a) Besonderheiten für Kleinstkapitalgesellschaften
Tz. 219
Weil Kleinstkapitalgesellschaften als kleine Kapitalgesellschaften gelten (§ 267a Abs. 1 Satz 1 HGB), können sie grundsätzlich alle Befreiungen bzw. Erleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften in Anspruch nehmen. Dazu kommen die folgenden zusätzlichen Erleichterungen und Befreiungen:
- § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB: Die Kleinstkapitalgesellschaft ist von der Erweiterung um einen Anhang befreit, wenn sie die folgenden Angaben unter der Bilanz macht: Haftungsverhältnisse (§ 251, § 268 Abs. 7 HGB); Vorschüsse, Kredite etc. zugunsten von Geschäftsleitern (§ 285 Nr. 9c HGB; Bestand eigener Aktien (§ 160 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AktG). In diesem Fall ist jedoch die Bewertung von Deckungsvermögen im Sinne des § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert ausgeschlossen (§ 253 Abs. 1 Satz 5 HGB). Beim Verzicht auf den Anhang müssen zudem Angaben im Sinne von § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB gem. § 264 Abs. 2 Satz 4 HGB unter der Bilanz gemacht werden.
- § 266 Abs. 1 Satz 4 HGB: Kleinstkapitalgesellschaften können ihre Bilanz auf die Buchstaben der Abs. 2 und 3 von § 266 HGB beschränken. Sie geben nur an: Anlagevermögen, Umlaufvermögen, (aktive) Rechnungsabgrenzungsposten, aktive latente Steuern, Eigenkapital, Rückstellungen, Verbindlichkeiten, (passive) Rechnungsabgrenzungsposten und passive latente Steuern. In diesem Fall ist jedoch die Bewertung von Deckungsvermögen im Sinne des § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert ausgeschlossen (§ 253 Abs. 1 Satz 5 HGB).
- § 275 Abs. 5 HGB: Kleinstkapitalgesellschaften können ihre GuV auf die 8 Posten begrenzen. Da sind: Umsatzerlöse, sonstige Erträge, Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibungen, sonstige Aufwendungen, Steuern und Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag. In diesem Fall ist jedoch die Bewertung von Deckungsvermögen im Sinne des § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert ausgeschlossen (§ 253 Abs. 1 Satz 5 HGB).
- § 325a Abs. 3 Satz 1, Satz 2 HGB: Die Vorteile für Kleinstkapitalgesellschaften können ggf. auch auf die Offenlegungspflichten für ausländische Kapitalgesellschaften angewendet werden, wenn sie in Deutschland über eine Zweigniederlassung verfügen.
- § 326 Abs. 2 HGB: Die Bilanz darf in elektronischer Form zur Hinterlegung eingereicht werden. Dazu siehe auch § 8b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB und die Beschränkung der Einsichtnahme in das Unternehmensregister gem. § 9 Abs. 6 Satz 2 HGB; zur Hinterlegung siehe § 328 Abs. 5HGB. In diesem Fall ist jedoch die Bewertung von Deckungsvermögen im Sinne von § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert ausgeschlossen (§ 253 Abs. 1 Satz 5 HGB).
- § 335 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HGB: Herabsetzung eines bereits angedrohten Ordnungsgeldes auf 500 EUR bei Einreichung von Bilanz und GuV nach der 6-Wochenfrist.
- § 152 Abs. 4 AktG: Entbehrlichkeit ergänzender Angaben zum Grundkapital, zu den Kapitalrücklagen und zu den Gewinnrücklagen, wenn sie sich auf eine Grobgliederung der Bilanz beschränken (siehe bei § 266 Abs. 1 Satz 4). Die Vorschrift hat klarstellenden Charakter, dass § 266 Abs. 1 Satz 4 nicht nur bei GmbHs, sondern eben auch für AGs gilt.
- § 158 Abs. 3 AktG: Entbehrlichkeit zusätzlicher Angaben zu Entnahmen und Einstellungen aus bzw. in Kapital- bzw. Gewinnrücklagen, soweit von der Grobgliederung der GuV im Sinne von § 275 Abs. 5 Gebrauch gemacht wird.
- Die Erleichterungen gem. § 160 Abs. 3 AktG gelten jetzt auch für kleine Kapitalgesellschaften (siehe § 267 HGB vgl. Tz. 185).
b) Größenmerkmale
Tz. 220
Eine Kleinstkapitalgesellschaft liegt nur vor, wenn zwei der drei Merkmale nicht überschritten sind:
- Bilanzsumme von 350.000 EUR
- Umsatzerlöse von 700.000 EUR
- Durchschnittliche Arbeitnehmerzahl von 10
Tz. 221
Zu Zweifelsfragen bei der Ermittlung von Bilanzsumme, Umsatzerlösen und durchschnittlicher Arbeitnehmerzahl kann auf die Kommentierung von § 267 HGB verwiesen werden. § 267a Abs. 1 Satz 1 HGB besagt klar, dass es sich bei Kleinstkapitalgesellschaften um kleine Kapitalgesellschaften im Sinne von § 267 HGB handelt. Praktisch bedeutsam dürfte das einem Drittvergleich standhaltende Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers sein. Ist es zu hoch, wird ein vermeintlicher Aufwand gebucht, statt einen höheren Jahresgewinn in der Bilanz auszuweisen. Diese verdeckte Gewinnausschüttung erhöht die Bilanzsumme und kann ggf. zum Überschreiten des Schwellenwertes führen.
Tz. 222
Aus dem Verweis in § 267a Abs. 1 Satz 2 HGB auf § 267 Abs. 4–6 HGB ergibt sich auch die Anwendung von § 267 Abs. 4a HGB. Das bedeutet, dass ein nicht durch Eigenkapital abgedeckter Fehlbetrag in Abzug zu bringen ist.
Tz. 223
§ 267a Abs. 3 HGB schließt die Anwendung der Regeln zugunsten von Kleinstkapitalgesellschaften aus, wenn Zweck der Unternehmen allein im Halten einer Beteiligung liegt. Nr. 1, 2 haben deklaratorischen Charakter, weil § 19d InvG, § 8 Abs. 1, Abs. 2 UBGG, § 38 Abs. 1 KAGG die Einordnung der Investmentgesellschaft bzw. Unternehmensbeteiligungsgesellschaft als Kleinstkapitalgesellschaft ausschließen. Hinzu kommen in § 267a Abs. 3 Nr. 3 HGB sonstige Gesells...
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