Tz. 622

Im Falle von gesicherten Beschaffungs- und Absatzgeschäften stellt sich die Frage, wie bzw. wann die Anschaffungskosten und das Sicherungsmittel bilanziell zu erfassen sind. Praktisch ist in erster Linie die Absicherung gegen Währungsschwankungen relevant.

 

BEISPIEL[730]

Die X-AG verpflichtet sich am 01.11.01 in einen Kaufvertrag mit einem US-amerikanischen Lieferanten zur Abnahme von Waren zu 10.000 USD. Diese werden am 01.02.02 geliefert und sind laut Kaufvertrag auch an diesem Tag zu bezahlen. Zur Absicherung des Währungsrisikos schließt die X-AG ein Divisentermingeschäft mit ihrer Bank ab.

  • Kurs am 01.11.01: 1 EUR/1 USD
  • Kurs am 01.01.02: 0,95 EUR/1 USD
  • Kurs am 01.02.02: 0,95 EUR/1 USD

Zum Stichtag 31.12.01 bucht die X-AG das Beschaffungsgeschäft nicht, da es sich um ein schwebendes Geschäft handelt. Nach allgemeinen Regeln müsste sie aber eine Rückstellung bilden, weil aus dem Warentermingeschäft ein Verlust von 500 EUR droht. Da sich die Zahlungssröme jedoch ausgleichen, unterbleibt die Rückstellungsbildung.

Hinsichtlich der Einbuchung der Anschaffungskosten bestehen im Geschäftsjahr 02 zwei Möglichkeiten:

  1. Einbuchung zum Sicherungskurs (10.000 EUR)
  2. Einbuchung zum Kassakurs (9.500 EUR)

Bei konsequenter Anwendung des Anschaffungskostenprinzips müsste der bezahlte Eurobetrag angesetzt werden, die Waren wären zu 9.500 EUR anzusetzen, obwohl 10.000 EUR als Wert vereinbart waren. Denn im Realisationszeitpunkt – Lieferung – war dies der real aufzuwendende Betrag.[731] Demgegenüber wird vertreten, dass im Falle des Abschlusses eines Sicherungsgeschäfts für auf Ziel gekaufte Waren der vereinbarte Kaufpreis "fixiert" wird.[732] Die Gegenauffassung argumentiert, dass lediglich das Wertschwankungsrisiko eliminiert werde, die Anschaffungskosten aber nicht durch den Abschluss eines Termingeschäfts beeinflusst werden könnten.[733] Dem lässt sich entgegenhalten, dass der individuell zwischen den Parteien gefundene Wert der Ware nicht durch die Währungsschwankung tangiert wird, weil dieses Risiko eliminiert wurde. Der zwischen den Parteien ermittelte Wert ist folglich in der Tat "fixiert" und stellt die Anschaffungskosten dar, zu denen die Waren einzubuchen sind.

[730] Nach Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 254 HGB Rn. 89.
[731] Schubert/Gadek, in: BeckBilKo, § 255 HGB Rn. 52.
[732] Ekkenga, in: KK-RechnR, § 255 HGB Rn. 18; Kirsch, in: Bonner HdR, § 255 Rn. 55; Schubert/Gadek, in: BeckBilKo, § 254 HGB Rn. 54.
[733] Nach Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 254 HGB Rn. 92 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge