a) Verbrauchsfolgeverfahren

 

Tz. 761

Das Gesetz lässt nur die Lifo-Methode und die Fifo-Methode zu. Lifo (Last in – first out) unterstellt, dass zuletzt gelieferte oder hergestellte Vorräte zuerst verbraucht werden. Damit ist der Altbestand zu bewerten, was im Falle steigender Preise – damit im Normalfall – zu einer Unterbewertung führt.[905] Die Erfassung erfolgt entweder durch permanente Beobachtung des Materialverbrauchs oder – häufiger – durch Vergleich der Mengenbestände am Ende der Berichtsperiode (vgl. Tz. 766 f.). Unzulässig ist das Index-Verfahren[906], bei dem aktuelle Werte mit Vorjahreswerten verglichen werden, da hier nicht Verbrauchsfolgen unterstellt, sondern Werte fortgeschrieben und Wertunterschiede als Mengenunterschiede interpretiert werden.[907]

Fifo (First in – first out) unterstellt demgegenüber (realitätsnah), dass die am längsten im Bestand befindlichen Vorräte zuerst verbraucht werden. Andere Verfahren, die früher teilweise als zulässig angesehen wurden, sind heute nicht mehr zulässig, weil der Wortlaut nunmehr ausdrücklich auf Lifo und Fifo beschränkt ist.

[905] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 256 HGB Rn. 15.
[906] Ausführlich erläutert bei Ballwieser, in: MüKo-HGB, § 256 HGB Rn. 10.
[907] A. A. ADS, § 256 HGB Rn. 62; wie hier Ballwieser, in: MüKo-HGB, § 256 HGB Rn. 12; Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 256 HGB Rn. 25.

b) Beschränkung auf Vorratsvermögen

 

Tz. 762

Die Anwendbarkeit ist ausdrücklich auf das Vorratsvermögen beschränkt. Unter Vorratsvermögen sind die unter § 266 Abs. 2 B. I. HGB fallenden Vermögensgegenstande zu verstehen. Bisweilen wird auch eine Anwendung auf andere gleicharte Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, namentlich Wertpapiere, für zulässig gehalten, da es dem Gesetzgeber nicht auf das Vorratsvermögen, sondern die Gleichartigkeit angekommen sei.[908] Da der Gesetzgeber eine entsprechende Klarstellung aber nicht vorgenommen hat, ist diese Auffassung abzulehnen.[909] Lediglich für Versicherungsunternehmen existiert eine Verweisung in § 341b Abs. 2 HGB auf § 256 HGB, sodass diese ihre Kapitalanlagen, die nicht dauerhaft dem Geschäftsbetrieb zu dienen bestimmt sind, gem. § 256 HGB bewerten können.

[908] ADS, § 256 HGB Rn. 24.
[909] Ellrott/Krämer, in: BeckBilKo, § 256 HGB Rn. 4; Drüen, in: GroßKo-HGB, § 256 HGB Rn. 5; Meyer-Wegelin, in: HdR, § 256 HGB Rn. 35.

c) Gleichartigkeit

 

Tz. 763

Gleichartigkeit liegt vor, wenn die Vermögensgegenstände annähernd funktionsgleich sind. Eine wertmäßige Gleichartigkeit fordert das Gesetz nicht. Vielmehr differenziert es in § 240 Abs. 4 HGB zwischen Gleichwertigkeit und Gleichartigkeit. Hierauf verweist Satz 2. Die systematische Auslegung ergibt daher, dass eine Gleichwertigkeit für Satz 1 nicht zu fordern ist.[910] Gleichwohl kann die Gleichwertigkeit ein Indiz für die Gleichartigkeit sein. Zudem dürfen erhebliche Wertunterschiede nicht dazu führen, dass die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage stärker verzerrt wird, als der Vereinfachungseffekt es rechtfertigt. Insofern ist auch von Relevanz, welche Bedeutung die vereinfacht bewerteten Vermögensgegenstände in der Bilanz des Unternehmens haben. Starre Wertgrenzen lassen sich daher kaum festlegen.[911]

 

Tz. 764

 

BEISPIEL

Im Warenlager eines Leuchtmittelherstellers für Haushaltslampen muss eine Differenzierung anhand verschiedener Wattleistungen der herkömmlichen Glühbirnen nicht erfolgen. Keine Gleichartigkeit liegt indes zu teureren LED-Leuchtmitteln oder Kompaktleuchtstofflampen vor. Hier lässt insbesondere der höhere Preis auf ein anderes Qualitätsniveau schließen.

[910] So auch Drüen, in: GroßKo-HGB, § 256 HGB Rn. 6; a. A. Ellrott/Krämer, in: BeckBilKo, § 256 HGB Rn. 22.
[911] Überzeugend Hüttemann/Meinert, Die Lifo-Methode in Handels- und Steuerbilanz, IFSt-Schrift Nr. 486 (2013), 47 ff.

d) Bewertungstechnik

 

Tz. 765

Die Umsetzung der Bewertungsvereinfachungsverfahren ist gesetzlich nicht weiter geregelt. Die Praxis geht im Grundsatz folgendermaßen vor: Es wird der Anfangsbestand zugrunde gelegt. Ist noch kein Anfangsbestand vorhanden, wird der erste Zugang als Anfangsbestand angesehen. In der Folge werden alle Zugänge mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet. Die Vereinfachung erfolgt, wenn die Abgänge erfasst werden.

aa) Lifo-Verfahren

 

Tz. 766

Zur Erfassung der der Zu- und Abgänge bestehen zwei anerkannte Möglichkeiten: Das permanente Lifo-Verfahren und das Perioden-Lifo-Verfahren. Das permanente Lifo-Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass jeder Zugang und jeder Abgang einzeln erfasst wird.

 
  Menge Preis/Menge Wert
Anfangsbestand 1.000 l 0,50 500
Zugang 1 1.500 l 0,47 705
Neuer Bestand 2.500 l   1.205
Zugang 2 500 l 0,48 240
Neuer Bestand 3.000 l   1.445
Abgang 1 2.000 l 0,4725 (500 l á 0,48 und 1.500 l á 0,47) 945
Neuer Bestand 1.000 l   500
 

Tz. 767

Dieses Verfahren ist technisch sehr aufwendig. Einfacher ist die Bewertung mit dem Perioden-Lifo-Verfahren, das dafür in der Folge komplexer werden kann.[912] Hier wird eine bestimmte Periode bestimmt (z. B. das Geschäftsjahr) und für diese die Wertentwicklung ermittelt. Im vorstehenden Beispiel ist zunächst vom Wert des Anfangsbestandes auszugehen. ...

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