Tz. 666

Ob die Höhe des gezahlten Entgelts für den Erwerb angemessen ist, spielt für die Zugangsbewertung grds. keine Rolle. Vielmehr geht das Gesetz vom Äquivalenzprinzip aus.[756] Maßgeblich für den Ansatz in der Bilanz ist danach die Gegenleistung.[757] Sie definiert die Höhe der Anschaffungskosten und die Wertobergrenze für die Bewertung des anzusetzenden Vermögensgegenstandes. Anschaffungsvorgänge sind damit stets erfolgsneutral. Das gilt auch, wenn zugleich Lasten übernommen werden; sie sind gesondert zu passivieren. Umsatzsteuer ist nur Teil der Anschaffungskosten, wenn das Unternehmen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.[758]

 

Tz. 667

Definiert die Gegenleistung die Anschaffungskosten, kann es überhöhte Anschaffungskosten handelsbilanzrechtlich nicht geben.[759] Eine Ausnahme davon wird diskutiert, wenn Transaktionen innerhalb eines Konzerns oder mit anderen nahestehenden Personen durchgeführt werden.

 

BEISPIEL

Der einzige Gesellschafter und Geschäftsführer der X-GmbH veräußert seinen gebrauchten PKW zu einem Preis 10.000 EUR an diese GmbH, obwohl er nur noch einen Wert von 5.000 EUR hat.

Grundsätzlich unterscheidet das Bilanzrecht nicht danach, ob Veräußerer und Erwerber in einem besonderen Verhältnis zueinander stehen. Allerdings ist gem. § 285 Nr. 21 HGB eine entsprechende Anhangangabe erforderlich. Steuerrechtlich wird der überhöhte Kaufpreis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft allerdings als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen mit der Folge, dass der erworbene Vermögensgegenstand lediglich mit dem sog. gemeinen Wert zu bewerten ist. Der überhöhte Betrag wird als Aufwand behandelt.[760] Der handelsrechtliche Umgang mit der Problematik ist umstritten. Teilweise wird vertreten, es lägen lediglich Anschaffungskosten i. H. d. steuerrechtlich gemeinen Werts vor, der übersteigende, als verdeckt ausgeschüttete Betrag sei als Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter zu aktivieren.[761] Dieser Anspruch ergäbe sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB, weil für die verdeckte Gewinnausschüttung kein Rechtsgrund vorgelegen habe. Nach der Gegenansicht ist das erworbene Gut in Höhe des vereinbarten Kaufpreises zu aktivieren, allerdings unmittelbar nach dem Zugang auf den gemeinen Wert abzuschreiben,[762] in Konzernsachverhalten wird bisweilen gleich eine Dotierung zum Zeitwert empfohlen.[763]

 

Tz. 668

Überzeugend erscheint es, möglichst das Anschaffungskostenprinzip zu wahren und damit dem Grundsatz zur Geltung zu verhelfen, dass der Anschaffungsvorgang erfolgsneutral ist.[764] Zugleich sollten steuerliche Implikationen, also hier der Ansatz zum gemeinen Wert, nicht derart antizipiert werden, dass unmittelbar der Zeitwert für maßgeblich gehalten wird. Eine Abschreibung auf den beizulegenden Wert im Rahmen der Folgebewertung ergibt sich ohnehin aus § 253 Abs. 3 und 4 HGB, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Es bleibt jedoch die Problematik, dass steuerrechtlich nur der Ansatz des gemeinen Werts zulässig ist. Soll dies handelsrechtlich nachvollzogen werden, so empfielt es sich, in Höhe des den gemeinen Wert übersteigenden Betrags einen Rückforderungsanspruch zu aktivieren. Handelt es sich tatsächlich um eine verdeckte Gewinnausschüttung, so wäre dazu grds. ein Gesellschafterbeschluss erforderlich. Fehlt dieser (was regelmäßig der Fall ist), ist die Ausschüttung ohne Rechtsgrund erfolgt und daher gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB kondizierbar.[765] Auf diese Weise bleibt der Anschaffungsvorgang erfolgsneutral.

[756] Ekkenga, in: KK-RechnR, § 255 HGB Rn. 16.
[757] Kahle/Hiller, DStZ 2013, 462; Tiedchen, in: MüKo-BilR, § 255 HGB Rn. 9.
[758] Schubert/Gadek, in: BeckBilKo, § 255 HGB Rn. 51; Tiedchen, in: MüKo-BilR, § 255 HGB Rn. 14.
[759] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 255 HGB Rn. 92.
[760] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 255 HGB Rn. 88; Winnefeld, Bilanz-Hdb., Kapitel E Rn. 488.
[761] Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 GmbHG Rn. 76, 79.
[762] ADS, § 255 HGB Rn. 18; Wohlgemuth, in: HdJ, Abt. I/9 Rn. 13.
[763] ADS, § 255 HGB Rn. 70.
[764] Wohlgemuth, in: HdJ, Abt. I/9 Rn. 13.
[765] Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 GmbHG Rn. 76, 79.

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