aa) Gliederungsschemata

 

Tz. 387

Die geltenden IFRS schreiben anderes als die Jahresabschlussrichtlinie keine festen Glie­de­rungsschemata vor (vgl. IAS 1.57[378]). Sie gehen wie der Gesetzgeber des HGB in den Re­gelungen für alle Kauf­leute den um­ge­kehrten Weg der Mindestgliederung. IAS 1.54 schreibt vergleichbar zu § 247 Abs. 1 HGB, aber etwas detaillierter für die Bilanz vor, welche Posten mindestens zu bilden sind und regelt in IAS 1.55 die Pflicht das Sche­ma zu ergänzen, wenn dies für das Verständnis der Vermögens- und Finanzlage erfor­derlich ist. Für die GuV regelt IAS 1.81 A–.90 ebenfalls nur solche Mindest­angaben, ohne eine feste Gliederung vorzuschreiben. Das gleiche gilt für die anderen Bestand­teile, z. B. die Eigenkapitalveränderungsrechnung (vgl. IAS 1.06 ff.) und den Anhang (vgl. IAS 1.112). Durch diese Gliederungsoffenheit der IFRS wird ihrer angestrebten internationalen An­wendbarkeit Rechnung getragen[379] und dafür der Preis geringerer Vergleichbarkeit in Kauf genommen. Einzurichten ist für jedes Unternehmen das Glie­derungs­sche­ma, das der Verkehr­ser­wartung des für dieses Unternehmen relevanten Adres­satenkreis am besten ent­spri­cht. Bei internationalen Unternehmen kann das die Verkehrs­er­wartung der internationalen Kapitalmärkte sein. Ein regionales Unternehmen, das nach IFRS Rechnung legt, könnte sich bei der Gliederung der Bilanz und der GuV im Rahmen der IFRS in Deutschland demgegenüber stärker an den Vorschriften des HGB orientieren.

[378] IAS 1.57 S. 1: "Dieser Standard schreibt nicht die Reihenfolge oder die Gliederung vor, in der ein Unternehmen die Posten darstellt".
[379] Baetge u. a., in: Baetge u. a., IFRS-Ko, Kapitel II Rn. 173.

bb) Grundprinzipien der Gliederung

 

Tz. 388

IAS 1.54 enthält eine Aufzählung der Vermögenswerte, Schulden und Eigenkapitalpositionen, die in der Bilanz in der Regel mindestens aufgegliedert dar­zustellen sind. Der Standard schreibt aber weder die Reihenfolge noch die Gliederung der Bilanz vor.[380] IAS 1.57 Satz 1 und Satz 2 heben diesen Grundsatz der Gliederungsfreiheit noch einmal deutlich hervor. Damit bleibt aus­gerech­net der Anspruch der kapitalmarktorientierten IFRS an die Vergleichbarkeit der Ab­schlüsse ver­schiedener Unternehmen hinter dem Anspruch der Jahresabschlussrichtlinie zurück, die ein stren­geres Gliederungsschema vorgibt. IAS 1.55 und .57 sehen eine auf das Unter­neh­men abgestimmte Gliederung vor. Glie­derungs­grundsätze ergeben sich aus der unternehmensindividuellen Verkehrs­erwartung und werden in den IAS 1.60 ff. konkretisiert.

 

Tz. 389

IAS 1.60 schreibt den Grundsatz der Bilanzgliederung nach der Fristigkeit vor. Für Ver­mögens­werte und Schulden sind jeweils nach Kurz- und Langfristigkeit getrennte Glie­derungs­grup­pen zu bilden. IAS 1.62 rechtfertigt diesen Grundsatz mit seiner besonderen Eignung für die Darstellung der Vermögens- und Finanzlage von Unternehmen, die Güter und Dienst­leistungen in eindeutig identifizierbaren Geschäftszyklen anbieten. Davon regelt IAS 1.60 Satz 1 1. Halbsatz eine erste Ausnahme. Wenn eine Darstellung nach der Liquidität zuver­läs­siger und relevanter ist, darf statt nach Fristigkeit einheitlich nach Liquidität gegliedert werden. Diese Gliederungsform ist nach IAS 1.63 in der Regel besser geeignet für Finanzinstitute (vgl. RIC 1.23).[381] Von dem Grundsatz der einheitlichen Gliederung nach Fristigkeit oder Liquidität regelt IAS 1.64 eine zweite Ausnahme. Er lässt eine gemischte Gliederung nach Liqui­dität und Fristigkeit zu, wenn diese gemischte Form die Qualität der Darstellung bezogen auf Zuver­läs­sig­keit und Relevanz verbessert. Nach DSRC-RIC 1.24 f. soll auf diese ge­mischte Form verzichtet werden. Nach dem vorherrschenden Verständnis der IAS 1.60 ff. ist es nicht zu­lässig ein Gliederungsschema entsprechend den Gliederungsschemata der Jahres­ab­schluss­richtlinie und § 266 HGB zu wählen, in dem auf der Aktivseite nach Liquidität und auf der Passivseite nach Fristigkeit ge­gliedert wird (vgl. RIC 1.35)[382]. Bei näherer Betrachtung sind die Unterschiede aber nicht zwingend groß, weil auch in der IFRS-Bilanz neben der Unterglie­de­rung der Vermögens­werte und Schulden nach Fristigkeit eine Untergliederung nach Liquidität vorgenommen wird.[383]

Sowohl die Gliederung nach Fristigkeit als auch die Gliederung nach Liquidität kann in ab- oder aufsteigender Reihenfolge vorgenommen werden. Die IFRS enthalten darüber keine Rege­lung.[384]

 

Tz. 390

Für die Untergliederung in kurz- und langfristige Positionen enthalten die IAS 1.66–.76 am Geschäftszyklus orientierte Regelungen. Das ist nach IAS 1.68 der Zeitraum zwischen Kapitalinvestition und Ergebnisrealisation.[385] Nach IAS 1.68 Satz 2 ist dieser Zeitraum im Zweifel mit zwölf Monaten anzusetzen. Innerhalb eines Geschäftszyklus realisierte Vermögenswerte sind nach IAS 1.66 Buchst. a als kurzfristige Vermögenswerte zu qualifizieren. Das gilt auch für Vermögenswerte die zu Handelszwecken oder höchstens zwölf Monate gehalten werden sollen sowie für Zahlungsmittel i. S. d. IAS 1.68 Buchst. d. Vorräte und Kund...

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