Tz. 116
Das Vorsichtsprinzip gewichtet als Optimierungsgebot das Ziel, bei Ansatz und Bewertung das Risiko einer zu günstigen Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermeiden. Es erhält in den handelsrechtlichen GoB besonderes Gewicht durch die Ausschüttungsbegrenzungs- und Kapitalerhaltungsfunktion der Rechnungslegung (vgl. Tz. 98) kommt nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zum Ausdruck und wird inhaltsgleich in Art. 6 Abs. 1 lit. c)/Art. 31 Abs. 1 lit. c) der Jahresabschlussrichtlinie 2013/1978 beschrieben:
„Bei Ansatz und Bewertung ist der Grundsatz der Vorsicht in jedem Fall zu beachten; das bedeutet insbesondere
- Nur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne werden ausgewiesen.
- Es müssen alle Risiken berücksichtigt werden, die im Laufe des betreffenden Geschäftsjahres oder eines früheren Geschäftsjahres entstanden sind, selbst wenn diese Risiken erst zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz bekannt geworden sind.
- Wertminderungen sind unabhängig davon zu berücksichtigen, ob das Geschäftsjahr mit einem Gewinn oder einem Verlust abschließt.”
Als Optimierungsgebot kennt das Vorsichtsprinzip keine Ausnahmen, sondern wird durch GoB, besondere Bilanzierungsvorschriften und die Subsysteme Realisationsprinzip , Imparitätsprinzip und Niederstwertprinzip ausgestaltet. Eigenständige Bedeutung erlangt es bei der Bemessung der betriebsgwöhnlichen Nutzungsdauer oder der Wahl der Abschreibungsmethode und der Bildung von Rückstellungen.[296] Durch das BilMoG ist das Vorsichtsprinzip in einzelnen Vorschriften (vgl. §§ 246 Abs. 1 Satz 4, 248 Abs. 2 Satz 1 HGB) nicht zurückgedrängt, sondern nur punktuell eine neue Risikobewertung durch den Gesetzgeber vorgenommen worden.
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