Tz. 152

 

§ 333a Verletzung der Pflichten bei Abschlussprüfungen

Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Mitglied eines nach § 324 Absatz 1 Satz 1 eingerichteten Prüfungsausschusses

  1. eine in § 334 Absatz 2a bezeichnete Handlung begeht und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt oder
  2. eine in § 334 Absatz 2a bezeichnete Handlung beharrlich wiederholt.
 

Tz. 153

§ 333a HGB als Qualifikation regelt erschwerte Fälle einer Ordnungswidrigkeit nach § 334 Abs. 2a HGB. Diese überschreiten nach Einschätzung des Gesetzgebers die Schwelle eines strafbedürftigen Verhaltens, so dass auf der Rechtsfolgenebene eine schlichte Geldbuße als nicht ehrenrührige Pflichtenmahnung (vgl. Tz. 160) nicht mehr ausreichend ist. Die Vorschrift wurde durch das AReG v. 10.05.2016 ins Gesetz eingefügt (zur Geschichte allgemein oben vgl. Tz. 4 ff.). Die §§ 340m Abs. 2, 341m Abs. 2 HGB, § 19a PublG, § 404a AktG, § 86 GmbHG, § 151a GenG und § 331 Absatz 2a VAG enthalten entsprechende Parallelvorschriften.

 

Tz. 154

Zu den tauglichen Tätern vgl. Tz. 161, 169; zu den einzelnen Tathandlungen des Grunddelikts vgl. Tz. 171 ff. Qualifiziert wird die jeweilige Handlung des Grunddelikts durch folgende in § 333a HGB beschriebenen Umstände.

 

Tz. 155

§ 333a Nr. 1 HGB erfasst das Erhalten (Var. 1) eines Vermögensvorteils, wobei die eigentliche Tathandlung in der tatsächlichen Entgegennahme liegt. Sich-Versprechen-Lassen (Var. 2) bedeutet dagegen die Annahme des Angebots von noch zu erbringenden Vorteilen, wobei dann unerheblich ist, ob am Ende wirklich Geld gezahlt wurde. Vermögensvorteil ist jede Erhöhung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens, auch in Form der Befreiung von einer Verbindlichkeit oder des Verzichts auf eine Forderung.[210]Von wem der Täter den Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt, ist gleichgültig. Nicht tatbestandsmäßig ist es allerdings, wenn der Täter nur das übliche Gehalt oder Honorar erhält, da Entgelt und die strafbare Handlung in einem synallagmatischen Abhängigkeitsverhältnis stehen müssen. Im Gegensatz zu § 332 Abs. 2 HGB (vgl. Tz. 107) und § 291 StGB (Wucher) muss der Vermögensvorteil dem Täter selbst zufließen.[211] Nicht ausreichend ist es also, wenn der Vermögensvorteil einem Dritten, z. B. auch einer juristischen Person, zukommen soll. Erfüllt ist die Qualifikation aber dann, wenn der Täter von dem bereicherten Dritten eine Zuwendung erhält.

 

Tz. 156

Beharrliches Zuwiderhandeln i. S. d. § 333a Nr. 2 HGB setzt eine wiederholte Begehung voraus, also mindestens einen oder mehrere vorangegangene vorsätzliche Verstöße.[212] Erforderlich ist darüber hinaus eine in der Tatbegehung zum Ausdruck kommende besondere Hartnäckigkeit, worin die gesteigerte Gleichgültigkeit des Täters gegenüber dem gesetzlichen Verbot (und die Gefahr weiterer Begehung) zum Ausdruck kommt.[213] Diese subjektive Tatkomponente bedarf einer eingehenden und sorgfältigen Begründung. Beharrlichkeit liegt z. B. nahe, wenn sich der Täter trotz einer vorangegangenen (z. B. behördlichen) Verwarnung zu einer erneuten tatbestandsmäßigen Handlung hinreißen lässt.[214] Nicht notwendig ist allerdings, dass die vorangegangen Verstöße mit einem Bußgeld oder einer Geldstrafe geahndet wurden.[215] Die Annahme des Merkmals führt nicht dazu, dass mehrere Tathandlungen zu einer Tat zusammengefasst werden; sie bleiben vielmehr selbstständig.[216]

 

Tz. 157

Beide Qualifikationstatbestände zielen i. w. S. auf eine bestimmte Motivationslage des Täters ab, so dass sowohl das Handeln in Verbindung mit einem Vermögensvorteil (Nr. 1)[217] als auch die Beharrlichkeit (Nr. 2) als besondere persönliche Merkmale einzustufen sind. Die Qualifikation greift deshalb nur bei dem Täter oder Teilnehmer, bei dem die Voraussetzungen in eigener Person vorliegen (§ 14 Abs. 4 OWiG, welcher dem Rechtsgedanken des § 28 Abs. 2 StGB entspricht). Der andere (der auch Haupttäter sein kann) begeht lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach § 334 Abs. 2a HGB.

 

Tz. 158

§ 333a HGB ist ein Offizialdelikt. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erfolgt von Amts wegen, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt. Zur Zuständigkeit vgl. Tz. 71 zu § 331 HGB. Als Strafrahmen ist Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vorgesehen. Zur Strafzumessung allgemein vgl. Tz. 79. Der Beweggrund einer persönlichen Bereicherung kann hier jedoch nicht (nochmals) strafschärfend berücksichtigt werden, da er bereits Grundlage für die Annahme der Qualifikation ist (§ 46 Abs. 3 StGB). Darüber hinaus kommt als Maßregel die Erteilung eines Berufsverbots gem. § 70 StGB für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren in Betracht, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen. Zu den relativ hohen Hürden vgl. Tz. 82 zu § 331 HGB. Ferner erfolgt im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung eine Bekanntmachung im Internet nach § 69 Abs. 1a WPO n. F.; entsprechend sieht § 335c Abs. 2 HGB (vgl. Tz. 231) eine Mitteilungspflicht an die Abschlussprüferaufsichtsstelle vor.

[210] Pe...

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