Tz. 10

Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes eine Eröffnungsbilanz aufzustellen. Das ist der Zeitpunkt, ab dem der Kaufmann ein selbständiges Handelsgewerbe erstmals als sein eigenes betreibt. Daraus folgt, dass eine Eröffnungsbilanz auch bei einem Inhaberwechsel vom Erwer­ber aufzustellen ist und zwar unabhängig vom Erwerbsgrund. Deshalb muss etwa auch der Erbe eine Eröffnungsbilanz aufstellen, wenn er das Handelsgewerbe des Erblassers fortführt.[45] Eine Er­öffnungsbilanz ist auch in den Fällen der wirt­schaftlichen Neugründung eines Handels­ge­werbes aufzustellen, z. B. nach Aktivierung einer Vorratsgesellschaft oder Wieder­be­lebung einer Gesell­schaft nach Abschluss eines (Regel-)Insolvenz­verfahrens. Das gleiche gilt bei Umwandl­ungs­vorgängen die die Neugründung eines Handels­gewerbes bewirken.[46]

 

Tz. 11

Eine Eröffnungsbilanz ist auch dann aufzustellen, wenn der Kaufmann erstmals bilanzierungs­pflichtig wird, weil die Voraussetzungen des § 241a HGB nicht mehr vorliegen oder wenn er auf die Befreiung des § 242 Abs. 4 HGB verzichtet.[47]

 

Tz. 12

Maßgeblich für den Stichtag der Eröffnungsbilanz ist der Beginn des Betreibens des Han­delsgewerbes. Das ist der Zeitpunkt, in dem sich die Neu­grün­dung nach außen erkennbar zeigt.[48] Beim Inhaberwechsel und Umwandlungs­vor­gängen ist die Registereintragung, im Übri­gen der Tag der Geschäftseröffnung maßgeblich.[49] Bei Kapitalgesellschaften sind drei Zeit­punkte zu unterscheiden, der Beginn des Betreibens eines Handelsgewerbes durch die Vor­gründungsgesellschaft vor der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags, die Be­gründung der Einlagenforderungen durch den notariellen Gesellschaftsvertrag als ersten Ge­schäftsvorfall der Vorgesellschaft und die Übernahme des Handelsgewerbes durch die mit Registereintragung gegründete Kapitalgesellschaft. Nach heute vorherrschender und zu­treffender Ansicht[50] ist die Eröffnungs­bi­lanz auf den Zeitpunkt des Entstehens der Einla­ge­for­derungen durch die notarielle Beurkun­dung des Ge­sellschaftsvertrags aufzustellen, weil mit diesem ersten Geschäftsvorfall die Buchführungs­pflicht der Vorgesellschaft beginnt.[51] Diese auf den Tag der Beurkundung des Gesellschafts­vertrags als Tag der Errichtung der Gesell­schaft aufzustellende Bilanz ist die Eröffnungs­bilanz der später ein­ge­tragenen Kapital­gesell­schaft.[52] Eine weitere Eröffnungsbilanz auf den Stichtag der Register­ein­tragung ist nicht gebo­ten.[53] Schreibt die Satzung eine Eröffnungsbilanz auf den Tag der Eintragung vor, ist eine formlose Zwischenbilanz ausreichend.[54] Unabhängig davon ist in den Fällen, in denen das Handelsgewerbe noch vor der no­tariel­len Beurkundung des Gesellschaftsvertrags (Errichtung der Gesellschaft) be­gon­nen wurde, von der Vorgrün­dungsgesellschaft nach den für Per­so­nen­handelsgesellschaften geltenden Vorschriften eine eigene Eröffnungsbilanz auf den Tag der Ge­schäfts­eröffnung aufzustellen.[55] Die Vorbelastungsbilanz (Kapitalaufbringungsbilanz), mit der ermittelt wird, ob das Grund- oder Stammkapital bei Eintragung aufgebracht wurde, ist keine Eröffnungs­bilanz. Sie folgt nicht den Regeln der GoB. Für die Wertansätze gelten nicht die §§ 252 ff. HGB.[56]

 

Tz. 13

Die Aufstellungsfrist für die Eröffnungsbilanz ergibt sich für alle Kaufleute einschließlich der Ka­pitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personengesellschaften i. S. d. § 264a HGB aus §§ 242 Abs. 1 i. V. m. 243 Abs. 2 HGB. Die ergänzende Vorschrift des § 264 Abs. 1 HGB enthält nur für die regelmäßige Jahresbilanz besondere Aufstellungsfristen.[57] Bei allen Kauf­leuten ist da­nach die Eröffnungsbilanz innerhalb der einem ord­nungsmäßigen Geschäftsgang entspre­chen­den Zeit aufzustellen. Dieser Zeitraum ist bezogen auf den Einzelfall so zu be­mes­sen, dass die Rechnungslegungsziele im konkreten Sachverhalt verwirklicht werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der mit der Eröffnungsbilanz jeweils verbundene Zweck unter­schied­lich ist. Bei einer Neugründung dürfte deshalb eine Aufstel­lungsfrist von aller­höchs­tens drei Mo­na­ten einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechen, zumal bei Kapi­tal­gesellschaften das Verhältnis von Vermögen und Schulden bereits nach den Gründungs­vorschriften vor der Ein­tragung aufbereitet worden sein muss. Die Eröffnungsbilanz des Er­ben der ein Han­dels­ge­werbe übernimmt, spiegelt dagegen die Schlussbilanz des Erblassers und ist in der auch für diese geltenden, regelmäßig längeren Aufstellungsfrist, aufzustellen. Kur­ze Fris­ten gelten auch für außerordentliche Geschäftsvorgänge, etwa Umwandlungen.

 

Tz. 14

Für die Eröffnungsbilanz gelten die GoB und alle Bilanzierungsvorschriften der Jahres­bilanz mit vier Ausnahmen. Die Er­öffnungsbilanz bedarf nach überzeugender, aber umstrittener Ansicht keiner Feststellung,[58] sie unterliegt nicht der ge­setz­lichen Prüfungspflicht und sie muss nicht offengelegt werden. Außerdem braucht sie bei Ka­pitalgesellschaften nicht um einen An­hang und die weiteren in § 264 HGB...

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