Tz. 378

Für die Zuordnung der Vermögensgegenstände zum Anlage- oder Umlaufvermögen ist nach Art. 12 Abs. 3 Jahresabschlussrichtlinie 2013 die betriebsindividuelle Zweckbestimmung maßgebend. Zum Anlage­vermögen gehören die Vermögensgegenstände, die planmäßig der wiederholten oder dauern­den Nutzung gewidmet sind.[350] Zum Umlaufvermögen zählen die Ver­mögensgegenstände, die dazu bestimmt sind, in einem einmaligen Akt veräußert oder ver­braucht zu werden.[351]

Maßgeblich ist die Zweckbestimmung die sich aus dem Wesen des Vermögensgegenstandes, seinen Verwendungsmöglichkeiten im Geschäftsbetrieb und der Widmung des Kaufmanns er­gibt. Soweit es mit der Widmung auf ein subjektives Sachverhaltsmerkmal ankommt, ist die Verwendungsabsicht durch objektive Hilfstatsachen festzustellen. Die vom Kaufmann vorge­nom­mene Bilanzierung kann ein Indiz für die Widmung sein, bildet aber kein eigenständiges Abgrenzungskriterium.[352]

Der Widmungsakt vermittelt kein Zuordnungswahlrecht, das bei selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen bezogen auf § 248 Abs. 2 HGB zu einem Aktivierungswahlrecht füh­ren würde. Unzulässig ist auch der Ansatz von Zwitterposten zwischen dem Anlage- und dem Umlauf­vermögen.[353]

 

Tz. 379

Das Merkmal "dauernd" in § 247 Abs. 2 HGB bezieht sich nicht auf die geschäfts­betriebs­un­abhängige Lebensdauer des einzelnen Vermögensgegenstandes. Es ist nicht zeitlich, sondern funktional zu verstehen.[354] Der Vermögensgegenstand muss zu der Gruppe der Gegenstände ge­hören, die dauernd dem Betrieb dienen. Ein Vermögensgegenstand gehört daher auch dann zum Anlagevermögen, wenn er zu dieser Gruppe planmäßig nur für einen begrenzten Zeitraum gehört. Die Zuordnung zum Anlagevermögen setzt keine Mindestverweildauer voraus.[355]

 

BEISPIEL 1

Anlagevermögen

  • Mietwagen von Mietwagenunternehmen[356]
  • Musterhäuser eine Fertighausherstellers[357]
  • Vorführwagen von Kfz-Händlern[358]
  • Vorführküchen im Küchenstudio

Umlaufvermögen

  • Ersatzteile und Reserveteile für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens[359]
  • Zur Veräußerung geschaffene Bilder eines Kunstmalers[360]
  • Testgeräte eines Einzelhändlers, die Kunden bis zu einem halben Jahr gegen eine auf den Kaufpreis anrechenbare Mietzahlung überlassen werden[361]
  • Schriftmetalle einer Druckerei[362]

Zum Anlagevermögen gehören entgegen einer verbreiteten Bilanzierungspraxis auch Ge­genstände von geringem Wert, wenn sie dem Geschäftsbetrieb dauerhaft dienen. Der Grund­satz der Wirtschaftlichkeit der Rechnungslegung und der Wesentlichkeit hat keinen Einfluss auf die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen.[363]

 

BEISPIEL 2

Gegenstände von geringem Wert, die zum Anlagevermögen zählen

  • Handwerkzeuge (Hämmer, Schraubenzieher, Gabelschlüssel)
  • Bürohefter, Locher
  • Haarschneidewerkzeuge, Haarföhn
 

Tz. 380

Die Zuordnung eines Vermögensgegenstandes zum Anlage- oder Umlauf­vermö­gen ist zu je­dem Bilanzstichtag erneut zu prüfen. Sie ist nicht durch die Zuordnungsentschei­dung bei Zu­gang für alle folgenden Geschäftsjahre vorgegeben.[364] Die Änderung des Ge­schäfts­zwecks oder des Verwendungszweckes kann eine Umwidmung von Vermögensgegen­ständen von Anlage- in Umlaufvermögen und umgekehrt bewirken.

 

BEISPIEL

  • Änderung des Unternehmensgegenstandes einer Gesellschaft von "Ankauf und Verkauf von Grundbesitz und Beteiligungen" in "Baubauung und Vermietung"[365]
  • Verwendung der zum Verkauf produzierten Fahrzeuge als Leasingfahrzeuge durch den Hersteller als Leasinggeber[366]

Ein Gegenstand, der nicht mehr verwendet wird, behält seine Zuordnung bis eine neue Zuordnungsentscheidung getroffen ist.[367]

Die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen setzt voraus, dass der Gegenstand dem Geschäftsvermögen des Kaufmanns zuzuordnen ist. Das ist per se der Fall bei Ver­mögens­gegenständen, die dem (Gesamthands-)Vermögen einer Handelsgesellschaft zu­zu­ordnen sind. Die Abgrenzung zwischen Privatvermögen und Geschäfts­vermögen wird daher heute nur beim Einzelkaufmann relevant, weil sich die Auffassung durchgesetzt hat, dass dieser nur sein Geschäftsvermögen bilanzieren muss.[368] In Anlehnung an die steu­errechtliche Ab­grenzung zwischen Privat- und Betriebsvermögen richtet sich beim Einzel­kauf­mann auch die Abgrenzung zwischen dem Privatvermögen und seinem Geschäftsvermögen nach der betriebs­individuell bestimmten objektiven Verwendungsmöglich­keit und der Verwen­dungsbestimmung des Kaufmanns, die durch objektive Kriterien festzustel­len ist. Ein Laptop, DVD-Player oder Smartphone kann sowohl privaten als auch betrieblichen Zwecken dienen. Entscheidend für die Zuordnung ist die tatsächliche Verwendung. Bei ge­mischt privat und geschäftlich genutzten Vermögensgegenständen kann der Kaufmann durch Widmung eine Zuordnungsentscheidung treffen.

 

Tz. 381

 

BEISPIEL

Einzelfälle

  • Emmissionsberechtigungen: Emissionszertifikate, die von der Deutschen Emis­sionshandelsstelle zugeteilt werden, sind dem Umlaufvermögen zuzuordnen, weil sie dem Verbrauch gewidmet sind. Sie können eingelöst oder veräußert, aber nicht dauernd genutzt werden...

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