I. § 267 HGB

 

Tz. 170

 

§ 267 Umschreibung der Größenklassen

(1) Kleine Kapitalgesellschaften sind solche, die mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten:

  1. 6.000.000 Euro Bilanzsumme.
  2. 12.000.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag.
  3. Im Jahresdurchschnitt fünfzig Arbeitnehmer.

(2) Mittelgroße Kapitalgesellschaften sind solche, die mindestens zwei der drei in Absatz 1 bezeichneten Merkmale überschreiten und jeweils mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten:

  1. 20.000.000 Euro Bilanzsumme.
  2. 40.000.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag.
  3. Im Jahresdurchschnitt zweihundertfünfzig Arbeitnehmer.

(3) Große Kapitalgesellschaften sind solche, die mindestens zwei der drei in Absatz 2 bezeichneten Merkmale überschreiten. Eine Kapitalgesellschaft im Sinn des § 264d gilt stets als große.

(4) Die Rechtsfolgen der Merkmale nach den Absätzen 1 bis 3 Satz 1 treten nur ein, wenn sie an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren über- oder unterschritten werden. Im Falle der Umwandlung oder Neugründung treten die Rechtsfolgen schon ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1, 2 oder 3 am ersten Abschlussstichtag nach der Umwandlung oder Neugründung vorliegen. Satz 2 findet im Falle des Formwechsels keine Anwendung, sofern der formwechselnde Rechtsträger eine Kapitalgesellschaft oder eine Personenhandelsgesellschaft im Sinne des § 264a Absatz 1 ist.

(4a) Die Bilanzsumme setzt sich aus den Posten zusammen, die in den Buchstaben A bis E des § 266 Absatz 2 aufgeführt sind. Ein auf der Aktivseite ausgewiesener Fehlbetrag (§ 268 Absatz 3) wird nicht in die Bilanzsumme einbezogen.

(5) Als durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer gilt der vierte Teil der Summe aus den Zahlen der jeweils am 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich der im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer, jedoch ohne die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

(6) Informations- und Auskunftsrechte der Arbeitnehmervertretungen nach anderen Gesetzen bleiben unberührt.

1. Einleitung

a) Überblick

 

Tz. 171

§ 267 HGB definiert drei Kategorien von Kapitalgesellschaften. Von der Bilanzsumme, den Umsatzerlösen und der durchschnittlichen Arbeitnehmerzahl wird es abhängig gemacht, ob es sich um kleine, mittelgroße oder große Kapitalgesellschaften handelt. Bereits die 4. EG-Richtlinie schrieb die Überprüfung der Schwellenwerte spätestens alle 5 Jahre vor, sodass bei (wegen Nichtigkeit notwendiger) Neuaufstellung von Jahresabschlüssen ggf. frühere Schwellenwerte beachtet werden müssen.[274] Durch das MicroBilG sind zusätzlich noch Kriterien für Kleinstkapitalgesellschaften in § 267a HGB statuiert worden. Der zweite Abschnitt des dritten HGB-Buches, d. h. alle Sondervorschriften für Kapitalgesellschaften, gilt uneingeschränkt für große Kapitalgesellschaften. Einige Ausnahmen vom detaillierten Ausweis einzelner Posten, den Prüfungspflichten und den Offenlegungspflichten werden für mittelgroße Kapitalgesellschaften angeordnet. Noch stärkere Ausnahmen davon gibt es für kleine Kapitalgesellschaften oder Kleinstkapitalgesellschaften im Sinne von § 267a HGB.

[274] Überblick dazu bei Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 267 HGB Rn. 3.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 172

Bereits Art. 53 Abs. 2 der 4. EG-Richtlinie schrieb die Überprüfung der Finanzschwellenwerte alle fünf Jahre vor. Daher hat die Vorschrift seit ihrer Statuierung durch das BilRiLiG häufig eine Änderung erfahren. Die Größenschwellen wurden jeweils in den Jahren 2002, 2004 und 2008 geändert.[275] Mit dem BilRuG erging die nächste Änderung. Allerdings ist die im Referentenentwurf vorgesehene Ausklammerung aktiver Steuerlatenzen bei der Berechnung der Bilanzsumme nun doch nicht Gesetz geworden.

[275] Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 267 HGB Rn. 3.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 173

Die Vorschrift gilt für alle Kapitalgesellschaften im Sinne von § 264 HGB (AG, GmbH, KGaA, SE mit Inlandssitz), für alle Personengesellschaften im Sinne von § 264a HGB sowie über den Verweis von § 336 Abs. 2 Satz 1 HGB für alle Genossenschaften.[276]

[276] Reiner, in: MüKo-HGB, § 267 HGB Rn. 1.

d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven

 

Tz. 174

Die Entwicklungsperspektiven der Vorschrift sind aus ihrer Entstehungsgeschichte heraus zu verstehen. Die Größensummen werden mindestens alle 5 Jahre überprüft und angepasst.

2. Erläuterung

a) Zweck und Anwendbarkeit

 

Tz. 175

Mit Blick insbesondere auf die Publizitätsvermeidung liegt in § 267 Abs. 1 HGB besonderer Sprengstoff. Die Gesellschaft hat vielfältigen Gestaltungsspielraum.[277] Der Schwellenwert "Bilanzsumme" wird maßgeblich dadurch bestimmt, inwieweit stille Reserven beibehalten werden können oder realisiert sind. Ebenso ist es für die Bilanzsumme maßgeblich, ob ein Vorgang als Aufwand zu buchen oder durch Ansatz von Anschaffungskosten zu neutralisieren ist. Gelingt mit Blick auf die Bilanzsumme bzw. Umsatzschwellenwerte noch nicht die Einordnung der Gesellschaft als kleine oder mittelgroße, ist über eine Aufspaltung der Geschäftstätigkeiten nachzudenken. Ist das betriebswirtschaftlich möglich, können verschieden...

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