aa1) Verpflichtete Gesellschaften

 

Tz. 7

Dem zweiten Abschnitt des dritten HGB-Buches unterfallen Kapitalgesellschaften. Das sind die GmbH, die AG und trotz eines persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschafters die KGaA. § 264a HGB erstreckt die Anwendung der Vorschriften auf Personengesellschaften ohne eine natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter. Grundsätzlich ist davon die GmbH & Co. KG erfasst, aber auch andere Gebilde wie die AG & Co. KG etc. (zu Einzelheiten siehe bei § 264a HGB). Ist der persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter der KGaA keine natürliche Person, ist diese Gesellschaftsform trotzdem unter § 264 HGB und nicht unter § 264a HGB zu fassen. Damit ist jegliche Diskussion um die Rechtsnatur des persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschafters bei der KGaA für die Rechnungslegungspflichten unbeachtlich – anders als bei einer KG.

 

Tz. 8

Die Anwendung der §§ 264 ff. HGB wird gesetzlich in weiteren Fällen bestimmt; da sind:

Zu beachten ist allerdings, dass immer nur auf bestimmte Vorschriften oder Regelungskomplexe des zweiten Abschnitts verwiesen wird, sodass nicht per se alle Vorschriften des zweiten Abschnitts angewendet werden können. Besonders deutlich wird dies für Versicherungsunternehmen, die gem. § 341a Abs. 2 bzw. § 341j Abs. 1 HGB nur eingeschränkt die Vorschriften des ersten und zweiten Unterabschnitts des zweiten Abschnitts anzuwenden haben.

 

Tz. 9

Außer Diskussion steht die Nichtanwendung der §§ 264 ff. HGB auf Einzelkaufleute und gesetzestypische Personengesellschaften.[5] Jedoch taugen die Vorschriften als Orientierungshilfe bei der Auslegung der allgemeinen Vorschriften.[6] Umstritten ist eine freiwillige Übernahme in das Recht der Personengesellschaften.[7] Die praktischen Auswirkungen zu Lasten der Personengesellschaft und ihrer Gesellschafter werden von keiner der Ansichten vorgestellt. Eine Offenlegung gem. §§ 325 ff. HGB ist ausgeschlossen, weil der Bundesanzeiger (wie das Handelsregister) nicht mit freiwilligen Angaben überlastet werden darf, sondern Publizität sich auf die gesetzlich vorgeschriebenen Fälle zu beschränken hat. Für die Gesellschaft bzw. deren Gesellschafter dürften die Auswirkungen einer freiwilligen Anwendung der §§ 264 ff. HGB allein im erhöhten Rechnungslegungsaufwand der Gesellschaft zu erkennen sein. Die Frage kann daher nur sein, ob es sich bei der freiwilligen Anwendung der §§ 264 ff. HGB auf gesetzestypische Personengesellschaften um eine Geschäftsführungsmaßnahme oder gesellschaftsvertragliche Maßnahme handelt. Letzteres ist der Fall. Ebenfalls können die Vorschriften nicht auf unternehmerisch tätige Stiftungen oder Vereine angewendet werden. So wünschenswert die Anwendung wegen der Haftungsbeschränkung auf das Stiftungs- bzw. Vereinsvermögen wäre, sprechen Wortlaut "Kapitalgesellschaften" und die Gesetzessystematik mit den Einschränkungen bzw. Sonderregelungen z. B. für Genossenschaften gegen eine Analogie.

 

Tz. 10

Ebenfalls ist die analoge Anwendung der §§ 264 ff. HGB auf ausländische Kapitalgesellschaften mit tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland abzulehnen.[8] Die Begründung kann aber von der herrschenden Meinung nicht geliefert werden. Soweit sie das Bilanzrecht als öffentliches Recht einordnet, muss sie für die Buchführungspflichten allein den Ort der tatsächlichen Niederlassung annehmen, weil das IPR das öffentliche Recht nicht verdrängen kann.[9] Die h. M. bejaht hingegen eine Verbundenheit von Gesellschaftsrecht und Bilanzrecht,[10] womit sie eigentlich akzeptiert, dass auch das Bilanzrecht ein Teilgebiet des Privatrechts ist – aber mit zwingendem Charakter.[11] Ordnet man das Recht der Rechnungslegung zutreffend als Privatrecht ein,[12] weil zwingende Vorschriften noch lange nicht hoheitliche Anordnung bedeuten, gelangt man zur richtigen Lösung und kann die Rechnungslegungspflichten an das Gesellschaftsstatut knüpfen.[13] Im Gefolge der EuGH-Rechtsprechung zur Sitz- und Gründungstheorie können ausländische Gesellschaften aus der EU bzw. aus durch Freundschaftsverträge verbundenen Staaten nicht dem deutschen Bilanzrecht unterworfen werden und damit auch nicht den §§ 264 ff. HGB. Anders verhält es sich aber bei einer Personengesellschaft mit einer ausländischen Rechtsperson als unbeschränkt haftendem Gesellschafter (siehe dazu § 264a HGB). Scheinauslandsgesellschaften aus Drittstaaten könnten wegen der Sitztheorie den §§ 238 ff. HGB unterfallen. §§ 264 ff. HGB sind aber nur dann anwendbar, wenn diese Gesellschaften nicht dem Regime der Personengesellschaften unterworfen werden. Werden sie – wie meistens – dem Regime des Personengesellschaftsrechts unterworfen, ist jedoch an § 264a HGB zu denken (§ 264a HGB, vgl. Tz. 100). §§ 264 ff. HGB kann nicht auf Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaf...

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