Tz. 544

Die Klassifizierung eines Leasingverhältnisses aus der Perspektive des Leasingnehmers als finance lease führt sowohl zu einer Aktivierung des Leasingvermögenswerts als auch zum Ansatz einer Leasingverbindlichkeit (per Leasingobjekt an Leasingverbindlichkeit) in gleicher Höhe. Anzusetzen ist der niedrigere Wert aus dem Barwert der Mindestleasingzahlungen oder dem beizulegenden Zeitwert des Leasingobjekts zu Beginn des Nutzungsverhältnisses (commencement date). Die Ansatzobergrenze stellt der beizulegende Zeitwert des Leasingobjekts inklusive evtl. anfallender Anschaffungsnebenkosten dar. In die Mindestleasingzahlungen werden neben Grundmietzahlungen auch mögliche vereinbarte Kaufpreiszahlungen bei Vorliegen einer günstigen Kaufoption, aber auch Restwertgarantien einbezogen (IAS 17.4).

 

Tz. 545

Nicht berücksichtigt werden hingegen Nebenkosten, die der Leasingnehmer entweder an den Leasinggeber oder Dritte leisten muss (Kosten für Versicherungen, Instandhaltung und Steuern für den Leasing­gegenstand).[649] Die bilanzielle Erfassung des Leasingobjekts verlängert infolgedessen die Bilanz des Leasingnehmers. Da der Leasingnehmer im Falle eines Finanzierungsleasings das wirtschaftliche Eigentum des Leasinggegenstands innehat, wird dieser im langfristigen Vermögen ausgewiesen. Durch die Bilanzierung der Schuld in selber Höhe wird die Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs gewährleistet.[650]

 

Tz. 546

Die Folgebewertung des Vermögenswerts ist abhängig von der Art des Leasinggegenstands. Demnach ist der Leasinggegenstand gem. IAS 16/38 über die Laufzeit des Leasingverhältnisses abzuschreiben. In bestimmten Fällen erfolgt die Abschreibung von Beginn an, abweichend von der vertraglichen, über die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Vermögenswerts (IAS 17.28). Da die Dauer des Leasingvertrags von der wirtschaftlichen Nutzungsdauer abweichen kann, könnte u. U. der geleaste Vermögenswert in der Bilanz des Leasingnehmers bereits vollständig abgeschrieben sein hingegen noch weiterhin eine Verbindlichkeit gegenüber dem Leasinggeber bestehen.

 

Tz. 547

Die Leasingverbindlichkeit ist gemäß IAS 39.9 nach Maßgabe der Effektivzinsmethode zu bewerten. Zahlungen im Zusammenhang mit der Leasingverbindlichkeit sind in Finanzierungskosten bzw. Zinsaufwendungen und Tilgungsanteil der Restverbindlichkeit aufzuteilen (IAS 17.25). Dabei sind die Finanzierungskosten gemäß IAS 17.25 in der Weise über die Laufzeit eines Leasingverhältnisses zu verteilen, dass ein gleichbleibender Zinssatz auf die Restschuld entfällt. Gemäß IAS 17.26 kann in der Praxis vereinfachend auch ein Näherungsverfahren angewendet werden, bei dem die Finanzierungskosten den Perioden während der Laufzeit des Nutzungsverhältnisses zugewiesen werden.

 

BEISPIEL

Die Traktor AG least zum 01.01.2014 für drei Jahre von der Leasing AG einen Traktor mit einem beizulegenden Zeitwert von 30.000 EUR. Die vertragliche Laufzeit des Leasingverhältnisses stimmt mit der wirtschaftlichen Nutzungsdauer überein. Die Leasingraten sind jeweils am Jahresende zu zahlen und belaufen sich auf 12.063 EUR. Für den Barwerttest zieht die Traktor AG den eigenen Grenzfremdkapitalzins von 10 % p. a. heran, da dem Unternehmen die interne Kalkulation der Leasing AG nicht bekannt ist. Im vorliegenden Fall liegt ein finance lease vor. Der Barwert der Leasingraten beträgt wie der beizulegende Zeitwert des Traktors 30.000 EUR.

 
Jahr Leasingrate Barwert
1. Rate zum 31.12.14 12.063 10.966
2. Rate zum 31.12.15 12.063 9.969
3. Rate zum 31.12.16 12.063 9.063
Summe 36.189 30.000

Summe der zu zahlenden Leasingraten und Summe der Mindestleasingraten

 
Jahr Verbindlichkeit Periodenanfang Zinszahlung Tilgung Verbindlichkeit Periodenende
2014 30.000 3.000 9.063 20.937
2015 20.937 2.094 9.969 10.968
2016 10.968 1.097 10.968 0

Leasingverbindlichkeit aufgeteilt in Zins- und Tilgungsanteil

Zum 01.01.2014 ist der niedrigere Wert aus dem Barwert der Mindestleasingzahlungen oder dem beizulegenden Zeitwert des Leasingobjekts zu Beginn des Nutzungsverhältnisses anzusetzen. Im vorliegenden Fall weisen beide Größen dieselbe Höhe auf. Das Leasingobjekt wird mit 30.000 EUR in der Bilanz des Leasingnehmers unter dem langfristigen Vermögen ausgewiesen. Wenn zu Beginn des Leasingverhältnisses der Übergang des rechtlichen Eigentums am Leasingobjekt zum Ende der Vertragslaufzeit sehr wahrscheinlich ist, muss eine Abschreibung über die längere wirtschaftliche Nutzungsdauer des Leasingobjektes erfolgen. Im vorliegenden Fall wird das Leasingobjekt linear über die Laufzeit des Leasingvertrags, d. h. über drei Jahre jeweils zum 31.12. abgeschrieben, da das Leasingobjekt annahmegemäß nicht zum Ende der Laufzeit in das rechtliche Eigentum des Leasingnehmers übergeht. Somit ergibt sich ein linearer, jährlicher Abschreibungsaufwand i. H. v. 10.000 EUR.

Wird die Verbindlichkeit zu Anfang der Nutzungsüberlassung noch in derselben Höhe wie der Leasingvermögenswert ausgewiesen, verringert sich diese in den Folgejahren jeweils um den Tilgungsanteil. Die...

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