Tz. 466

Obgleich Rückstellungen laufend zu buchen sind, ist es für Zwecke der Abschlusserstellung in der Regel ausreichend, die Rückstellungen zum jeweiligen Stichtag zu erfassen.[497] Eine eigentlich fortlaufend unterjährig zu erfassende, aber dennoch i. d. R. zum Stichtag erfasste Rückstellung stellt die Gewährleistungsrückstellung dar.

 

BEISPIEL

Die U-AG stellt Schiffe unterschiedlicher Art (Privatjachten, Containerschiffe usw.) her. Für die verkauften Schiffe setzt U einen geschätzten Prozentsatz vom insgesamt erzielten Kaufpreis (500 Mio. EUR) als Gewährleistungsrückstellung an, da erfahrungsgemäß ein gewisser Prozentsatz der Schiffe zu Gewährleistungen führt. Entsprechend wird zum Bilanzstichtag in 01 eine Rückstellung für die verkauften zehn Schiffe i. H. v. 25 Mio. EUR in den Jahresabschluss aufgenommen:

 
Aufwand aus Gewährleistung an Gewährleistungsrückstellung 25 Mio. EUR
 

Tz. 467

Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 HGB darf eine Rückstellung nur aufgelöst werden, wenn der Grund entfallen ist, der zu ihrer Bildung geführt hatte. Andererseits besteht bei Wegfall des Grundes auch das Gebot zur Auflösung.[498] Eine Ausbuchung bereits gebildeter Rückstellungen erfolgt entweder durch Auflösung oder Inanspruchnahme. Inanspruchnahmen sind erfolgsneutral abzubilden, während Auflösungen regelmäßig erfolgswirksam im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im operativen Ergebnis zu zeigen sind.[499] Die Ausbuchung hat zu erfolgen, sobald sich die der Rückstellungsbildung zugrunde liegende Verpflichtung hinreichend konkretisiert hat, so dass z. B. der Umfang der Verpflichtung, für welche die Rückstellung zuvor gebildet wurde, mit Sicherheit bestimmt werden kann.

Teilweise Auflösungen von Rückstellungen sind zu berücksichtigen, soweit die gebildete Rückstellung den Betrag der ihr zugrunde liegenden, zwischenzeitlich konkretisierten Verpflichtung lediglich der Höhe nach überschreitet.[500]

 

BEISPIEL

Im Jahr 02 werden von Kunden der U-AG Teile der Gewährleistungsrückstellungen (i. H. v. 240.000 EUR) in Anspruch genommen. Der Gewährleistungsverpflichtung wird in 02 jedoch nur zu einem Drittel nachgekommen. Der andere Teil wird in 03 erbracht. Die restlichen, nicht in Anspruch genommenen Rückstellungen für Gewährleistungsverpflichtungen werden nach Ablauf der Gewährleistungsfrist in 05 ausgebucht:

 
Bilanzierung in 02:
Rückstellung aus Gewährleistung 240.000 EUR an Verbindlichkeit 160.000 EUR
    an Aufwand 80.000 EUR
Bilanzierung in 03:
Verbindlichkeit 160.000 EUR an Aufwand 160.000 EUR
Bilanzierung in 05:
Rückstellung aus Gewährleistung 760.000 EUR an Ertrag 760.000 EUR
 

Tz. 468

Rückstellungen für Rechtstreitigkeiten sind aufzulösen, wenn die Klage abgewiesen wurde. Bei möglicher Revision der Klage ist eine Auflösung der Rückstellung für Rechtstreitigkeiten nicht sachgerecht. Ein Verzicht auf Revision nach dem Bilanzstichtag stellt keinen Grund für die Auflösung einer Rückstellung dar, weil damit ein wertbegründendes Ereignis verbunden ist.[501]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 

Die Y-GmbH wird wegen eines Umweltdelikts angezeigt, da sie belastetes Abwasser in den nahegelegenen Fluss eingeleitet haben soll. Der erwartete Schadensersatz gegenüber der Gemeinde wurde von der Y-GmbH zum Bilanzstichtag 01 am 31.12. auf 5 Mio. EUR geschätzt.

Die Y-GmbH wird im Dezember der Folgeperiode zu einer Schadensersatzzahlung i. H. v. 3 Mio. EUR verurteilt. Die Y-GmbH verzichtet auf eine Revision mit Erklärung im Dezember und zahlt im darauffolgenden März 03 den Schadensersatz.

 
Buchung zum 31.12.01:
Aufwand 5 Mio. EUR an Rückstellung aus Schadensersatz 5 Mio. EUR
Buchung zum 31.12.02:
Rückstellung 5 Mio. EUR an Verbindlichkeit 3 Mio. EUR
    an Ertrag 2 Mio. EUR
Buchung zum 31.03.03:
Verbindlichkeit 3 Mio. EUR an Bank 3 Mio. EUR
 

Tz. 469

Gegenüber einer Änderung der Einschätzung der Verhältnisse sind Situationen abzugrenzen, in denen keine Rückstellung hätte gebildet werden dürfen. In solchen Fällen liegt ein Bilanzierungsfehler vor, der zu berichtigen ist. Eine (zwingende) Korrektur vorheriger fehlerhafter Jahresabschlüsse ergibt sich nur bei Nichtigkeit. Ansonsten kann der Fehler in laufender Rechnung korrigiert werden.[502]

[498] Gelhausen, in: IDW, WP-Hdb. I, E Rn. 142.
[499] IDW RS HFA 34, Rn. 47, WPg Supplement 2013, 123 (129 f.): Ausweis im operativen Ergebnis.
[500] Vgl. IDW RS HFA 34, Rn. 8 und 19, WPg Supplement 2013, 123 (124, 126).
[502] IDW RS HFA 6 Rn. 14, WPg Supplement 2007, 77 (78).

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