aa) Grundsatz

 

Tz. 119

Das Verrechnungs- und Saldierungsverbot ist eine Ausprägung des Vollständigkeitsgebots[187] und dient der Klarheit und Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses,[188] insbes. in Zusammenschau mit den Gliederungsvorschriften der §§ 247, 266 HGB. Ausnahmen für Kreditinstitute enthält § 340a Abs. 2 Satz 3 HGB. Unzulässig ist die Verrechnung von Posten der Aktiv- mit solchen der Passivseite der Bilanz, ebenso wie von Aufwendungen mit Erträgen oder Grundstücken mit den darauf ruhenden Lasten.

[187] Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 246 HGB Rn. 25.
[188] Kleindiek, in: GroßKo-HGB, § 246 HGB Rn. 95.

bb) Ausnahmen

bb1) Ausdrückliche Ausnahme: Planvermögen

 

Tz. 120

Nach Abs. 2 Satz 2 besteht ein Saldierungsgebot für sog. Planvermögen. Das sind solche Vermögensgegenstände, die der Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen und vergleichbarer langfristig fälliger Verbindlichkeiten dienen und die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind. Erfasst sind zunächst Pensionsverpflichtungen i. S. d. § 1 BetrAVG. Diesen vergleichbar sind Verbindlichkeiten insbes. dann, wenn sie ebenfalls der Versorgung eines Mitarbeiters nach dessen Ausscheiden aus dem Betrieb dienen. Damit sind vor allem Altersteilzeitverpflichtungen und Verpflichtungen aus Lebensarbeitszeitmodellen angesprochen.[189] Überwiegend werden auch zugesagte Leistungen bei Dienstjubiläen, Beihilfen, Vorruhestandsgelder, Übergangsgelder sowie Sterbegelder hierzu gezählt,[190] nicht hingegen Rückstellungen für Urlaub[191].

 

Tz. 121

Die Vermögensgegenstände müssen dem Zugriff der übrigen Gläubiger entzogen sein, d. h. auch in der Insolvenz entsprechend sicher sein. Die Regierungsbegründung verweist insofern auf § 7e SGB IV.[192] Hinreichend sicher sind danach insbes. die doppelte Treuhand, die unter § 51 Nr. 1 InsO fällt und dem Gläubiger ein Absonderungsrecht gewährt sowie Modelle, mit denen dem Berechtigten zur Sicherung Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung verpfändet werden.[193]

[189] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 242.
[190] IDW RS HFA 30 Rn. 8, WPg 2010, 54 ff.; Förschle/Ries, in: BeckBilKo, § 246 HGB Rn. 121; a. A. hinsichtlich Übergangs-, Überbrückungs- und Sterbegeldern Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 242, da diese nicht der Versorgung nach Beendigung der aktiven Beschäftigungsphase dienen.
[191] Förschle/Ries, in: BeckBilKo, § 246 HGB Rn. 121.
[192] BT-Drucks.16/12407, 84.
[193] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 242; Kirsch, in: Bonner HdR, § 246 HGB Rn. 262; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 246 HGB Rn. 26.

bb2) Ungeschriebene Ausnahmen

 

Tz. 122

Die Bilanzierungspraxis hat Ausnahmen vom Verrechnungsverbot vor allem zu Vereinfachungszwecken entwickelt. Danach dürfen – müssen aber nicht – saldiert werden:

  • Forderungen und Verbindlichkeiten derselben Personen für den bilanzierenden Kaufmann, wenn dieser gem. § 387 BGB aufrechnen kann, also eine sog. Aufrechnungslage vorliegt,
  • nach wohl h. M. auch dann, wenn nur deshalb keine Aufrechnungslage vorliegt, weil der Zeitpunkt von Fälligkeit (der Gegenforderung) und Erfüllbarkeit (der Hauptforderung) verschieden ist, wenn beide Zeitpunkte nicht wesentlich voneinander abweichen.[194]
  • Ebenfalls darf nach h. M. bei Vorliegen einer Gesamtschuld diese Verbindlichkeit mit der Regressforderung aus dem Innenverhältnis verrechnet werden;[195] damit kann bspw. der Ansatz einer Verbindlichkeit aus unmittelbarer, persönlicher, gesamtschuldnerischer und akzessorischer Haftung gem. § 128 HGB bei der Komplementärs-GmbH einer GmbH&Co KG unterbleiben (aber Anhangangabe gem. § 285 Nr. 3a HGB).
[194] Förschle/Ries, in: BeckBilKo, § 246 HGB Rn. 108; Kirsch, in: Bonner HdR, § 246 HGB Rn. 257; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 246 HGB Rn. 28; a. A. ADS, § 246 HGB Rn. 466; Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 249.
[195] Braun, in: KK-RechnR, § 246 HGB Rn. 93; Förschle/Ries, in: BeckBilKo, § 246 HGB Rn. 109; a. A. mit gewichtigen Argumenten Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 249.

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