a) Überblick

 

Tz. 74

§ 253 HGB enthält die grundlegenden Regeln für die Zugangs- und Folgebewertung von Vermögensgegenständen und Schulden. Die Vorschrift konstituiert das Anschaffungs- bzw. Herstellungskostenprinzip als Grundsatz einer vorsichtigen, an der Gegenleistung orientierten Bewertung. Im Einzelnen regelt die Norm sodann die Folgebewertung von Rückstellungen und Vermögensgegenständen. Die Bewertungsmaßstäbe für die Bewertung von Vermögensgegenständen enthält nicht § 253 HGB, sondern § 255 HGB, der insoweit § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB konkretisiert.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 75

Die Vorschrift wurde durch das BiRiLiG 1985 in Umsetzung der EG-Bilanzrichtlinie ins HGB aufgenommen. Davor enthielt das AktG zahlreiche Einzelvorschriften zur Bewertung des Anlagevermögens (§ 153 AktG 1965) und des Umlaufvermögens (§ 155 AktG 1965), der Bemessung von Abschreibungen (§ 154 AktG 1965) und der Bewertung der Passivposten (§ 156 AktG 1965). Einheitliche Bewertungsvorschriften für alle Kaufleute existierten also nicht. Allerdings differenzierten die Bewertungsvorschriften des BiRiLiG noch insofern zwischen Kapitalgesellschaften und anderen Kaufleuten, als für jene Sondervorschriften in den §§ 279 ff. HGB a. F. enthalten waren. Mit dem BilMoG 2009 wurde diese Unterscheidung aufgegeben. Darüber hinaus wurden einige grundlegende Sachentscheidungen innerhalb der Bewertungsvorschriften verändert. Hintergrund war der Wunsch zur Stärkung der Informationsfunktion und der Angleichung an die IFRS.[194] So wurde die Möglichkeit zur Vornahme von Abschreibungen nach vernünftiger Kaufmännischer Beurteilung, die treffend als Willkürabschreibungen bezeichnet wurden, gestrichen (§ 253 Abs. 4 HGB a. F.). Auch Abschreibungen wegen künftiger Wertschwankungen (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB a. F.) sind seither nicht mehr zulässig. Stattdessen wurde die Methode der Rückstellungsbewertung modernisiert und – sehr zurückhaltend, auch im Verhältnis zum RefE und RegE – in bestimmten besonderen Fällen die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert zugelassen (§ 253 Abs. 1 Satz 3 und 4 HGB). Hiervon wurden wiederum Rückausnahmen für KleinstKapGes durch das MicroBilG von 2013 in § 253 Abs. 1 Satz 5–6 HGB festgeschrieben. Das BilRuG vom Juli 2015 brachte in § 253 HGB lediglich kleinere redaktionelle Anpassungen in Abs. 1 und die Regelung zur Abschreibung originärer Immaterialgüter in Abs. 3, die auch für den derivativ erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert gilt. Erleichterungen für die Pensionsrückstellungsbewertung von Unternehmen brachte das Gesetz vom 11.03.2016, mit dem der Betrachtungszeitraum für die Ermittlung des Abzinsungszinssatzes verlängert wurde; damit korrespondiert die gleichzeitig eingeführte Ausschüttungssperre in Abs. 6.

[194] BT-Drucks. 16/10067, 36.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 76

Die Vorschrift gilt für alle bilanzierungspflichtigen Kaufleute. Sie ist in der Fassung des BilMoG gem. Art. 66 Abs. 3 EGHGB zwingend anzuwenden auf alle Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen; zu den Änderungen durch das MircroBilG und das BilRuG vgl. Tz. 77. Eine frühere Anwendung ist gem. Art. 66 Abs. 3 Satz 6 zulässig. Soweit der derivative Geschäfts- oder Firmenwert gem. § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB betroffen ist, bestimmt Art. 66 Abs. 3 Satz 2 EGHGB, dass § 253 HGB nur auf solche anzuwenden ist, die in Geschäftsjahren erworben wurden, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben; das betrifft die Pflicht zur Abschreibung. Im Hinblick auf außerplanmäßige Abschreibungen nach altem Recht (§§ 253 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4, 254, 279 Abs. 2 HGB a. F.) gilt: Wurden sie in Geschäftsjahren vorgenommen, die vor dem 01.01.2010 begonnen haben, dürfen sie beibehalten und nach den alten Vorschriften fortgeführt werden (Wahlrecht). Das bestimmt Art. 67 Abs. 4 EGHGB.

 

Tz. 77

Mit dem MicroBilG von 2012 wurden § 253 Abs. 1 HGB die Sätze 5 und 6 angefügt. Sie betreffen Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften i. S. d. § 267a HGB. Diese Änderungen sind gem. Art. 70 Abs. 1 EGHGB erstmals anzuwenden auf Jahres- und Konzernabschlüsse, die sich auf einen Abschlussstichtag nach dem 30.12.2012 beziehen. Für Kaufleute mit kalendergleichem Geschäftsjahr bedeutet dies, dass auch der Jahres- und Konzernabschluss 2012 bereits den durch das MicroBilG geänderten Vorschriften unterliegt.

 

Tz. 78

Die erstmalige Anwendung der inhaltlichen Änderungen durch das BilRuG zur Abschreibung von selbstgeschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB) und zur Abschreibung des derivativ erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerts (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 4 HGB) richtet sich nach Art. 75 Abs. 3 EGHGB. § 253 Abs. 3 Satz 3 n. F. HGB ist auf selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 aktiviert werden. Hinsichtlich der neuen Abschreibungsregelungen für den Geschäfts- oder Firmenwert stellt Art. 75 Abs. 3 Satz 2 EGHGB auf den Zeitpunkt seines Erwerbs ab. § 253 Abs. 3 Satz 4 HGB gilt danach für Geschäfts- oder Firmenwerte, die aus Erwerbsvorgängen herrühren, die nach dem ...

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