskosten ist die Abschreibung des Vermögenswerts über die Leasinglaufzeit vorzunehmen, sofern nicht der Eigentumsübergang des Vermögenswerts hinreichend sicher ist und damit die längere wirtschaftliche Nutzungsdauer herangezogen werden muss (IAS 17.28). Dies könnte zum Beispiel bei einem Spezialleasing indiziert sein. Bei unplanmäßiger Abnutzung kann auch eine Wertminderung im Sinne des IAS 36 einschlägig sein. Hinsichtlich der dahingehend geltenden Regelungen vgl. Tz. 444.

 

Tz. 260

Die Folgebewertung der Leasingverbindlichkeiten unterscheidet zwischen Finanzierungskosten und Tilgung der Leasingverbindlichkeit (IAS 17.25). Die in der Gewinn- und Verlustrechnung als Zinsaufwand auszuweisenden Zinszahlungen (Finanzierungkosten) sind unter Berücksichtigung einer gleichbleibenden Verzinsung auf die Perioden zu verteilen. Der Restbetrag (Leasingzahlung abzüglich der Zinszahlungen) entspricht dem Tilgungsbetrag der Leasingverbindlichkeit.

 

Tz. 261

Verbleibt neben dem zivilrechtlichen Eigentum auch das wirtschaftliche Eigentum beim Leasinggeber und führt infolgedessen die Klassifizierung des Leasingverhältnisses zu einem operating lease, bleibt die Bilanz des Leasingnehmers zu Beginn des Leasingverhältnisses unberührt. Aus Sicht des Leasingnehmers besteht ein Mietverhältnis über den Leasinggegenstand, bei dem dieser Leasingraten für die Nutzung bezahlt. Künftige Leasingzahlungen laufen über die Laufzeit des Leasingverhältnisses linear als Aufwand der Periode durch die GuV, es sei denn eine andere systematische Abbildung spiegelt den zeitlichen Verlauf der Nutzung besser wider (IAS 17.33). Denkbar wäre in diesem Zusammenhang bspw. eine degressive Inanspruchnahme des Nutzungspotenzials des Leasinggegenstands. In einem solchen Fall stimmen die Zahlungsmodalitäten nicht mehr mit der aufwandswirksamen Abbildung der Nutzung des Leasinggegenstands überein. In der Folge entsteht ein Unterschiedsbetrag zwischen Grenzauszahlungen und Grenzaufwendungen. Der Unterschiedsbetrag wird bilanziell durch Erfassung eines sonstigen Vermögenswerts oder einer sonstigen Verbindlichkeit abgebildet. Analog bzw. umgekehrt erfolgt auch eine Erfassung einer sonstigen Verbindlichkeit oder eines sonstigen Vermögenswerts beim Leasinggeber.

Im Allgemeinen sollen gemäß IAS 17.50 die Aufwendungen in Form von Leasingraten dabei spiegelbildlich zu der ertragswirksamen Vereinnahmung der Leasingzahlungen des Leasingnehmers beim Leasinggeber erfasst werden.

 

Tz. 262

Gewährt der Leasinggeber dem Leasingnehmer Vorteile bei Abschluss des Leasingverhältnisses, sind Anreizvereinbarungen des Leasinggebers periodengerecht zu verteilen. Hintergrund ist die konzeptionelle Forderung einer accrual basis of accounting in den IFRS (IAS 1.25). Beispiele für solche Anreizvereinbarungen können Barzahlungen an den Leasingnehmer oder die Rückerstattung bzw. Übernahme von Kosten des Leasingnehmers durch den Leasinggeber (wie Verlegungskosten, Mietereinbauten etc.) sein. Es kann hingegen auch vereinbart werden, dass in de...

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