Tz. 34

Umgekehrt können rechtlich selbständige Sachen, die wirtschaftlich zu Sachgesamtheiten zusammengefasst werden (wirtschaftliche Einheit), ausnahmsweise und entgegen dem Einzelbewertungsgrundsatz auch als ein einziger Vermögensgegenstand bilanziert werden. Die steuerrechtliche Rechtsprechung stellt darauf ab, ob die Gegenstände noch ihre selbstständige Bewertbarkeit behalten; falls nicht, liegen nicht zwei, sondern liegt ein Vermögensgegenstand vor. Das richtet sich danach, ob ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang der Vermögensgegenstände gegeben ist. Entscheidend "sind neben dem gemeinsamen Zweck insbes. der Grad der Festigkeit einer vorgenommenen Verbindung, der Zeitraum, auf den eine Verbindung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer beweglicher Sachen angelegt ist, sowie das äußere Erscheinungs­bild."[61] Erscheinen die einzelnen Gegenstände für sich genommen unvollständig, sei regelmäßig von einem einheitlichen Vermögensgegenstand auszugehen.[62] Insbes. wenn durch die Trennung die Nutzbarkeit für den Betrieb verloren geht, weil neben der wirtschaftlichen Beurteilung als Einheit auch die technische Verzahnung für die Nutzung entscheidend ist, liegt eine selbst bilanzierbare Sachgesamtheit vor.[63]

 

Tz. 35

Diese Rechtsprechung ist aber auch hier davon geprägt, dass mit der Bestimmung des Nutzungszusammenhangs auch über die Besteuerungsgrundlagen entschieden wird.[64] Handelsrechtlich sollte deshalb nicht auf die Nutzungsmöglichkeit im Betrieb sondern darauf abgestellt werden, ob die Vermögensgegenstände sich noch selbständig verwerten ließen.

 

BEISPIEL

Aus der Steuerrechtsprechung 

Einheitlicher Vermögensgegenstand

  • In Windparks bildet jede Windkraftanlage mit dem zugehörigen Transformator und der Verkabelung, der Übergabestation und Verkabelung sowie dem Zuweg einen einheitlichen Vermögensgegenstand.[65]
  • Lithographien, die eine Druckerei benötigt, um Druckplatten für Etiketten herzustellen, und die sie individuell unter Beachtung der jeweiligen Formatvorgaben für das Etikett herstellt.[66]

Kein einheitlicher Vermögensgegenstand

  • Sanitärausstellung, in der Badewannen, Waschbecken, Duschen, WCs ausgestellt werden, um Besuchern (auch) Kombinationsmöglichkeiten zu zeigen.[67]
  • Kombination einzelner, nicht fest verbundener, aber als Schreibtischplatz zusammen genutzter Teile einer Schreibtischkombination.[68]
  • Inhalt eines ärztlichen Notfallkoffers (Sauerstoffflasche, Beatmungsbeutel, Absauggerät).[69]
[63] BFH v. 9.8.2001, III R 30/00, DStRE 2002, 21 (22); BFH, v. 21.7.1998, III R 110–95, DStR 1998, 1713 (1714).
[64] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 246 HGB Rn. 68.
[66] BFH v. 15.03.1991, III R 57/86, BeckRS 1991, 22009911.
[68] BFH v. 21.7.1998, III R 110–95, DStR 1998, 1713 (1714).

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