aa) Einführung

 

Tz. 522

Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung stellen als Aufwandsrückstellungen "bloße Obliegenheiten des Kaufmanns gegen sich selbst"[592] dar. Eine Verpflichtung zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen gegenüber externen Dritten fällt nicht unter diese Regelung, ist jedoch als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu erfassen.

Die Bilanzierung von Aufwandsrückstellungen verhindert eine klare Trennung von Ergebnisverwendung und Ergebnisermittlung[593] und stellt somit einen Fremdkörper in der Rückstellungsbilanzierung dar. Seit dem BilMoG und dem damit einhergehenden Verbot zur Bildung allgemeiner Aufwandsrückstellungen wird der Kreis bilanzierungsfähiger Aufwandsrückstellungen auf unterlassene Instandhaltungen, die innerhalb von drei Monaten nach dem Bilanzstichtag nachgeholt werden, und Abraumbeseitigungen, die innerhalb des nachfolgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden, begrenzt.

[592] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 249 HGB Rn. 121.
[593] Müller, ZGR 1981, 126 (141).

bb) Unterlassene Instandhaltung

 

Tz. 523

Instandhaltung stellt sich als wiederholende Maßnahmen, z. B. Wartungs- oder Inspektionsarbeiten, dar. Diese Maßnahmen sind jedoch gegenüber nachträglich aktivierungsfähigem Herstellungsaufwand abzugrenzen. Dieser ist nicht rückstellungsfähig. Neben Sachanlagen können auch immaterielle Vermögensgegenstände Instandhaltungsmaßnahmen unterliegen, selbst wenn diese nicht aktivierungsfähig sein sollten.[594]

 

Tz. 524

Die Rückstellungspflicht für unterlassene Instandhaltung beruht auf im Geschäftsjahr unterlassenen Instandhaltungen, die innerhalb von drei Monaten nach dem Bilanzstichtag nachgeholt und zwingend in diesem Zeitraum abgeschlossen werden.

Die Unterlassung definiert sich als nicht durchgeführte Maßnahme, die nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung innerhalb des alten Geschäftsjahres geboten gewesen wäre. Hierüber könnten entsprechende Instandhaltungspläne oder Herstellerangaben Aufschluss geben sowie eigene Erfahrungswerte herangezogen werden.

 

Tz. 525

Die Instandhaltung muss im abgelaufenen Geschäftsjahr verursacht worden sein ("… zu bilden für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung…"). Für unterlassene "Alt"-Instandhaltungen ist eine Fortführung bzw. eine Nachholung nicht möglich. Entsprechend sind auch nicht verbrauchte Rückstellungen aus dem Vorjahr nicht fortzuführen und somit erfolgswirksam aufzulösen.

 

BEISPIEL

Die X-AG fertigt Zylinderkopfdichtungen für die Automobilindustrie. Im Geschäftsjahr 02 führte eine nicht durchgeführte (vorher aber eingeplante) Inspektion an einer Maschine zu einer Kapazitätsverringerung, welche wiederum zu einem verminderten Produktionsausstoß führte. Da Überkapazitäten bestanden und somit keine wirtschaftliche Notwendigkeit bestand, wurde die Maschine nicht repariert. Aufgrund der Neuakquise eines weiteren Großabnehmers wird eine außerplanmäßige Instandhaltung Anfang 04 notwendig, da die vorhandenen (verminderten) Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Eine Rückstellungsbildung zum 31.12.03 ist nach wortgetreuer Auslegung des Gesetzestextes nicht möglich.

 

Tz. 526

Bis zur Aufstellung der Bilanz wird sich oftmals die entsprechende Nachholung der Instandhaltungsmaßnahmen konkretisieren. Sofern bei Aufstellung der Bilanz die Instandhaltungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen sind, muss ein Abschluss der Arbeiten zumindest in der notwendigen Drei-Monats-Frist möglich sein.[595] Sofern ein Rumpfgeschäftsjahr vorliegt gilt die Drei-Monats-Regel in gleicher Weise. Die Dauer des Rumpfgeschäftsjahres spielt keine Rolle.[596]

[594] Schubert, in: BeckBilKo, § 249 HGB Rn. 103.
[595] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 249 HGB Rn. 129.

cc) Abraumbeseitigung

 

Tz. 527

Dem Gesetz nach besteht ein Passivierungsgebot für im Geschäftsjahr unterlassene Abraumbeseitigungen, die nach dem Geschäftsjahr binnen Jahresfrist nachgeholt werden und die sich nicht ohnehin bereits aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorgaben rechtfertigen. Besteht eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, fällt auch eine unterlassene Abraumbeseitigung unter die Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten.

 

Tz. 528

Die Unterlassung definiert sich, ähnlich wie bei der Instandhaltung, als Nichtdurchführung einer Maßnahme, die nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung im Geschäftsjahr notwendig gewesen wäre, so z. B., wenn Sicherheitsgründe eine Beseitigung des Abraums erforderten. Auch ist eine Nachholung von Aufwendungen vergangener Jahre nicht möglich (vgl. Tz. 525).

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