Tz. 634

Die Absicherung finanzieller Risiken innerhalb der Unternehmung kann durch den Abschluss gegenläufiger Sicherungsgeschäfte verringert werden (hedging). Aufgrund des mixed model in IAS 39 (vgl. Tz. 332 ff.) ergibt sich folgende Problematik:

  • Sicherungsinstrumente sind regelmäßig Derivate, die zum fair value zu bewerten sind
  • Abgesicherte Risiken (Grundgeschäfte) sind in Abhängigkeit ihrer Kategorisierung wie folgt zu bilanzieren:

    • "zur Veräußerung verfügbar": GuV-neutrale fair-value-Bewertung
    • "Fälligkeitswerte" und "Kredite und Forderungen": fortgeführte Anschaffungskosten
    • "Handelswerte": GuV-wirksame fair-value-Bewertung
 

Tz. 635

Wird das Grundgeschäft im Rahmen einer Sicherungsbeziehung GuV-wirksam zum fair value bewertet, ergeben sich aufgrund der gleichlaufenden Bewertung zum Derivat keine Bewertungsunterschiede. Die Anwendung separater Regelungen zum hedge accounting wäre nicht notwendig.

In den meisten anderen Fällen ergibt sich jedoch eine ungleiche Bewertung von Grund- und Sicherungsgeschäft im Abschluss, welche nicht den ökonomischen Hintergrund des Sicherungsgeschäfts widerspiegelt. Um diese Lücke zu schließen, enthält IAS 39 spezielle Regelungen zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (hedge accounting), welche eine gleichlaufende Bilanzierung von Grund- und Sicherungsgeschäft sicherstellen. Die Anwendung dieser Regelungen ist nicht verpflichtend.

 

Tz. 636

Als potenzielle sicherungsfähige Grundgeschäfte (hedged item) kommen nach IAS 39.78 die folgenden Positionen in Betracht:

  • Vermögenswerte und Finanzverbindlichkeiten: insb. Aktien, Anleihen, Forderungen, Kredite, Vorräte
  • Schwebende Geschäfte: Rechte und Pflichten aus schwebend unwirksamen Verträgen wie Verpflichtungen zum Kauf oder zur Lieferung
  • Hochwahrscheinliche zukünftige Transaktionen: erwarteter Kauf/Verkauf von Produkten
  • Nettoinvestition in eine wirtschaftlich selbstständige ausländische Teileinheit

Das Grundgeschäft kann einzeln identifiziert, einer Gruppe zugeordnet oder Teil eines portfolio hedge von Zinsrisiken mit Vermögenswerten/Schulden mit gleichen abgesicherten Risiken sein.

 

Tz. 637

Eine Absicherung der vorstehenden Risiken erfolgt in der Regel durch den Einsatz von Derivaten. Nach IAS 39.72 können für jede Art von Risiko derivative Finanzinstrumente, darüber hinaus ausschließlich für Währungsrisiken auch originäre Finanzinstrumente, verwendet werden.

 

Tz. 638

Nach IAS 39.86 wird zwischen den nachfolgenden Sicherungsbeziehungen unterschieden, eine Zuordnung ergibt sich in Abhängigkeit des abgesicherten Risikos:

  • Fair value hedge: Sicherung des fair value eines bilanzierten oder schwebenden Geschäfts
  • Cash flow hedge: Sicherung von Schwankungen zukünftiger Zahlungsströme eines bilanzierten oder erwarteten Geschäfts
  • Hedge of a net investment in a foreign operation: Sicherung des Wechselkursrisikos einer Nettoinvestition in eine wirtschaftlich selbstständige Einheit (Tochterunternehmen, assoziiertes Unternehmen, joint venture oder Filiale).

Die Absicherung gegen Währungsrisiken ist faktisch ein cash flow hedge, die Regelungen zur Bilanzierung von cash flow hedges gelten daher analog.

 

Tz. 639

Die Anwendung der Regelungen zum hedge accounting nach IAS 39 bedingt die kumulative Erfüllung nachfolgender Voraussetzungen (IAS 39.88):

  • Dokumentation der Zielsetzung und Strategie des Sicherungszusammenhangs
  • hohe erwartete Effektivität der Sicherungsbeziehung
  • hohe Eintrittswahrscheinlichkeit bei der Absicherung zukünftig wahrscheinlicher Transaktionen
  • zuverlässige Messbarkeit der Effektivität
  • laufende Überprüfung der Effektivtät der Sicherungsbeziehung
 

Tz. 640

Nach IAS 39.88 ist der Nachweis der Effektivität einer Sicherungsbeziehung (prospektiv und retrospektiv) die zentrale Voraussetzung zur Anwendung der Regelungen zum hedge accounting. Als effektiv i. S. von IAS 39 gilt eine Sicherungsbeziehung dann, wenn die fair-value-Änderungen des Sicherungsinstruments im Vergleich zu den fair value-Änderungen des Grundgeschäfts in einer Spanne von 80 %–125 % liegen.[741]

[741] Für weitergehende Hinweise zum Effektivitätstest vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 28a, Rn. 64 ff.

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