a) Überblick
Tz. 3
Grundnorm für den handelsrechtlichen Jahresabschluss aller Kaufleute und Handelsgesellschaften einschließlich der Kapitalgesellschaften ist § 242 HGB. Die Vorschrift regelt in den Abs. 1 und 2 getrennt die Verpflichtungen des Kaufmanns zu Beginn seines Handelsgewerbes einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellen Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz) und für den Schluss jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Im HGB bezeichnet der Begriff des Abschluss die Bilanz. Den Begriff des Jahresabschlusses führt § 242 Abs. 3 HGB, wie die Jahresabschlussrichtlinie 2013/1978 in Art. 4 Abs. 1/Art. 2 Abs. 1 für die Einheit aus Bilanz und GuV ein. Einzelkaufleute, die nach § 241a HGB nicht buchführungspflichtig sind (vgl. Kapitel 2), müssen keinen Jahresabschluss aufstellen.
Für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften i. S. d. § 264a HGB, die nicht Kleinstkapitalgesellschaften sind, erweitert § 264 Abs. 1 Satz 1 die Bestandteile des Jahresabschlusses um ein drittes Element, den Anhang. Er enthält Texterläuterungen zu den Zahlenwerken der Bilanz und der GuV. Der nach § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften sowie Gesellschaften bestimmter Branchen und Rechtsformen zusätzlich aufzustellende Lagebericht ist nicht Bestandteil des Jahresabschlusses, sondern ergänzt diesen um einen Bericht des Geschäftsverlaufs, der Geschäftsergebnisse und der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung.
Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die keinen Konzernabschluss aufstellen, müssen den Jahresabschluss nach § 264 Abs. 1 Satz 2 um ein viertes und fünftes Element, die Kapitalflussrechnung und den Eigenkapitalspiegel erweitern. Sie dürfen den Jahresabschluss um ein sechstes Element, die Segmentberichterstattung ergänzen.
Die durch §§ 242, 264 HGB geregelte Verpflichtung, einen Jahresabschluss aufzustellen, ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung.[1] Unabhängig von dieser Verpflichtung kann daneben eine durch Gesellschaftsvertrag und Satzung geregelte gesellschafts(privat-)rechtliche Verpflichtung bestehen,[2] die über die gesetzlich vorgeschriebenen Elemente des Jahresabschlusses hinausgehen kann.
Vom Jahresabschluss i. S. d. §§ 242 Abs. 3, 264 Abs. 1 HGB ist der Konzernabschluss zu unterscheiden, für dessen Bestandteile die Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung gelten und die §§ 290–315 HGB eigenständige Regelungen enthalten (vgl. Kapitel 14).
b) Entstehungsgeschichte
Tz. 4
Die Pflicht eine Eröffnungsbilanz und jährliche Bilanzen über das Verhältnis des Vermögens und der Schulden aufzustellen, regelten unter dem Begriff des Abschluss bereits § 39 HGB 1897 und Art. 29 ADHGB 1869 und begrenzt auf die gesellschaftsrechtliche Gewinnverteilungsfunktion das Preußische Allgemeine Landrecht 1794 in II 8 § 642.[3] Die Verpflichtung, daneben auch eine Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen, findet sich, zunächst nur für die Aktiengesellschaft, erstmals in § 260 Abs. 2 HGB 1897. Ursprünglich bestand der Jahresabschluss deshalb nur aus der Bilanz.[4] Zwar erfordert die doppelte Buchführung als praktische Notwendigkeit zumindest die Erstellung einer Arbeits-GuV. Es ist aber bis heute zweifelhaft, ob die GoB eine doppelte Buchführung voraussetzen.[5]
Das BiRiLiG führte mit dem geltenden § 242 Abs. 2 HGB erstmals die Verpflichtung zur Aufstellung einer GuV neben dem Abschluss für alle Kaufleute verbindlich ein. Gleichzeitig definierte das BiRiLiG in § 243 Abs. 3 HGB den neuen Begriff des Jahresabschlusses als Einheit von Bilanz und GuV. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass der Jahresabschluss in seiner Grundform keinen Anhang enthält, sondern nur aus Bilanz und GuV besteht (Sperrfunktion gegenüber § 264 HGB).[6]
Die besonderen Gliederungs- und Anhangvorschriften für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute sowie für Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds in den §§ 340a–340d, 341a HGB sind mit dem Bankbilanz-Richtliniengesetz (BaBiRiLiG) v. 30.11.1990[7] zur Umsetzung der Bankjahresabschluss-Richtlinie 86/635/EWG v. 8.12.1986[8] und der Bankzweigniederlassungs-Richtlinie 83/349/EWG v. 13.6.1983[9] sowie dem Versicherungsbilanzrichtlinie-Gesetz v. 24.6.1994[10] zur Umsetzung der VersicherungsJahresabschlussrichtlinie 91/674/EWG v. 19.12.1991[11] mit parallelen Anpassungen der Gliederungsvorschriften in der RechKredV und die RechVersV eingefügt worden.
Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) v. 27.4.1998[12] erwei...
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