Tz. 100

Für die Nichtanwendung von § 264a HGB muss gem. § 264a Abs. 1 Nr. 1 HGB wenigstens ein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person sein. Nicht ausreichend ist die schuldrechtliche Übernahme von Pflichten durch eine natürliche Person.[174] Hingegen stellt das Gesetz keine weiteren Anforderungen an eine natürliche Person. Die interne Haftungsfreistellung ist unschädlich;[175] ebenso wenig kommt es auf dessen Vermögen an.[176] Ebenfalls gilt § 264a HGB bei einer Kommanditgesellschaft mit einer ausländischen Kapitalgesellschaft als persönlich haftendem Gesellschafter. Es geht nicht um die (zusätzlichen) Bilanzierungspflichten der ausländischen Gesellschaft (vgl. dazu Tz. 10), sondern der Kommanditgesellschaft ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter.

 

Tz. 101

Untauglich als natürliche Person ist ein ausgeschiedener Gesellschafter. Dieser ist nur noch der Nachhaftung gem. § 160 HGB unterworfen. Diese bezieht sich nur auf die bis zum Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten, sodass Neugläubiger nicht geschützt sind. Wurde das Ausscheiden nicht eingetragen, mangelt es gleichwohl an einer natürlichen Person, weil die Eintragung des Ausscheidens gem. § 143 Abs. 2 HGB lediglich deklaratorisch ist. Scheidet diese Person vor dem Bilanzstichtag aus, ist die Anwendung von § 264a HGB auf den Jahresabschluss der Personengesellschaft unproblematisch. Für das Ausscheiden nach dem Stichtag ist es fraglich, ob das Stichtagsprinzip gilt. Bedenkt man, dass zwar die Bilanzkennzahlen die Vergangenheit auswerten, jedoch von Gläubigern mit Blick für künftige Aktivitäten herangezogen werden, spricht viel für die Nichtbeachtung des Stichtagsprinzips. Zudem ist dieses auf den Jahresabschluss als solchen anzuwenden; § 252 HGB betrifft aber nicht die Voraussetzungen der Bilanzierungspflichtigkeit als solcher. Gleichwohl sollte der Bilanzstichtag den Maßstab bilden.[177] Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres konnte der Geschäftsleiter noch von der bloßen Aufstellung des Jahresabschlusses nach den §§ 238257 HGB ohne Prüfung und Offenlegung ausgehen. Egal wie schnell oder langsam nun die letzte natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter ausscheidet, kann das keinen Einfluss mehr haben. Tritt nach dem Stichtag eine natürliche Person der Kapitalgesellschaft & Co. KG als unbeschränkt haftender Gesellschafter bei, haftet sie gem. § 130 HGB uneingeschränkt für alle Altverbindlichkeiten. § 264a HGB ist dann für Jahresabschlüsse der Vergangenheit nicht mehr anwendbar.[178] Weitere Qualifikationsanforderungen stellt das Gesetz jedoch nicht. Bonität, Staatsangehörigkeit und Wohnsitz werden für unbeachtlich gehalten.[179] Grundsätzlich ist die natürliche Person auch gegeben, wenn sie nur fehlerhafter Gesellschafter geworden ist. Der fehlerhaft Beigetretene ist bis zur außerordentlichen Kündigung Gesellschafter, sodass es auch hier nur darauf ankommt, dass die außerordentliche Kündigung nicht vor dem Bilanzstichtag lag.

 

Tz. 102

Eine natürliche Person fehlt, wenn die natürliche Person nur ein Scheingesellschafter war. Anders als ein fehlerhafter Gesellschafter ist ein Scheingesellschafter nie Gesellschafter geworden und haftet daher auch nicht unbeschränkt persönlich nach §§ 128 ff. HGB.[180] Viele der vorgeschlagenen Möglichkeiten zur Umgehung von § 264a HGB[181] beruhen auf der Hinzuziehung eines Scheingesellschafters und sind daher untauglich. I. Erg. läuft darauf letztlich die Argumentation hinaus, wenn eine nur kurze Beitrittszeit nicht für § 264a HGB genügen soll.[182] Tritt jemand der KapCo-Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter ausschließlich deshalb bei, um Abschlussprüfung und Offenlegung zu vermeiden und dafür eine Vergütung zu erhalten, ist seine Einbeziehung in den gemeinsamen Zweck fraglich. Wird eine GmbH oder eine vermögenslose natürliche Person einziger Komplementär einer KG, ist sie notwendig, um überhaupt die KG gründen zu können. Sie erhält zudem zwingend Vertretungsmacht und wird zumeist in der Geschäftsführung nicht beschränkt. Hiervon unterscheidet sich das Hinzutreten einer natürlichen Person zu einer Kapitalgesellschaft & Co. KG maßgeblich, insbesondere wenn gem. § 114 Abs. 2, § 125 Abs. 1 HGB Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen worden sind und somit nur von der GmbH und ihrem Geschäftsführer ausgeübt werden. Während in den erstgenannten Fällen der Beitrag des Komplementärs zum gemeinsamen Zweck in der Übernahme einer persönlichen Haftung liegt, um überhaupt die Kommanditgesellschaft als Rechtsform nutzen zu können, fehlt es an all dem beim Hinzutritt einer natürlichen Person zu einer GmbH & Co. KG, wenn einzig intendierter Zweck die Abwehr der Wirkungen von § 264a HGB ist. Anzeichen für fehlenden gemeinsamen Zweck ist stets der Ausschluss von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht. Trotz Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht sind fehlender Wohnsitz in Deutschland oder fehlende deutsche Staatsangehör...

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