aa) Voraussetzungen

aa1) Ausgaben vor dem Abschlussstichtag

 

Tz. 620

Für die Berechnung, ob die Ausgabe vor dem Abschlussstichtag erfolgt ist, gilt § 188 Abs. 1 BGB. Demnach endet eine nach Tagen bestimmte Frist mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist, sodass Zahlungen am Stichtag noch Einnahmen vor dem Stichtag darstellen.[658] Als Ausgaben erfasst sind:

  • Auszahlungen in bar oder Banküberweisungen
  • Tauschvorgänge
  • Einbuchung von Verbindlichkeiten (zweifelhaft, s. o.)
  • sonstige Vermögensminderungen (ebenfalls zweifelhaft), z. B. Verkauf von Mobilfunkgeräten unter Einstandspreis, wenn der Kunde zugleich einen Mobilfunktvertrag abschließt[659]
[658] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 250 HGB Rn. 21.

aa2) Aufwand für eine bestimmte Zeit

 

Tz. 621

Es muss Aufwand für eine bestimmte Zeit vorliegen. Erfasst sind nur sog. transitorische RAPs; sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Zahlung zeitlich vor der Aufwands- oder Ertragsverrechnung liegt. Nicht angesetzt werden dürfen antizipierte Posten, bei denen die Zahlung der Aufwands- oder Ertragsverrechnung nachfolgt.[660] Auch nicht ausreichend ist es, wenn sich die Ausgaben zwar erst nach dem Stichtag auswirken, sich der Zeitpunkt oder zumindest der Zeitraum dieser Auswirkung aber nicht bestimmen lässt; das ist insbesondere bei Ausgaben für Werbung oder Forschungsaufwand der Fall.

 

Tz. 622

"Bestimmte Zeit" in Abs. 1 und 2 meint nach heute h. M. verschiedenes für aktive und passive RAPs und geht damit von einem imparitätischen Verständnis des Begriffs aus.[661] Während es für den Ansatz passiver RAPs ausreicht, den Zeitraum schätzen zu können, ist es bei aktiven RAPs erforderlich, dass der Zeitraum objektiv eindeutig bestimmbar ist. Zwischen den Ausgaben und dem Aufwand muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Entfällt ein Teil der Ausgaben auf Aufwand für die abgelaufene Berichtsperiode, ist Aufteilung erforderlich.[662]

 

Tz. 623

Abgrenzungsprobleme bestehen insbesondere zum Bilanzposten "geleistete Anzahlungen" (§ 266 Abs. 2 A. I.3 HGB). Entscheidend ist, ob sie für eine bestimmte Zeit geleistet oder vereinnahmt wurden.[663] Sie ist danach vorzunehmen, ob tatsächlich Aufwand "für eine bestimmte Zeit" vorliegt. Lässt sich dieser Zeitraum nicht bestimmen, kommt es darauf an, ob tatsächlich auf einen Vermögensgegenstand (vgl. Tz. 27 ff.) angezahlt wurde; in diesem Fall ist der Betrag unter § 266 Abs. 2 A. I. 3 HGB. auszuweisen. Liegen Anzahlungen auf einen Wert vor, der nicht die Eigenschaften eines Vermögensgegenstandes erfüllt, sind sie als Aufwand zu verbuchen.

[660] Kirsch, in: Bonner HdR, § 250 HGB Rn. 6.
[661] ADS, § 250 HGB Rn. 36; Ballwieser, in: MüKo-HGB, § 250 HGB Rn. 9; Kleindiek, in: GroßKo-HGB, § 250 HGB Rn. 20; Prinz, in: KK-RechnunR, § 250 HGB Rn. 13; Schubert/Krämer, in: BeckBilKo, § 250 HGB Rn. 24; a. A. Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 250 HGB Rn. 34; Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 250 HGB Rn. 58.
[662] ADS, § 250 HGB Rn. 38.
[663] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 250 HGB Rn. 14.

bb) Auflösung

 

Tz. 624

RAPs unterliegen anders als Vermögensgegenstände nicht der Folgebewertung gem. §§ 252 ff. HGB, sondern werden entsprechend der periodengerechten Aufteilung von Ausgaben und Aufwand berechnet. Aktive RAPs sind folglich insoweit aufzulösen, wie der betreffende Aufwand, für den Ausgaben getätigt wurden, angefallen ist. Der aufgelöste Betrag ist in der GuV dem Posten zuzuordnen, unter dem er bei periodengleicher Aufwandsrealisation zu verbuchen gewesen wäre.

cc) Einzelfälle aus der Rechtsprechung

 

Tz. 625

Regelmäßig wird sich zu dem jeweils genannten aktiven auch der spiegelbildliche passive RAP bilden lassen.

  • Abzugrenzen sind vorausbezahlte

    • Miet- oder Pachtzinsen,[664]
    • Versicherungsprämien,[665]
    • Erschließungskosten,[666]
    • Handy-Provisionen,[667]
    • Kfz-Steuern,[668]
    • Avalprovisionen,[669]
    • Emissionsdisagio bei Schuldverschreibungen,[670]
    • Darlehenszinsen bei jährlich fallenden Zinssätzen und einmalige Bearbeitungsentgelte für den Abschluss von Kreditverträgen, wenn der Darlehensnehmer bei vorzeitiger Vertragsbeendigung ihre anteilige Erstattung verlangen kann; andernfalls zumindest dann, wenn das Darlehensverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und die Parteien dieser Kündigungsmöglichkeit mehr als nur theoretische Bedeutung zugemessen haben.[671]
  • Nicht abzugrenzen sind vorausbezahlte

    • Provisionen des Darlehensnehmers an den Kreditvermittler,[672]
    • degressive Raten beim Mobiliarleasing (in Abgrenzung zum Immobilienleasing).[673]

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