Tz. 150

Das zweite Konto ist nach dem gesetzlichen Leitbild ein Darlehenskonto und weist damit kein Eigenkapital aus.[240] Für die Einordnung eines Kapitalkontos als Rücklage kommt es nicht auf die Bezeichnung auf als Rücklagekonto, sondern vielmehr auf die Verlustteilnahme an.[241] Es kommt somit darauf an, dass gesellschaftsvertraglich § 169 Abs. 2 HGB für das entsprechende Konto abbedungen worden ist, sodass vor einer Auszahlung ein Jahresverlust zu verrechnen ist. Das trifft für das Kapitalkonto II im Zweikontenmodell zu, weil es Einlagecharakter hat.[242] Daran ändert dessen Verzinslichkeit nichts.[243] Im Dreikontenmodell hat das Kapitalkonto II ebenso Rücklagecharakter;[244] das Darlehenskonto nimmt jedoch nicht am Verlust teil und ist als Verbindlichkeit zu buchen.[245] Daran ändert auch nichts, wenn eine Entnahmebeschränkung bezüglich des Darlehenskontos existiert.[246] Im Vierkontenmodell ändert sich die Natur vom Kapitalkonto II in ein reines Rücklagekonto. Im Gegensatz zum Darlehenskonto soll es aber einer Entnahmebeschränkung unterliegen. Hingegen soll es im Gegensatz zu den anderen Kontenmodellen nicht mit künftigen Verlusten belastet werden. Eine Verlustbelastung geschieht allein auf dem Verlustvortragskonto. Mithin wird man im Vierkontenmodell dem Kapitalkonto II trotz des (dauerhaften) Rücklagecharakters keine Eigenkapitalqualität zubilligen können,[247] sodass der betreffende Stand auch nicht als Einlage ausgewiesen werden kann. Selbst wenn die Gesellschafter die Überführung der Rücklagen auf das Verlustvortragskonto beschließen können, ändert sich nichts an dieser Feststellung,[248] weil es eben erst dieses Gesellschafterbeschlusses bedarf und § 169 Abs. 2 HGB damit nicht automatisch außer Kraft gesetzt wird. Existiert ein gemeinschaftliches Rücklagekonto[249] dient dies vorrangig dem Ausgleich von Verlusten und hat damit den Charakter vom Kapitalkonto II im Dreikontenmodell. Es hat somit Einlagecharakter[250] und ist in der Rücklage auszuweisen.

 

Tz. 151

Umstritten ist die Verbuchung des Agios beim Beitritt zusätzlicher Kommanditisten. Der Bundesgerichtshof hat ohne eine Begründung die Haftung des Kommanditisten wieder aufleben lassen, wenn das Haftkapital verbraucht war und das Agio gleichwohl zurückgezahlt worden ist.[251] Die Kritik weist darauf hin, dass die beitretenden Kommanditisten den Agiobetrag auch direkt den Darlehenskonten der bisherigen Kommanditisten zuweisen können.[252] Wenn man den Kontenausweis als Maßstab für die Haftung nimmt, ist eine vermittelnde Lösung zutreffend: Es kommt darauf an, auf welchem Konto das Agio verbucht wird. Wird es auf einem Einlagekonto (sei es der neuen Kommanditisten, sei es der bisherigen Kommanditisten) verbucht, kann es nur unter Beachtung der Prämissen von § 172 Abs. 4 HGB ausgeschüttet werden. Bei der Verbuchung auf einem Darlehenskonto (bzw. nach vorliegend vertretener Auffassung auf dem Kapitalkonto II beim Vierkontenmodell) ist eine Rückgewähr unabhängig von künftigen Verlusten möglich. Es kommt auf die zugrunde liegende Gesellschafterabrede an,[253] die sich in der Verbuchung bzw. dem bilanziellen Ausweis manifestiert.

[240] Huber, ZGR 1988, 1 (35); ders., Freie Rücklagen in Kommanditgesellschaften, in: Schön u. a. (Hrsg.), GS Knobbe-Keuk, Köln 1997, 203 (204); für § 264c HGB; Theile, BB 2000, 555 (558).
[242] Huber, ZGR 1988, 1 (70 ff.) mit Kritik an der wenig überzeugenden Rechtsprechung des BGH zu anderweitigen Fragen im Hinblick auf dieses Konto.
[244] Huber, ZGR 1988, 1 (85); Theile, BB 2000, 555 (558).
[245] Huber, ZGR 1988, 1 (74 f.); Theile, BB 2000, 555 (558).
[246] Huber, ZGR 1988, 1 (82).
[247] Oppenländer, DStR 1999, 939 (942); siehe auch Huber, ZGR 1988, 1 (88): Kapitalkonto II im Vierkontenmodell als Forderungskonto; a. A. wohl Graf/Bisle, in: MüKo-BilR, § 264c HGB Rn. 33.
[248] A. A. Huber, ZGR 1988, 1 (89), der für diesen Fall ein Forderungskonto annimmt.
[249] Die Bezeichnung als "gesamthänderisch gebunden" ist handelsrechtlich ohne Sinn, dazu Huber, ZGR 1988, 1 (91).
[250] Huber, Freie Rücklagen in Kommanditgesellschaften, in: Schön u. a. (Hrsg.), GS Brigitte Knobbe-Keuk, Köln 1997, 203 (209 f., 216 f.).
[252] Bayer/Lieder, ZIP 2008, 809 (810 ff.).
[253] So auch Huber, ZGR 1988, 1 (22); Bayer/Lieder, ZIP 2008, 809 (810 ff.).

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