Tz. 87
Die praktische Bedeutung von § 264 Abs. 3 HGB ist zweifelhaft. Zwar hat die Vorschrift durch die Einstandspflicht für Verbindlichkeiten eine andere Struktur gegenüber der bislang geltenden Regelung erhalten, wo es um die Verlustübernahme ging. Daher ist ihr Anwendungsbereich auf Konstellationen ohne eine körperschaftsteuerliche Organschaft gem. §§ 14 ff. KStG und Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge gem. § 291 AktG denkbar. Besteht jedoch eine körperschaftsteuerliche Organschaft gem. §§ 14 ff. KStG, hat die Übernahme des Jahresverlustes gem. § 302 Abs. 1 AktG keine Bedeutung; vielmehr muss zusätzlich noch die Einstandspflicht für Altverbindlichkeiten hinzukommen. Gleichwohl ist die Anwendung von § 264 Abs. 3 HGB bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft nicht ratsam. Verzichtet man auf die Prüfung (dritter Unterabschnitt), gefährdet man bereits bei einfachen Bilanzierungsfehlern die Organschaft, obwohl dieses Risiko wegen der Wirkungen des Bestätigungsvermerks gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG vermieden werden kann. Hinzu kommt die Unklarheit, inwieweit Vorschriften der §§ 264–274a HGB mit ihren Auswirkungen auf den abführungsfähigen Gewinn anwendbar sind. Wird ein zu geringer Gewinn abgeführt bzw. ein zu geringer Verlust ausgeglichen, gilt der Ergebnisabführungsvertrag als nicht durchgeführt, was zum Scheitern der Organschaft führt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 2. Halbsatz KStG).[157] Die Praxis wird sich dieser Gefahr nicht aussetzen wollen. Verzichtet man auf die Offenlegung (vierter Unterabschnitt), scheint eine Heilung eines nichtigen Jahresabschlusses gem. § 256 Abs. 6 AktG ausgeschlossen, weil grundsätzlich eine Offenlegung Voraussetzung ist.[158]
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